Märchen aus 1001 Nacht
sagte, als ich die Alte sah, die du als Fieberkranke hierherbrachtest. Jenes Weib, das eine Hexe aus Satans Brut ist, hat deinem Vater alles hinterbracht, was er über unsern Wohnort zu erfahren verlangte. Trotzdem ich deutlich sah, dass sie weder krank noch elend war, sondern sich nur fieberkrank stellte, gab ich ihr einen Heiltrank, der allerlei Krankheiten heilt und sie tat so, als wäre sie durch seine Kraft wieder genesen. Als sie zu mir kam, sich zu verabschieden, gab ich ihr zwei Sklavinnen mit und befahl ihnen, ihr alle Zimmer im Palast mit ihrer Einrichtung und Ausschmückung zu zeigen, damit sie dadurch umso besser meinen Stand und den deinigen kennen lernte. Alles dies tat ich nur um deinetwillen, da du mich geheiÃen hattest, gegen die alte Frau barmherzig zu sein und ich war erfreut, sie wohl und munter in bester Stimmung fortgehen zu sehen. AuÃer ihr weià kein sterbliches Wesen von diesem Palast und wäre noch weniger imstande hierher zu kommen.â Als der Prinz Achmed diese Worte von Peri Banu vernahm, dankte er ihr und pries sie und sagte: âO sonnenschönes Angesicht, ich möchte dich bitten, mir das Geschenk zu gewähren, um das mich mein Vater ersucht hat; ob ein Wunderding wie dieses Zelt existiert, weià ich nicht, doch möchte ich mein ÃuÃerstes tun, es zu beschaffen und ihm in treuem Gehorsam zu bringen.â Sie versetzte: âWarum bekümmerst du dich um solche Kleinigkeiten? Ich will sogleich danach schicken und es dir geben.â Alsdann lieà sie eine ihrer Sklavinnen, die ihre Schatzmeisterin war, rufen und sprach zu ihr: âGeh sofort und hol mir ein Zelt von der und der Beschaffenheit.â Da machte sich die Schatzmeisterin unverzüglich auf und kehrte ebenso schnell mit dem Zelt wieder zurück, das sie auf den Befehl ihrer Herrin in die Hand des Prinzen Achmed legte. Als er aber das Zelt in der Hand hielt, sprach er bei sich: Was gibt mir da Peri Banu? Sicherlich treibt sie ihren Scherz mit mir. Seine Gattin, die ihm seinen Gedanken vom Gesicht ablas, begann jedoch laut zu lachen und fragte: âWas fehlt dir, mein teurer Prinz? Glaubst du etwa, ich scherze und treibe meinen Spott mir dir?â Alsdann wendete sie sich zu ihrer Schatzmeisterin und sprach: âNimm das Zelt dem Prinzen Achmed aus der Hand und stelle es auf dem Plan auf, damit er seine GröÃe schaut und erkennt, ob es so ein Zelt ist, wie es der Sultan verlangt. â Die Sklavin nahm das Zelt und schlug es fern vom Palast auf; doch reichte sein eines Ende von der äuÃersten Grenze der Ebene bis an den Palast und seine GröÃe war so gewaltig, dass es Platz genug besaÃ, den ganzen Hof des Königs aufzunehmen; ja, wären zwei Heere zugleich mit dem Lagertross samt allen Packtieren darunter aufgestellt gewesen, keines hätte das andere irgendwie belästigt oder eingeengt. Da bat der Prinz Peri Banu um Verzeihung und sagte zu ihr: âIch wusste nicht, dass das Zelt eine so ungeheuere Ausdehnung hätte und so wunderbar beschaffen wäre, weshalb ich beim ersten Anblick in Zweifel geriet.â
Alsdann packte die Schatzmeisterin das Zelt wieder zusammen und legte es in seine Hand, worauf er sich unverzüglich auf sein Pferd setzte und, gefolgt von seinem Geleit, zum König zurück ritt und ihm nach schuldiger Huldigung und Aufwartung das Zelt überreichte. Der Sultan hielt das Geschenk beim ersten Blick für geringfügig, doch verwunderte er sich über die MaÃen über seine GröÃe, als er es ausgespannt sah, da es seine ganze Residenz samt ihren Vorstädten überschattet hätte. Indessen war er nicht gänzlich zufrieden gestellt, da ihm nunmehr das Zelt zu groà erschien; doch gab ihm sein Sohn die Versicherung, dass es sich stets den Verhältnissen anpassen würde. Er dankte dem Prinzen für die Ãberbringung einer so seltenen Gabe und sagte: âO mein Sohn, teile deiner Gemahlin mit, dass ich ihr verpflichtet bin und überbringe ihr meinen huldvollsten Dank für ihr gütiges Geschenk. Nun weià ich in der Tat, dass sie dich von ganzem Herzen und aus ganzer Seele liebt und alle meine Zweifel und Befürchtungen haben sich gelegt.â Alsdann befahl der König, das Zelt zusammenzupacken und mit aller Sorgfalt im königlichen Schatz unterzubringen.
So sonderbar es jedoch erscheinen mag - als der Sultan dieses seltene Geschenk vom Prinzen erhielt, wurden Furcht und Zweifel,
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