Märchen aus 1001 Nacht
an ihn heranzukommen, denn wenn der Jüngling nicht seine Tapferkeit und Ãberlegenheit kennte, würde er sich zu solchem Wagnis nicht unterfangen.â Als nun der Prinz auf seinem Pferde saÃ, drehte er den Aufstiegswirbel, während aller Augen gespannt an ihm hingen, was er wohl beginnen würde. Da wankte und schwankte das Pferd, schlug um sich und machte die sonderbarsten Bewegungen, die je ein Pferd machte, bis sein Leib mit Luft angefüllt war und mit einem Male erhob es sich und stieg empor gen Himmel. Als der König dies sah, rief er seinem Heere zu: âWehe euch, haltet ihn fest, ehe er euch entkommt!â Worauf seine Wesire und Hauptleute versetzten: âO König, kann einer den Vogel in der Luft fangen? Dieser ist weiter nichts als ein mächtiger Zauberer, von dem dich Allah errettet hat; so preise Allah für deine Errettung aus seiner Hand!â Und so kehrte denn der König, nachdem er den Prinzen hatte gen Himmel entschweben sehen, ins Schloss zu seiner Tochter zurück und teilte ihr mit, was sich mit dem Prinzen auf dem Plan zugetragen hatte; doch traf er sie tief betrübt über die Trennung von ihm an und bald darauf fiel sie in schwere Krankheit und musste zu Bett liegen. Als nun ihr Vater sie in solchem Zustand erblickte, presste er sie an seine Brust und sagte zu ihr, sie zwischen die Augen küssend: âO meine Tochter, preise Allah, den Erhabenen und danke ihm dafür, dass er uns von diesem listigen Zauberer errettet hat.â Alsdann wiederholte er ihr die Geschichte, die sich vor seinen Augen mit dem Prinzen zugetragen hatte und wie er gen Himmel aufgestiegen war, während sie auf keines der Worte ihres Vaters hörte und nur noch heftiger weinte und schluchzte und bei sich sprach: Bei Allah, ich will nicht eher Speise essen, noch Wein trinken, als bis mich Allah wieder mit ihm vereint hat! Ihr Vater, der König, grämte sich schwer hierüber, der Zustand seiner Tochter drückte ihn nieder und sein Herz trauerte um sie. Sooft er aber sie zu trösten suchte, umso mehr wuchs ihr leidenschaftliches Verlangen nach dem Prinzen.
 Dieser aber dachte, als er in den Luftraum aufgestiegen und allein war, an die Schönheit und Anmut des Mädchens. Er hatte sich bei den Gefährten des Königs nach dem Namen der Stadt und dem des Königs und seiner Tochter erkundigt und hatte erfahren, dass jene Stadt die Stadt Sana im Lande Jemen war. Eilig legte er nun seinen Weg zurück, bis er die Stadt seines Vaters erblickte, worauf er, nachdem er die Stadt umkreist hatte, seine Richtung nach dem Schlosse seines Vaters nahm und sich auf die Dachterrasse niederlieÃ. Sein Pferd dort lassend, stieg er zu seinem Vater hinab und fand ihn trauernd und bekümmert über die Trennung von ihm. Als ihn nun aber sein Vater erblickte, erhob er sich, eilte auf ihn zu, umarmte ihn und presste ihn in mächtiger Freude an seine Brust. Hierauf erkundigte sich der Prinz bei seinem Vater nach dem Weisen, der das Pferd erbaut hatte und fragte ihn: âMein Vater, was hat das Schicksal mit ihm getan?â Sein Vater antwortete ihm: âAllah segne ihn nicht und nicht die Stunde, in welcher ich ihn sah, da er die Ursache unserer Trennung war! Mein Sohn, seit dem Tage, da du verschwandest, liegt er im Kerker.â Indessen befahl der König, ihn freizulassen und ihn aus dem Gefängnis zu holen und vor ihn zu führen; und wie er nun vor ihn gebracht wurde, legte er ihm ein Satisfaktionskleid an und erwies ihm die höchsten Gunstbezeigungen, nur dass er ihn nicht mit seiner Tochter vermählte. Der Weise entbrannte hierüber in grimmigem Zorn und bereute sein Tun, da er sah, dass der Prinz hinter das Geheimnis des Pferdes gekommen war und seinen Flugmechanismus erkannt hatte. Hierauf sagte der König zu seinem Sohne: âMein Rat geht dahin, dass du nach diesem Abenteuer dem Pferde fernbleibst und es von heute an nicht mehr besteigst, da du seine Beschaffenheit nicht kennst und du dich irren magst.â Der Prinz hatte aber seinem Vater auch sein Erlebnis mit der Prinzessin, der Tochter des Königs jener Stadt, erzählt und alles, was sich zwischen ihm und ihrem Vater zugetragen hatte und sein Vater versetzte: âHätte der König dich töten wollen, so hätte er es getan; doch war deine Stunde noch nicht gekommen.â Bald hernach aber wurde sein Inneres von so heftiger Sehnsucht nach der Tochter des Königs von Sana
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