Märchen aus 1001 Nacht
weià hier in der Nähe eine Stelle, an der ein Schatz verborgen ist, dessen Reichtum so groà ist, dass, würdest du auch deine achtzig Kamele mit den schwersten Lasten von Goldmünzen und Edelsteinen aus ihm beladen, jener Schatz doch keine Abnahme zeigen würde.â Als ich diese Worte vernahm, freute ich mich mächtig und da ich aus seiner Miene und Haltung ersah, dass er mich nicht belog, sprang ich auf und rief, indem ich ihm um den Hals fiel: âO Heiliger Allahs, der du dich nicht an die Güter dieser Welt kehrst und auf alle irdische Lust und Pracht verzichtet hast, du hast sicherlich genaue Kenntnis von diesem Schatz, denn nichts bleibt Heiligen wie dir verborgen. Ich bitte dich, sag mir, wo jener Schatz zu finden ist, damit ich meine achtzig Kamele mit Aschrafis und Juwelen beladen kann; ich weià sehr wohl, dass dich nicht nach dem Reichtum dieser Welt gelüstet, doch bitte ich dich, nimm eins meiner achtzig Kamele als Belohnung und zum Dank für deine Güte.â So sprach ich mit meiner Zunge, in meinem Herzen wurmte es mich jedoch schwer zu denken, dass ich mich von einer einzigen Kamelladung Gold und Edelsteinen trennen müsste. Jedoch tröstete ich mich damit, dass die anderen neunundsiebzig Kamellasten genug Schätze enthalten würden, um mein Herz zufriedenzustellen. Wie ich nun so in meinen Gedanken hin und her schwankte, indem ich in dem einen Augenblick damit einverstanden war, in dem anderen es wieder bereute, bemerkte der Derwisch meine Gier und Habsucht und meinen Geiz und versetzte: âNicht so, mein Bruder; ein Kamel genügt mir nicht, dass ich dir diesen ganzen Schatz zeigen sollte. Ich will dir nur unter einer einzigen Bedingung die Stelle zeigen; nämlich dass wir beide die Kamele dorthin treiben und sie mit dem Schatz beladen; du sollst mir dann die eine Hälfte geben und die andere Hälfte für dich behalten. Mit vierzig Kamellasten Erze und Edelsteine kannst du dir tausendmal mehr Kamele kaufen.â Als ich sah, dass es unmöglich war, ihn abzuweisen, rief ich: âEs sei so! Ich willige in deinen Vorschlag ein und will nach deinem Wunsch tun. âDenn in meinem Herzen hatte ich die Sache wohl erwogen und ich wusste sehr gut, dass vierzig Kamellasten Gold und Edelsteine für mich und viele Generationen meiner Nachkommen ausreichen würden. Auch fürchtete ich, dass, wenn ich es ihm abschlüge, ich es für immer bereuen würde, einen so groÃen Schatz aus der Hand fahren gelassen zu haben. Indem ich also in alle seine Worte einwilligte, trieb ich alle Tiere zusammen und machte mich zugleich mit dem Fakir auf den Weg.
Nachdem wir eine kurze Strecke zurückgelegt hatten, gelangten wir in eine Schlucht zwischen zwei hohen halbmondförmigen Felswänden, die so eng war, dass die Tiere gezwungen waren, hintereinander zu schreiten; weiterhin verbreiterte sie sich jedoch und wir vermochten ohne Mühe in das tiefer gelegene Wali hinunterzuziehen. Kein menschliches Wesen war in dieser Wildnis irgendwo zu sehen oder zu hören, sodass wir ungestört waren und nichts befürchteten. Alsdann sagte der Derwisch: âLass deine Kamele hier und folge mir.â Ich tat nach seinem Geheià und folgte ihm, nachdem ich die Kamele hatte niederknien lassen. Nachdem wir uns eine kurze Strecke vom Halteplatz entfernt hatten, holte er einen Feuerstein und Stahl hervor und schlug damit Feuer, worauf er etwas Reisig, das er zusammengelesen hatte, anzündete. Dann warf er eine Hand voll stark duftenden Weihrauchs in die Flammen und murmelte Zauberworte, die ich nicht verstehen konnte. Mit einem Male stieg eine Rauchwolke auf und verhüllte, hoch empor wirbelnd, die Berge; als sich der Dampf dann wieder verzog, erblickten wir einen mächtigen Felsen mit einem FuÃweg, der zu seiner senkrechten Wand empor führte. Hier zeigte die Wand eine offene Tür, durch die man tief im Berge einen prächtigen Palast gewahrte, das Werk der Dschinn, denn kein Mensch hätte etwas dergleichen zu erbauen vermocht. Nach groÃer Anstrengung betraten wir ihn und fanden einen endlosen Schatz in ihm, der mit der gröÃten Ordnung und RegelmäÃigkeit in Haufen aufgestapelt war. Als ich einen Haufen Aschrafis gewahrte, fiel ich über ihn her, wie sich ein Geier auf seine Beute, das Aas, stürzt und begann die Säcke nach Herzenslust mit Goldstücken zu füllen. Die Säcke waren groÃ, doch war ich gezwungen,
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