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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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anderen angegeben hast.” Der Wesir tat nach dem Geheiß seines Herrn und am nächsten Tage nach der Stunde des Nachmittagsgebetes, als sich der Kalif in sein Privatgemach zurückgezogen hatte, führte Dschaafar die drei Leute, von denen wir zuvor gesprochen hatten, herein und stellte sie dem Kalifen vor. Alle warfen sich ihm zu Füßen nieder und als sie sich wieder erhoben hatten, fragte der Fürst der Gläubigen den blinden Scheich nach seinem Namen, der ihm erwiderte, er heiße Baba Abdullah. Da sagte der Kalif: “O Abdullah, deine Art gestern, ein Almosen zu erbitten, erschien mir so sonderbar, dass ich dir deine Bitte, wenn nicht aus gewissen Rücksichten, nicht erfüllt hätte; ja, ich hätte dich sogar verhindert, dem Volk weiteren Anstoß zu geben. Jetzt habe ich dich hierher befohlen, um von dir zu erfahren, was dich bewog, den übereilten Eid, von dem du mir sprachst, zu schwören, damit ich besser urteilen kann, ob du gut oder übel daran tatest und ob ich zulassen soll, dass du weiter in einem Tun beharrst, das meiner Meinung nach ein so verderbliches Beispiel geben muss. Gesteh mir offen, wie solch ein törichter Gedanke in deinen Kopf kam und verheimliche nichts, denn ich will die lauterste Wahrheit hören.” Erschreckt von diesen Worten, warf sich Baba Abdullah mit seinem Angesicht zum zweiten Mal dem Kalifen vor die Füße auf den Boden und als er sich wieder erhob, sprach er: “O Fürst der Gläubigen, ich bitte deine Hoheit um Verzeihung für meine Vermessenheit in dem, was ich verlangte und dass ich dich fast zwang, ein Ding zu tun, das fürwahr dem gesunden Verstand widerspricht. Ich gestehe meine Schuld ein; da ich jedoch damals deine Hoheit nicht erkannte, so erbitte ich deine Gnade und bitte dich, meine Unkenntnis deines hohen Ranges zu berücksichtigen. Was nun aber mein überspanntes Treiben anlangt, so räume ich gern ein, dass es den Menschen absonderlich Vorkommen muss. In dem Auge Allahs ist’s jedoch eine leichte Strafe, die ich mir für ein gewaltiges Verbrechen, dessen ich schuldig bin, auferlegte und für das ich, auch wenn mir alle Leute auf der Welt einen Backenstreich gäben, nicht hinreichend büßte, deine Hoheit soll selber urteilen, wenn ich meine Geschichte nach dem Geheiß erzählt und dir meine Schuld mitgeteilt habe.

Abdullah, der Blinde
    Mein Herr und Kalif, ich, der niedrigste deiner Sklaven, wurde in Bagdad geboren, wo mir mein Vater und meine Mutter, die kurze Zeit nacheinander starben, ein für mein ganzes Leben hinreichendes Vermögen hinterließen. Ich wusste jedoch seinen Wert nicht zu schätzen, sondern hatte es bald in Üppigkeit und leichtfertigem Wandel verschleudert und kehrte mich nicht an Sparsamkeit oder Vermehrung meines Gutes. Als ich nur noch wenig von meinem Vermögen übrig behalten hatte, bereute ich mein übles Treiben und mühte und plagte mich Tag und Nacht ab, den Rest meines Kapitals zu vergrößern, wie denn ein wahres Wort lautet: “Nach der Verschwendung kommt die Einsicht in den Wert.” So brachte ich nach und nach achtzig Kamele zusammen, die ich Kaufleuten vermietete und auf diese Weise erzielte ich, sooft ich Gelegenheit dazu fand, einen hübschen Gewinn. Außerdem pflegte ich mich selber mit meinen Kamelen zu verdingen und so kam es, dass ich durch alle die Länder und Gebiete deiner Hoheit reiste. Kurz, ich hoffte, durch das Ausmieten meiner Lasttiere in nicht allzu langer Frist eine reiche Goldernte einzuheimsen.
    Einstmals traf es sich nun, dass ich Kaufmannsstoffe nach Basra zur Verschiffung nach Indien geschafft hatte und mit meinen Tieren leer nach Bagdad heimkehrte. Unterwegs zog ich über eine Ebene mit ausgezeichneter Weide, die brach und fern von jedem Dorf lag; ich nahm dort den Kamelen den Sattel ab, fesselte ihnen die Füße und band sie zusammen, damit sie die üppigen Kräuter und Dornen ab weiden könnten, ohne dabei sich zu verlaufen. Mit einem Male erschien ein Derwisch, der zu Fuß nach Basra reiste und setzte sich an meine Seite, um sich nach der Anstrengung auszuruhen. Ich fragte ihn, wohin er zöge und woher er käme und er richtete die gleichen Fragen an mich. Nachdem wir einander unsere Geschichten erzählt hatten, holten wir unsere Zehrung hervor und frühstückten, indem wir uns beim Essen über verschiedene Sachen unterhielten. Da sagte der Derwisch: “Ich

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