Märchen aus 1001 Nacht
Undankbarkeit eingegeben wurde. Achte daher sorgfältig auf meine Worte und unterlasse nichts, was ich dir sage, da sonst dein Untergang gewiss ist. Ich will dir jetzt sagen, was zu tun ist. In der Halle jenes Schlosses, das sich auf jenem Berge erhebt, ist eine Quelle, von vier grimmen und reiÃenden Löwen umringt, die den Pfad, der zu ihr leitet, bewachen, indem ein Paar die Wache hält, während die anderen beiden schlafen, sodass kein lebendes Wesen an ihnen vorüberzukommen imstande ist. Ich will dir jedoch das Mittel bekannt geben, durch das du, ohne dass dir die wütenden Bestien etwas zuleide tun, deinen Wunsch erreichen kannst.â Mit diesen Worten holte sie aus einem Elfenbeinkästchen einen Knäuel hervor und verfertigte vermittels einer von den Nadeln, mit denen sie ihre Arbeit verrichtete, einen Ball, den sie ihrem Gatten mit den Worten in die Hand gab: âIn erster Linie gib acht, dass du diesen Ball bei dir behältst, dessen Gebrauch ich dir hernach er klären will. Ferner suche dir zwei sehr schnelle Pferde aus, das eine zu deinem eigenen Gebrauch, das andre, um darauf ein frisch geschlachtetes, in vier Teile zerstücktes Schaf zu legen. Zum Dritten nimm ein Fläschchen, das ich dir geben will, für das Wasser zu dir, das du, so Allah will, zurückbringen wirst. Erheb dich morgen früh bei Tagesanbruch und reite aus, indem du das andere Pferd am Zügel neben dir führst. Wenn du das eiserne Tor erreicht hast, das nach dem Schlosshof führt, so wirf unfern vom Tor den Zwirnball von dir auf den Boden. Er wird sofort von selber in der Richtung zum Schlosstor rollen und du folge ihm durch das offene Portal, bis er seinen Lauf anhält. In diesem Augenblick wirst du die vier Löwen erblicken, von denen die zwei wachenden die beiden schlafenden aufwecken werden. Alle vier werden ihre Rachen zu Boden neigen und entsetzlich brüllen und heulen, als wollten sie dich in Stücke reiÃen. Fürchte dich jedoch keineswegs und sei unverzagt, sondern reite kühn weiter und wirf von dem Leitpferd die vier Schafviertel herunter, für je einen Löwen ein Stück. Sieh zu, dass du nicht von deinem Pferd absteigst, sondern bohre ihm die Steigbügel in die Flanken und reite so schnell als möglich zum Becken, welches das Wasser auffängt. Steig hier ab, fülle die Flasche mit Wasser, während die Löwen mit Fressen beschäftigt sind und kehre dann schleunigst wieder zurück, denn die Bestien werden deinen Weg nicht verlegen.â
Am nächsten Morgen bei Tagesanbruch tat der Prinz Achmed alles, was ihm Peri Banu befohlen hatte und ritt zum Schloss hinaus. Nachdem er das eiserne Tor passiert hatte und über den Hof geritten war und die Tür geöffnet hatte, trat er in die Halle und warf die Stücke des Schafs vor die Löwen, für je einen ein Viertel, worauf er schleunigst an die Quelle eilte. Nachdem er hier seine Flasche mit Wasser gefüllt hatte, ritt er im schnellsten Galopp wieder zurück, doch kehrte er sich, nachdem er eine Strecke Weges zurückgelegt hatte, um und gewahrte, dass ihm zwei von den Löwen folgten. Er fürchtete sich jedoch nicht im geringsten, sondern zog zu seiner Verteidigung sein Schwert aus der Scheide, als sich einer der beiden Löwen ein wenig vom Weg zurückzog, ihn anschauend, ihm mit dem Haupt winkte und mit dem Schweif wedelte, als wollte er den Prinzen bitten, das Schwert wieder einzustecken und ihn auffordern, in Frieden weiterzureiten, ohne irgendwelche Gefahr zu befürchten. Alsdann eilte ihm der andere Löwe voran und hielt sich dicht vor ihm und so begleiteten sie ihn in die Stadt bis zum Palasttor. Ebenso bildeten die beiden anderen Löwen den Nachtrab, bis er durchs Portal eingetreten war, worauf alle vier auf demselben Weg wieder umkehrten. Bei diesem wundersamen Schauspiel flohen die Stadtbewohner in Furcht und Grausen, wiewohl die verzauberten Tiere niemand belästigten; und als einige Reitersleute ihren Herrn allein und ohne Gefolge reiten sahen, kamen sie zu ihm und halfen ihm beim Absteigen. Der Sultan saà im Gespräch mit seinen Wesiren und Ratgebern in der Audienzhalle, bis sein Sohn vor ihm erschien, ihn begrüÃte und ihm Segen wünschte. Nachdem er ihm dann in gehöriger Form langes Leben und Glück und Reichtum erfleht hatte, stellte er vor seine FüÃe die Flasche mit dem Wasser der Löwenquelle und sprach: âSchau, ich habe dir das
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