Märchen aus 1001 Nacht
sie nur im Verhältnis zur Kraft meiner Tiere voll zu stopfen. Der Derwisch machte sich in gleicher Weise zu schaffen, doch füllte er seine Säcke allein mit Juwelen und Edelsteinen, indem er mir riet, dasselbe zu tun. So schüttete ich denn die Goldstücke wieder aus und füllte meine Säcke allein mit den wertvollsten Steinen an. Als wir unser Bestes getan hatten, luden wir die wohlgefüllten Säcke auf den Rücken der Kamele und machten uns fertig zur Abreise.
Bevor wir jedoch das Schatzbaus verlieÃen, in dem Tausende goldener GefäÃe von ausgesuchter Form und Arbeit standen, ging der Derwisch in eine verborgene Kammer und holte aus einem silbernen Schrein eine kleine goldene Büchse mit einer Salbe, die er, nachdem er sie mir gezeigt hatte, in seine Tasche steckte. Alsdann streute er wieder Weihrauch ins Feuer und murmelte seine Zauberformeln und Beschwörungen, worauf sich die Tür schloss und der Felsen wie zuvor wurde. Dann teilten wir die Kamele, indem er die eine Hälfte und ich die andere nahm und nun zogen wir wieder im Gänsemarsch durch die enge und düstre Schlucht, bis wir auf die offene Ebene gelangten. Hier trennte sich unser Weg, indem er sich nach Basra wandte, während ich die Richtung nach Bagdad einschlug. Beim Abschiednehmen überschüttete ich den Derwisch, der mir alle diese Reichtümer und Schätze im Werte von tausendmal tausend Goldstücken verschafft hatte, mit Danksagungen und sagte ihm, von tiefer Dankbarkeit bewegt, Lebewohl. Dann umarmten wir uns und schlugen jeder seinen Weg ein.
Kaum hatte ich mich jedoch von dem Fakir verabschiedet und mich mit meinem Kamelzug eine kleine Strecke von ihm entfernt, da versuchte mich der Satan mit Habgier, sodass ich bei mir sprach: âDer Derwisch steht in der Welt allein ohne Freunde und Verwandte und ist gänzlich irdischen Dingen entfremdet. Was sollen ihm da diese Kamellasten schmutzigen Gewinns nützen? Ãberdies, von der Sorge für die Kamele erfüllt, um nichts von dem Trug des Reichtums zu sagen, mag er sein Gebet und seine Andacht vernachlässigen; es geziemt sich daher für mich, ihm einige der Tiere abzunehmen.â Mit diesem Entschluss lieà ich meine Kamele halten und eilte, nachdem ich ihre VorderfüÃe gefesselt hatte, hinter dem Heiligen her und rief seinen Namen. Er hörte mein lautes Rufen und wartete alsbald auf mich. Als ich mich ihm genähert hatte, sprach ich zu ihm: âAls ich dich verlassen hatte, kam mir ein Gedanke in den Sinn; ich gedachte nämlich, dass du ein Einsiedler bist, der sich fern von irdischen Dingen hält und reinen Herzens ist und sich nur mit Gebet und Andacht abgibt. Die Sorge für alle diese Kamele aber wird dir nur Mühe und Verdruss und Plackerei verursachen und dir kostbare Zeit vergeuden.
Besser wäre es daher, du gäbest sie zurück und setztest dich nicht diesen VerdrieÃlichkeiten und Gefahren aus.â Der Derwisch versetzte: âO mein Sohn, du sprichst die Wahrheit; die Sorge für all diese Tiere wird mir nichts als Kopfschmerzen eintragen, nimm daher von ihnen soviel, wie du begehrst. Ich dachte nicht an die Last und Plackerei, als bis du mich darauf brachtest. Jetzt aber bin ich davor gewarnt; mag dich daher Allah, der Erhabene, in seinen heiligen Schutz nehmen!â Demzufolge nahm ich zehn Kamele von ihm und war drauf und dran, wieder meines Weges zu ziehen, als mir der Gedanke plötzlich aufstieg: Dieser Fakir gab unbekümmert zehn Kamele auf, besser wäre es, noch mehr von ihm zu fordern. Hierauf näherte ich mich ihm und sprach: âdu wirst kaum imstande sein, mit dreiÃig Kamelen fertig zu werden; gib mir, ich bitte, noch zehn.â Der Derwisch erwiderte: âO mein Sohn, tu, was du begehrst. Nimm noch zehn Kamele, zwanzig werden mir genügen.â Ich tat nach seinen Worten und trieb die zwanzig Kamele fort, sie meinen vierzig beigesellend. Dann aber erfasste mich wieder der Geist der Habsucht und der Gedanke quälte mich immer heftiger, noch einmal zehn Kamele von seinem Teil zu bekommen. Ich lenkte deshalb zum dritten Mal meine Schritte zu ihm zurück und bat ihn noch um zehn Kamele und nachdem ich diese erhalten hatte, schmeichelte ich ihm auch noch die letzten zehn Kamele ab. Der Derwisch trennte sich willig von seinem letzten Kamel, worauf er seine Säume schüttelte und sich zum Aufbruch anschickte. Meine verruchte Gier lieà mich jedoch
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