Maennerschlussverkauf - Roman
oder vielmehr aus den Pumps reißt, und zwar auch ohne Champagner. Ein großer, altmodischer Käfig mit Singvögeln, erneut hunderte weiße Kerzen, Palmen und ein romantischer – natürlich von Kerzen beleuchteter – Brunnen in der Mitte. Es ist so schön, dass man bei dem Anblick auch ohne Liebeskummer nur noch heulen könnte. Dazu singt eine begnadete Soulsängerin leise Liebeslieder. Ich überlege, ob ich einfach abhauen oder mich lieber gleich in dem Brunnen ertränken soll. Aber ich fürchte, weder das eine noch das andere würden Leonie und Manuel zulassen.
Überall stehen kleine Grüppchen von sommerlich elegant angezogenen Menschen, alle in leise Gespräche vertieft und mit Champagnergläsern ausgestattet. Trotzdem ist es nicht unangenehm voll. Entweder das ist eine Party im wirklich exklusiven Kreis, oder wir sind extrem früh dran. In trauriger Bewunderung lasse ich wieder und wieder den Blick schweifen und fühle mich ziemlich erschlagen von all dieser Perfektion.
»Es ist wirklich wunderschön hier«, sage ich, nur um mal etwas gesagt zu haben, das nicht nach Verzweiflung klingt.
Doch meine beiden Mitbewohner sind zu sehr abgelenkt, um mir zu antworten. Immer wieder schielen sie nervös in Richtung Eingang und stoßen sich gegenseitig an. Klar, schießt es mir durch den Kopf, die beiden warten auf ihre Partner! Beim Gedanken daran, dass Alex und Torben jeden Moment erscheinen werden, wird mir ganz schlecht. Ich mag die beiden sehr, und ich freue mich von Herzen über das Glück meiner Freunde, aber gleich der einzige Single in unserer Runde zu sein deprimiert mich so sehr, dass mir schon wieder die Tränen aufsteigen. Irgendwie verstehe ich auch nicht, warum sie mich nicht einfach in meinem Bett konnten schlafen lassen und mir hier stattdessen dieses Romantik-Hoch-zehn-Pärchenparadies vorführen müssen! Soll das eine Art Schocktherapie sein? Die hatte ich in Köln nun wirklich zur Genüge!
Langsam steigere ich mich in meine Wut hinein und werde richtig sauer auf meine Rettungsengel. Auch wenn es unfair sein mag, schließlich möchten sie mich nur ablenken, aber diese Ablenkung ist eher hinderlich denn förderlich. Als ich mich zu den beiden umdrehe, um es ihnen zu sagen, ist Manuel verschwunden. Leonie steht zwar immer noch neben mir, dribbelt aber so nervös von einem Highheel auf den anderen, dass ich sie gar nicht erst anspreche. Sie würde es sowieso nicht mitbekommen. Offensichtlich kann sie es kaum erwarten, bis Torben endlich da ist. Na ja, ich kann ihre Nervosität durchaus nachvollziehen, aber sensibel ist etwas anderes. Just in dem Moment – als wäre das alles noch nicht genug – holt die Soulsängerin zum finalen Schlag aus und stimmt die ersten Zeilen von Lionel Richies »My Destiny« an.
»You came in …«
Schlagartig versteift sich mein Körper, und ich spüre, wie mir die Tränen endgültig in die Augen schießen. In Überschallgeschwindigkeit. Und dann kann ich einfach nicht mehr. Das ist alles zu viel.
»Ich muss hier weg«, presse ich nur noch zwischen den Zähnen hervor und renne los.
Leonie will mich zurückhalten, doch ich bin schneller. Tränenblind bahne ich mir einen Weg durch die champagnertrinkenden Menschen. Ob ich eine der hundert Kerzen umstoße oder nicht, ist mir in dem Moment total egal. Ich will nur noch weg!
»Anna!«
Mitten in meinem Wahn stocke ich und bleibe stehen. War das …? Das klang wie … Nein, ich werde sicher bloß langsam verrückt. Meine Fantasie verträgt sich nicht mit dem ganzen Kerzenschein. Schnell eile ich weiter …
»Anna!«
Wieder höre ich diese eine Stimme, die ich hier unmöglich hören kann. Die hier nicht erklingen kann, weil der Mann, zu dem sie gehört, nicht hier sein kann !
» You are my destiny.«
Schon wieder erschallt dieser verdammte Refrain, so schön und so furchtbar zugleich, und ich versuche mir immer panischer einen Weg nach draußen zu bahnen.
»Anna, jetzt bleib doch mal stehen!«
Schockiert erstarre ich. Die Stimme hat sich verdammt echt angehört. Und verdammt nah.
»Anna …«
Jemand, der direkt hinter mir steht, flüstert meinen Namen. Egal wie viel Fantasie ich besitze, das klang nicht mehr nach Fantasie. So klingt nur ein einziger Mensch auf der Welt.
Langsam drehe ich mich um und erkenne durch meinen Schleier aus Tränen … Tom! Er steht direkt vor mir. Ganz nah. Er schaut mich an, und auch in seinen Augen glitzern Tränen.
»Anna, ich …« Weiter kommt er nicht.
Er ist da! Tom ist da. Hier,
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