Märchen aus 1001 Nacht
mich wissen lassen sollen; dann hätte ich mein Packpferd mitgebracht, dem du all diese guten Sachen aufladen könntest.â Sie lächelte und schlug ihm leicht mit ihrer Hand auf den Nacken, indem sie sprach: âSpute dich zu gehen und lass das viele Reden; dein Lohn ist dir sicher, so Allah der Erhabene will!â Dann machte sie Halt bei einem Händler von Spezereien; und sie nahm von ihm zehn verschiedene Wasser, darunter Rosenwasser, Orangenblütenwasser, Lilienwasser und Weidenblütenwasser. Und sie kaufte auch zwei Zuckerlaibe, eine Flasche Rosenwasser mit Moschus, einige Stückchen Weihrauch, Aloeholz, Ambra, Moschus und alexandrinische Kerzen; und das Ganze legte sie in den Korb und sagte: âNimm deinen Korb und folge mir!â Da hob er den Korb und ging ihr nach, bis sie zu einem schönen Haus kam, vor dem ein geräumiger Hof lag, einem hohen Bau mit ragenden Säulen; sein Tor hatte zwei Flügel aus Ebenholz, eingelegt mit Platten roten Goldes. Die Dame blieb am Tore stehen, hob den Schleier von ihrem Antlitz und klopfte leise an; der Träger aber stand hinter ihr und dachte unaufhörlich an ihre Schönheit und Anmut. Die Tür wurde geöffnet und die beiden Flügel schlugen zurück. Da schaute der Träger hin, wer sie geöffnet hatte; und siehe, es war eine Dame von stattlichem Wuchs, etwa fünf Fuà hoch, mit schwellendem Busen, von Schönheit und Anmut, vollkommenem Liebreiz und ebenmäÃiger Gestalt. Ihre Stirn war blütenweiÃ, ihre Wangen hellrot wie die Anemone, ihre Augen wie die der wilden Färse oder der Gazelle und ihre Brauen ,wie der Neumond des gesegneten Fastenmonats; ihr Mund war wie der Ring Salomons, ihre Lippen korallenrot und ihre Zähnchen wie eine Schnur von Perlen oder wie Blätter der Chrysanthemumblüte. Ihr Hals glich dem der Antilope, ihr Busen einem Marmorbecken und ihre Brüste glichen zwei Granatäpfeln; ihr Leib war weich wie Samt und die Höhle ihres Nabels hätte eine Unze Benzoesalbe gefasst.
Kurz, jener glich sie, von der der Dichter sagt:
Schau sie an, die Sonne und Mond erbleichen macht,
Sie, die Hyazinthe in strahlender Blütenpracht.
Nie sah dein Auge Schwarz und Weià so schön im Verein
Wie ihre dunklen Haare über dem Antlitz so rein.
Rosig sind ihre Wangen; und ihre Schönheit erzählt
Immer von ihrem Namen, wenn ihr auch der Reichtum fehlt.
Ich lächle ob ihrer Hüften, wenn sie im Gange sich wiegt;
O Wunder und weinâ um den Leib, den schlanken, der fast zerbiegt.
Und als der Träger sie sah, war sein Verstand und sein Sinn gefangen, sodass ihm der Korb fast vom Kopfe fiel; dann sprach er bei sich selber: âNie sah ich in meinem Leben einen gesegneteren Tag als diesen!â Und die Pförtnerin sprach zu der Wirtschafterin: âTritt ein in das Tor und befreie den armen Träger von seiner Last!â Da trat die Wirtschafterin ein und die Pförtnerin folgte ihr und der Träger auch; und sie gingen weiter, bis sie zu einer schönen, geräumigen Halle kamen, die mit wunderbarer Geschicklichkeit erbaut war, mit allerlei Verzierungen, mit Arkaden, Erkern, Estraden, Nischen und Schränken, vor denen Vorhänge hingen. Und in der Mitte der Halle war ein groÃes Bassin voll Wasser und darin war ein Bootshäuschen; an der Rückseite der Halle aber stand ein Lager aus Wacholderholz, mit Edelsteinen besetzt, über dem ein Baldachin schwebte aus rotem Atlas, der mit Perlen aufgesteckt war, so groà wie Haselnüsse und gröÃer noch. Darinnen zeigte sich eine Dame, von erlesener Schönheit, mit herrlichem Antlitz, bezaubernden Augen und weisen Mienen, von Aussehen so lieblich wie der Mond; und ihre Brauen waren gewölbt wie Bogen, ihr Wuchs war aufrecht wie ein I, ihr Atem hauchte Ambra und ihre Lippen waren rot wie Karneole und süà wie Zucker. Ihres Gesichtes Glanz beschämte die strahlende Sonne; sie war wie einer der himmlischen Planeten, oder wie eine vergoldete Kuppel, oder wie eine Braut in erlesenstem Schmuck oder ein edles Mädchen Arabiens. So sang von ihr der Dichter:
Es ist, als zeigte ihr Lächeln schneeweiÃe Perlenreihn,
Wie Chrysanthemumblüten oder wie Hagelsteinâ.
Locken hat sie, die fallen herab wie die schwarze Nacht,
Sie, deren Schönheit das Licht des Morgens erbleichen macht.
Da stand die dritte Dame auf von dem Lager und trat langsam vor mit wiegendem Gang, bis sie in die
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