Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
Ist irgendjemandem etwas passiert, den Wolf mag? Und, noch schockierender: Mag Wolf womöglich irgendjemanden? »Was war denn das für ein Termin?«, frage ich vorsichtig nach. Ich rechne zwar nicht mit einer ehrlichen Antwort, aber versuchen kann ich es ja mal.
»Das! Geht! Dich! Einen! Scheißdreck! An!«
Puh … okay. War ja klar. Immerhin – ich dürfte inzwischen eine perfekte Fönfrisur haben von der ganzen Anbrüllerei.
»Ab sofort bist du jederzeit über dein Handy zu erreichen, verstanden? Sonst reden wir beiden mal sehr eindeutig über deine mehr als großzügige Freizeitreglung, kapiert? Und jetzt an die Arbeit, aber zack, zack! Ich gehe nach hinten. Muss telefonieren!«, knurrt Wolf und rauscht ab.
Ich beginne seufzend mein Tagwerk. Während ich Marken zurücksortiere und Kunden bediene, geht mir die Frage, was Wolf denn wohl für einen wichtigen Termin hatte, nicht aus dem Kopf. Sollte Wolf ein notorischer Seitenspringer sein? Die ganzen Kontaktanzeigen in den Zeitungen sprechen ja dafür. Und das würde auch erklären, warum der Mann den Wildwuchs in seinem Gesicht gezähmt hat. Diese Beweiskette regt nun natürlich meine Phantasie an – und obwohl ich gerade einen sehr ernst aussehenden älteren Kunden bediene, pruste ich vor Lachen los, denn ich stelle mir Wolf beim Männertaxi vor! Das wäre eine Gaudi! Ich frage mich nur, an wen ich ihn guten Gewissens vermitteln könnte: an eine taube, blinde Dame? Die könnte ihn vermutlich ertragen. Sie müsste allerdings bei einem tragischen Unfall auch noch ihren Tastsinn verloren haben. Das wären dann wohl doch ein paar Schicksalsschläge zu viel – keinerlei Sinneseindrücke … und dann auch noch Wolf.
Im Lauf der nächsten Stunden spiele ich verschiedene Szenarien durch und habe einen Riesenspaß dabei. Meine Top Drei der potentiellen Wolf-Dates:
Platz 3: die bisher unbekannte Cousine von Hannibal Lecter aus Das Schweigen der Lämmer
Platz 2: das Ungeheuer von Loch Ness (Nessie dürfte ja wohl eine Frau sein, oder?)
Platz 1: eine Gummipuppe von Beate Uhse
Die Türglocke reißt mich aus meinen Gedanken – und trotzdem komme ich mir plötzlich vor, als würde ich träumen. Alles passiert wie in Zeitlupe, ein bisschen so, als würde Pamela Anderson als Rettungsschwimmerin in Baywatch beziehungsweise in unzähligen Männerphantasien zum Meer stürmen. Aber das hier ist keine Badenixe, das ist eine … eine Göttin? In der Phantasieecke meines Gehirns macht sich die Titelmelodie von Sex and the City breit. Ich schaue sie an und finde sie einfach nur umwerfend. Ihre Haare sind blond, lang, wallend und engelsgleich, während ihr Gesicht verteufelt schön ist. Sie trägt einen schwarzen Hosenanzug, der wie angegossen an ihrem kurvigen Körper sitzt, riesige goldene Ohrringe und dazu Schuhe, die sicher von Manolo Blahnik sind und die mich spontan auf die Idee bringen, ihnen einen kleinen Altar zu bauen, auf dem ich all meine Ersparnisse opfern werde, nur um sie einmal berühren zu dürfen. Dazu weht mir ein Hauch ihres Parfüms entgegen, das so klasse riecht, dass mir das Wasser im Mund zusammenläuft, als würde man mir eine offene Tafel Noisette-Schokolade unter die Nase halten.
Aber wer ist diese Göttin? Womöglich eine amerikanische Schauspielerin, die sich vor dem neuen Filmdreh schon mal die Örtlichkeiten ansehen will, in denen es demnächst ihre Werke zu leihen gibt? Als sie vor mir steht, bin ich kurz davor, sie um ein Autogramm zu bitten – doch dann donnert sie plötzlich und ohne Vorwarnung mit der Faust auf die Theke. Ich erschrecke mich und zucke zusammen; die Phantasieeckenmusik verstummt.
»Wolf!«
»Äh, Entschuldigung?«
Die Dame wirkt auf einmal irgendwie gar nicht mehr so engelsgleich auf mich. Wutentbrannt schlägt sie ein zweites Mal auf die Theke.
»Wo? Ist? Wolf?« Sie hat den Tonfall eines übellaunigen Oberfeldwebels. Das kommt mir merkwürdig bekannt vor …
»Wolf? Ach so, mein Chef … ja, Moment, ich hole ihn!«
Was will die denn von dem? Als wenn der solche Frauen kennt! Vielleicht ist es ja eine etwas übereifrige Kreditberaterin von der Bank, die wütend ist, weil er irgendwelche Raten nicht zahlt?
Ich klopfe an Wolfs Bürotür, öffne sie und erwische ihn dabei, dass er seine Füße bequem auf dem Schreibtisch positioniert hat und aus dem Fenster lächelt, während er telefoniert. Ich höre gerade noch, wie er in den Hörer säuselt: »Für dich würde ich es doch immer wieder tun!«, als er
Weitere Kostenlose Bücher