Märchen aus 1001 Nacht
nicht los und wiewohl ich die achtzig Kamele, beladen mit Aschrafis und Juwelen, erhalten hatte und glücklich und zufrieden mit Schätzen für achtzig Geschlechter hätte heimkehren können, versuchte mich Satan noch weiter und reizte mich, ebenso die Büchse mit Salbe ihm fortzunehmen, die, wie ich glaubte, etwas noch Kostbareres als Rubine enthielt. Als ich ihn umarmt und ihm Lebewohl gesagt hatte, hielt ich deshalb eine Weile an, worauf ich ihn fragte: âWas willst du mit der kleinen Salbenbüchse tun, die du als dein Teil an dich genommen hast? Ich bitte dich, gib sie mir ebenfalls.â Da sich der Fakir jedoch um keinen Preis von ihr trennen wollte, gelüstete mich umso mehr nach ihrem Besitz und ich beschloss, ihm die Büchse mit Gewalt zu nehmen, falls er sie mir nicht aus freien Stücken gäbe.
Als er meine Absicht bemerkte, zog er die Büchse aus seiner Brusttasche und reichte sie mir mit den Worten: âO mein Sohn, wenn du diese Salbenbüchse haben willst, so gebe ich sie dir aus freien Stücken; zuerst musst du jedoch die Kraft der Salbe, die sie enthält, kennenlernen.â Ich erwiderte ihm: âDa du mir all diese Güte erwiesen hast, so bitte ich dich, gib mir über diese Salbe Auskunft und sag mir, was sie für Eigenschaften besitzt.â Er versetzte: âDie Wunderkräfte dieser Salbe sind auÃerordentlich seltsam und eigentümlich. Wenn du dein linkes Auge schlieÃest und das Lid mit der geringsten Kleinigkeit von der Salbe einreibst, so werden dir alle Schätze der Welt, die jetzt vor deinen Blicken verborgen sind, zu Gesicht kommen. Reibst du jedoch dein rechtes Auge mit ihr ein, so wirst du alsbald auf beiden Augen stockblind.â Als ich dies vernahm, beschloss ich, diese Wundersalbe zu erproben und sagte zu ihm, indem ich die Büchse in seine Hand legte: âIch sehe, du verstehst diese Sache sehr gut; ich bitte dich daher, mir etwas Salbe mit deiner eigenen Hand auf mein linkes Augenlid zu streichen.â Hierauf schloss der Derwisch mein linkes Auge und rieb mit seinem Finger ein wenig von der Salbe über das Lid; und sobald ich das Auge öffnete und um mich schaute, sah ich die verborgenen Schätze der Erde in zahllosen Mengen, so wie es mir der Fakir gesagt hatte. Alsdann schloss ich mein rechtes Auge und bat ihn, ebenfalls auf das rechte Augenlid etwas von der Salbe zu streichen. Der Derwisch entgegnete: âO mein Sohn, ich sagte dir zuvor, dass du stockblind werden würdest, wenn ich dein rechtes Augenlid mit der Salbe einreibe. Scheuche diesen törichten Gedanken von dir; warum solltest du dieses Ãbel zwecklos über dich bringen?â Er sprach die Wahrheit; in meinem verfluchten Missgeschick wollte ich seinen Worten jedoch kein Gehör schenken und gedachte bei mir: Wenn das Bestreichen meines linken Augenlids mit der Salbe solche Wirkung hervorgebracht hat, so wird der Erfolg sicherlich noch viel wunderbarer sein, wenn ich mein rechtes Auge damit einreibe. Der Kerl ist falsch gegen mich und verheimlicht mir den wahren Sachverhalt. Nachdem ich solche Gedanken bei mir erwogen hatte, lachte ich und sprach zu dem Heiligen: âdu hintergehst mich, damit ich keinen Nutzen aus dem Geheimnis ziehen kann, denn das Einreiben des rechten Augenlids mit der Salbe hat noch eine gröÃere Wirkung als das Bestreichen des linken und du willst mir die Sache verbergen. Es ist unmöglich, dass dieselbe Salbe so entgegen gesetzte Eigenschaften und so verschiedene Kräfte besitzt.â Der Derwisch versetzte: âAllah, der Erhabene, ist mein Zeuge, dass die Wunderkräfte der Salbe keine anderen sind als die, von denen ich zu dir sprach. O mein teurer Freund, schenke mir Glauben, denn ich sprach nichts als die lauterste Wahrheit zu dir.â Ich wollte jedoch immer noch nicht seinen Worten glauben, indem ich wähnte, dass er mich belog und mir die Hauptkraft der Salbe verheimlichte. Erfüllt von diesem törichten Gedanken, bedrängte ich ihn heftig und bat ihn, mir die Salbe auf mein rechtes Augenlid zu streichen, während er sich von neuem weigerte und sprach: âdu siehst, wie gütig ich gegen dich gewesen bin; weshalb sollte ich dir nun solch ein grausames Ãbel zufügen? Sei versichert, dass es dir dein Leben lang Kummer und Elend bringen würde; ich bitte dich bei Allah, dem Erhabenen, gib deine Absicht auf und schenke meinen Worten Glauben.â Je mehr er sich jedoch
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