Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
Vom Netzwerk:
zeigt;
Bei seinen schweren Hüften, die beben, mag er gehn
Oder auch ruhn und bei seinem Leibe, so schlank und schön;
Bei seiner seidigen Haut und bei seinem Atem, so weich,
Ja, bei alledem, was ihn an Schönheit machte so reich;
Bei seiner milchigen Hand, seiner Zunge Redlichkeit,
Und bei seiner edlen Geburt, seiner Macht, so hoch und weit:
Der Moschus hat, wird er bereitet, von ihm nur seinen Duft;
Von seinem Wohlgeruch kommt die Ambrawolke der Luft.
So auch die strahlende Sonne: vor ihm muss sie erbleichen;
Ja, sie kann nicht einmal dem Span seines Nagels gleichen!
    Und ich sah ihn an mit einem Blick, der tausend Seufzer der Sehnsucht in mir weckte; und mein Herz war von Liebe zu ihm ergriffen. Ich fragte ihn nun: “O mein Gebieter, tue mir kund, wonach ich dich fragte.” Er antwortete: “Ich höre und gehorche! Wisse, O Dienerin Allahs, diese Stadt war die Hauptstadt meines Vaters, des Königs, den du auf dem Throne sähest, verwandelt durch Allahs Zorn in schwarzen Stein; und die Königin, die du in der Nische sähest, ist meine Mutter. Sie und alles Volk der Stadt waren Magier und sie beteten das Feuer an statt des Königs, dem alles untertan; sie schworen bei Feuer und Licht, bei Schatten und Sonnenbrand und bei dem kreisenden Firmament, das die Welt umspannt. Mein Vater aber hatte keinen Sohn, bis er gegen das Ende seines Lebens mit mir gesegnet wurde; und er zog mich auf, bis ich emporwuchs und das Glück kam mir in allem entgegen. Nun aber lebte bei uns eine hoch betagte Frau, eine Muslimin, die im Innern an Allah und seinen Propheten glaubte, wenn sie sich äußerlich auch meinem Volke anschloss. Mein Vater setzte volles Vertrauen in sie, da er sie als zuverlässig und tugendhaft kannte und behandelte sie mit immer wachsender Freundlichkeit; denn er vermeinte ja, dass sie seines Glaubens wäre. Als ich nun fast herangewachsen war, gab mich mein Vater in ihre Obhut und sagte: “Nimm ihn und erziehe und lehre ihn die Regeln unseres Glaubens; unterrichte ihn gut und pflege ihn sorgsam!”
    Da nahm die Alte mich zu sich und lehrte mich den Glauben des Islams und die göttlichen Vorschriften der Reinigung, der religiösen Waschung und des Gebets, auch ließ sie mich den Koran auswendig lernen und sagte: “Diene niemandem als Allah dem Erhabenen!” Und als ich dies alles in mich aufgenommen hatte, sagte sie zu mir: “Mein Sohn, verbirg diese Dinge vor deinem Vater und offenbare ihm nichts, damit er dich nicht töte.” So verbarg ich es vor ihm und blieb dabei, bis wenige Tage darauf die alte Frau starb. Das Volk der Stadt aber wurde in seiner Gottlosigkeit und Anmaßung und seinem Irrtum nur noch ärger. Eines Tages jedoch, während sie noch immer so dahinlebten, siehe, da vernahmen sie einen Rufer, der mit lauter Stimme gleich brüllendem Donner schrie, dass alle nah und fern es hörten: “Ihr Leute dieser Stadt, lasst ab von der Anbetung des Feuers und betet zu Allah, dem allerbarmenden König!” Schrecken befiel die Leute der Stadt und sie versammelten sich bei meinem Vater, der ja König der Stadt war und fragten ihn: “Was bedeutet diese Stimme des Schreckens, die wir gehört haben? Sie hat uns erschüttert durch das Übermaß ihres Grauens.” Er aber erwiderte ihnen: “Lasset die Stimme euch nicht mit Furcht und Schrecken erfüllen oder euch von eurem Glauben abtrünnig machen!” Da beugten sich ihre Herzen vor den Worten meines Vaters und sie ließen nicht ab, das Feuer anzubeten, sondern blieben verstockt in ihrem Götzendienst, bis ein volles Jahr vergangen war, nachdem sie die erste Stimme vernommen hatten. Da erscholl ihnen ein zweiter Ruf und sie vernahmen ihn und noch einen dritten zu Anfang des dritten Jahres; so hörten sie ihn in jedem der drei Jahre einmal. Doch immer noch verharrten sie in ihrem Frevel, bis eines Tages mit dem Morgengrauen der Grimm und Zorn des Himmels über sie kam; da wurden sie alle in schwarze Steine verwandelt, sie mitsamt ihren Haustieren, großen und kleinen. Und von den Einwohnern dieser Stadt wurde niemand verschont außer mir allein. Seit dem Tage, an dem das Furchtbare geschah, lebe ich nun so, wie du mich siehst, beständig im Gebet und im Fasten und mit dem Lesen des Korans beschäftigt; aber diese Einsamkeit, in der ich niemanden zur Gesellschaft habe, kann ich jetzt nicht mehr ertragen.” Darauf sprach ich zu ihm, der

Weitere Kostenlose Bücher