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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rot-weiß geflammter Nelken. So kam er zurück, und die Pfortenschwester rief sofort bei Schwester Angela an, als Beißelmann das Haus betreten hatte.
    »Sehen Sie sich das einmal an, Schwester Angela«, sagte sie. »Man sollte es dem Professor sagen. Sogar gepfiffen hat er. Jawohl, ein Lied gepfiffen. Und für meine Begriffe hat er einen ganz irren Blick.«
    Im Zimmer Beißelmanns saß, als dieser eintrat, bereits Dr. Bernfeld, den Schwester Angela gerufen hatte. »Reden Sie mit ihm«, hatte sie gebettelt. »Mir ist er unheimlich. Ich verstehe überhaupt nicht, warum der Chef so etwas behält. Er vergrault uns ja alle Schwestern und Mädchen …« Das stimmte zwar nicht, aber Schwester Angela baute vor, falls einmal Beschwerden kommen sollten. Auch wenn ihr Name dabei fallen sollte – was sicher war –, konnte sie immer sagen: »Den Beißelmann wagt ja aus Angst keiner zu nennen.«
    »Guten Tag, Herr Doktor«, sagte Beißelmann ohne Überraschung. Er hatte schon so etwas angenommen. An Dr. Bernfeld vorbei ging er zu einer Vase, füllte Wasser hinein und stellte die Nelken ans Fenster. Dann packte er seine weiße Hose, die lautlosen Schuhe und die weißen Strümpfe aus und legte das Pralinenpäckchen in das Wäschefach des Kleiderschrankes, neben die neuen Hemden. Dann erst sah er Dr. Bernfeld wieder an und zog die neue Jacke aus. »Ich möchte mich umziehen, Herr Doktor. In zehn Minuten beginnt mein Dienst wieder.«
    »Was ist los, Beißelmann?« fragte Dr. Bernfeld.
    »Wieso?«
    »Sie müssen doch zugeben, daß Sie sich merkwürdig benehmen. Sie kleiden sich neu ein, Sie kaufen Nelken, Sie bestehen auf Freistunden …«
    »Wieso ist das anormal? Tun das andere Menschen nicht auch?«
    »Aber Sie, Beißelmann …«
    »Bin ich kein normaler Mensch?«
    »Sie wissen, was ich meine. Von heute auf morgen werden Sie ein anderer Mensch. Die ganze Station steht kopf. In Zimmer fünf haben Sie Herrn Sencker fast hypnotisiert mit neuartigen Moralsentenzen. In Zimmer drei und sechs haben Sie zum erstenmal, seit Sie hier sind, nicht darüber geschimpft, daß die Temperaturen frisiert wurden. Jetzt kommen Sie zurück wie ein Gentleman. Da ist es doch wohl erlaubt, sich zu wundern.«
    »Ich lebe wieder«, sagte Beißelmann dumpf. »Und jetzt möchte ich mich umziehen. Ich bin noch nie zu spät gekommen.«
    Dr. Bernfeld verließ das kleine Zimmer. Er betrachtete die Unterredung nicht als beendet, sondern nur als unterbrochen. Auch wollte er mit Oberarzt Dr. Pflüger darüber sprechen. In Vertretung des verreisten Prof. Dr. Morus machte dieser gerade eine ›Chefoperation‹, eine Milzexstirpation wegen eines Milzkarbunkels. Dr. Pflüger hatte dazu auch Schwester Inge in den OP hinuntergebeten, damit sie sich diese Operation ansah. Von Dr. Pflüger aus war es kein medizinisches Lehrgut, das er damit an die junge Schwester vermitteln wollte, sondern es war seine Absicht, ihr die Eleganz seiner Operationstechnik vor Augen zu führen und damit ein wenig Bewunderung in ihr Jungmädchenherz zu pflanzen.
    Während der Dienst auf Station III weiterging wie jeden Tag, winkte Dr. Pflüger nach der Operation Schwester Inge zu sich. Er sah müde aus, und das erst heiße, dann kalte Wasser, das er sich über die Unterarme laufen ließ, erfrischte ihn. Sonst hatte er nach solchen großen Operationen immer schnell den OP verlassen. War in sein Zimmer gegangen und hatte zwei große Kognaks getrunken. Das sparte er sich heute für später auf.
    »Na, wie war's?« fragte er und drehte die Arme unter dem Wasserstrahl. Schwester Inge wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Sie schwitzte. Trotz Absaugvorrichtung und Klimaanlage war es drückend heiß im Operationssaal.
    »Aufregend. Aber interessant.«
    »Haben Sie Schwester Innozenzia beobachtet?«
    »Ja. Sie ahnt fast, was Sie brauchten. Sie gab immer das richtige Instrument an, ohne daß Sie etwas sagen zu brauchten.«
    »Möchten Sie auch einmal OP-Schwester werden?«
    »Sehr gern. Aber ich fürchte, dazu bin ich noch zu jung.«
    »Wenn Sie begabt sind, ist der Weg nicht so schwer, wie man meint.« Dr. Pflüger trocknete sich ab. »Haben Sie schon mit Oberschwester Angela gesprochen, wegen heute abend? Sie haben doch nicht vergessen, daß wir verabredet sind?«
    »Es wird nicht gehen, Herr Oberarzt.« Schwester Inge hob die Schultern. »Ich habe Nachtdienst. Und ich glaube nicht …«
    »Sie haben noch nicht gefragt?«
    »Nein.«
    »Dann werde ich das gleich tun. Beißelmann kann für

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