Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
glaube ich, und sie ist, wenn ich mich richtig erinnere, Krankenpflegerin. Sie ist noch dabei, einen Apfel zu essen, er tippt auf seinem Blackberry herum. Ich beobachte, wie die beiden zur Kreuzung vorgehen, zusammen und doch irgendwie getrennt in ihrer eigenen Welt. Aber gerade, als ich denke, dass ich mir so eine Beziehung auch nicht vorstelle, so in Routine erstickt und wortlos nebeneinanderher laufend, bleiben sie stehen und verabschieden sich, bevor sie in zwei unterschiedliche Richtungen gehen: Sie küsst ihn, er kitzelt sie ein bisschen, dann muss sie loslaufen, weil der Bus gerade kommt, und er sieht ihr kurz hinterher, bevor er sich auf seinen Weg macht. Ich schaue ihnen traurig nach und denke an Tom. Wie sehr ich es damals geliebt habe, abends noch mal eine Runde mit ihm um den Block zu gehen, einfach ein bisschen frische Luft schnappen und es genießen, gemeinsam unterwegs zu sein. Oder wir sind in den Wald gefahren und haben dort Rehe beobachtet. Ich fand es zwar immer etwas befremdlich, so mucksmäuschenstill zu sein, aber toll war es dennoch. Ich habe diese Nähe zu Tom und die Stille, die uns umgab, so sehr genossen.
Vieles war toll, ganz einfach, weil wir es zu zweit gemacht haben. Ist es nicht erstaunlich, dass man das Gefühl hat, mehr zu sein, obwohl man streng genommen doch sogar nur die Hälfte eines Paares ist?
»Hey, Isa, was ist nur los mit dir?«, frage ich mein Spiegelbild in der Fensterscheibe. »Du wirst doch jetzt nicht sentimental werden, oder?« Wie war das noch? Man schreibt seine Lebensgeschichte selbst. Also brauche ich jetzt mal ein kurzes Kapitel, das mir Mut macht!
»Über Tom bist du hinweg«, fange ich an. »Endgültig. Und dass es manchmal noch weh tut, an ihn zu denken, gehört einfach dazu zum Leben. Zu deinem neuen Leben. Und in dem hast du immer noch ein Dach über dem Kopf, einen Job, eine Familie und Freunde, noch dazu ein gut anlaufendes Männertaxi und, last but not least, einen Sexgott fürs Bett, der vielleicht nicht alles ist, was er sein könnte, aber … doch schon mal eine ganze Menge. Also: Genieße es! « Ich grinse mich an, halte meine Tasse ans Fenster und sage: »Komm, lass uns darauf anstoßen!«
Meine frohgemuten Gedanken sind schnell vergessen, als ich später ins Snack & See komme und wieder mal direkt von Wolf angepflaumt werde: »Wo warst du gestern Abend?«
Hä? , möchte ich zurückpoltern, entscheide mich aber für ein freundliches: »Bitte?«
»Wo du gestern Abend warst, frage ich dich, Herrgott noch mal! Was gibt es an dieser Frage nicht zu verstehen?«
»Chef, ich hatte gestern frei, falls du das vergessen haben solltest, und wenn ich freihabe, muss ich dir keine Rechenschaft darüber ablegen, wo ich mich rumtreibe!«
»Ich habe gestern Abend auf deinem Handy angerufen! Aber es ging nicht mal eine vermaledeite Mailbox an!«
Ich erinnere mich nebulös daran, dass tatsächlich einige Anrufe in Abwesenheit angezeigt wurden, als ich nach Hause kam, aber denen habe ich wenig Beachtung geschenkt, weil ich schließlich Phil zu mir beordern wollte. Und die Mailbox habe ich meistens aus, weil ich gar nicht immer und überall erreichbar sein will. Vor allem, wenn es sich um meinen Chef handelt.
»Was war denn überhaupt los?« Ich verstehe gerade gar nichts mehr.
»Angie ist krank geworden! Deine liebe Frau Kollegin hat sich wieder mal eine Grippe genommen.«
»Angie nimmt sich keine Grippe, sie ist einfach anfällig für so etwas«, schnauze ich ihn nun doch an, denn es ärgert mich zutiefst, dass er ihr immer böse Absichten unterstellt. »Und außerdem: Du warst doch auch da!«
»Ja, aber ich musste weg!«
»Ach«, entgegne ich honigsüß, »hast du dir eine kleine Auszeit genommen? «
»Ich! Bin! Hier! Der! Chef! Ich kann tun und lassen, was ich will, und bin dir mit Sicherheit keine Rechenschaft schuldig!« Irgendwie habe ich immer das Gefühl, als würde ein Wüstensturm durch mein Gesicht fegen, wenn Wolf so losbrüllt wie jetzt. Würde wenigstens eine Ladung Sandkörner mitgefegt werden, wäre es das perfekte Gesichtspeeling. Aber so … »Du bist meine Angestellte! Du hast flexibel zu sein! Und das bedeutet auch, dass du gefälligst an dein Handy zu gehen hast! Ich! Musste! Den! Laden! Zumachen!« »Du hast bitte schön … was?« Das hat er ja noch nie getan! Wie wichtig kann ein Termin sein, dass Wolf seinen über alles geliebten, weil Geld einbringenden Laden zumacht? Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Gab es einen Notfall?
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