Maennerschlussverkauf - Roman
gesagt, das geht mir alles zu schnell. Wir kennen uns ja noch nicht so lange und dich dann gleich meinen Eltern vorstellen, also das ist vielleicht etwas überstürzt, oder?«, versuche ich ihm zu erklären.
»Erzähl mir nichts! Von wegen überstürzt! Du hast bloß Angst, dass ich schreiend davonrenne, wenn ich deiner Mutter begegne, gib’s zu! Nur keine Angst, das werde ich nicht, egal wie schlimm sie ist, versprochen!«
Wieso muss Tom immer so perfekte Sachen sagen? Trotzdem hat er keine Chance. Ich würde eher sterben, als ihn mit zu meiner Familie zu nehmen. Und zwar egal ob heute, nächstes Wochenende oder in sechs Monaten.
»Das sagst du so einfach. Trotzdem fürchte ich, das ist eine blöde Idee. Ich bin sehr froh, dass wir … zusammen sind, und ich genieße die Zeit mit dir sehr. Ich bin sogar richtig glücklich mit dir, weißt du? Und das mag ich nicht riskieren. Denn glaube mir, fünf Stunden bei meinen Eltern und du hast alles vergessen, was du gerade gesagt hast, und suchst schreiend das Weite. Also lass uns diese blöde Idee bitte ganz schnell vergessen und von was anderem reden, ja? Hast du denn schon die Modelle von den Designerzelten bekommen?«, versuche ich das leidige Thema zu beenden und ihn abzulenken.
Tom lächelt nur und nimmt meine Hand. Diesmal die mit den Balsamicoresten. »Glaub mir, Anna, ich werde nicht abhauen. Nach allem, was du mir von deiner Familie und deiner Vorgeschichte erzählt hast, kannst du einen Freund an dem Wochenende mehr als gut gebrauchen. Wenn du möchtest, komme ich auch einfach so mit, als ein Freund und nicht als dein fester Freund, obwohl ich das viel lieber tun würde. Anna, ich bin verliebt in dich, und das werde ich auch nach diesem Wochenende noch sein. Wahrscheinlich sogar heftiger als jetzt! Hör auf, dir Sorgen zu machen, und lass mich für dich da sein! Das möchte ich nämlich. Und zwar seit ich dich das erste Mal auf der Männertoilette gesehen habe. Gib mir die Gelegenheit dazu«, bittet mich Tom.
Ich sitze mit offenem Mund da und fühle, wie sich meine Augen mit Tränen füllen. So etwas hat noch nie ein Mann zu mir gesagt, nicht mal Marcel. Okay, schon gar nicht Marcel. Fassungslos schaue ich in Toms dunkle Augen und spüre, dass ich gleich in Tränen ausbrechen werde. Und das mitten in der Kantine.
»Außerdem«, fährt Tom fort, »kann dieses Wochenende doch auch nicht viel schlimmer als die Filmpremiere werden, oder?«, fragt er mich augenzwinkernd, womit ich ihm auch wieder recht geben muss. Und dabei kennt er ja noch nicht mal die volle Wahrheit.
»Immerhin hast du Til Schweiger angerülpst, und ich finde dich immer noch sexy. Oder vielleicht gerade deswegen?«, fügt er grinsend hinzu.
Meine Gesichtszüge versteifen sich augenblicklich, und die Tränen ziehen sich in ihre Kanäle zurück. Stattdessen schießt mir die Schamesröte ins Gesicht, und mein Herz fängt vor Schreck an wie wild zu klopfen. »Woher …?« Weiter traue ich mich nicht zu fragen.
»Wir spielen manchmal zusammen Fußball. Du hast jedenfalls einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen!«, erklärt Tom nicht ohne leise Ironie und schaut mich gleich darauf wieder ernst an. »Lass mich am Wochenende mitkommen. Ich werde für dich da sein, versprochen.«
Total überrumpelt nicke ich nur und muss erst mal schlucken. Das ist jetzt alles ein bisschen viel. »Wenn du glaubst, meine Mutter sei ähnlich einfach zu knacken wie Til Schweiger, hast du dich aber getäuscht«, schiebe ich noch schnell hinterher und beschließe, das alles erst mal sacken zu lassen. Vor allem, dass Tom die ganze Zeit Bescheid gewusst hat.
»Na, dann komm, gehen wir zurück in die Redaktion!«, ruft er aufmunternd und steht auf. »Magst du vielleicht auch einen Schokoriegel für den Weg?«, fragt er und zwinkert mir zu.
Dieser Mann ist einfach unglaublich.
Die Reifeprüfung
Shoppingbeutetagebuch:
Jacky-O-Kostüme im Chanel-Stil von Zara (brauche an diesem Wochenende ganz viel innere Stärke, so wie Jackie früher): 1
Flachmann mit hochprozentiger Schnapsfüllung: 0 (War aber ganz kurz davor, mir für Notfälle einen zuzulegen. Nur die Angst, Tom könnte mich nicht nur für eine Rülpserin mit Familien-Psycho-Show, sondern auch für eine Alkoholikerin halten, hat mich davon abgehalten.)
Ich kann immer noch nicht fassen, wie unglaublich Tom ist, als ich am Wochenende neben ihm in seinem schwarzen Geländewagen sitze, während wir auf der Autobahn in Richtung meiner Heimat, einem kleinen
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