Märchen aus 1001 Nacht
Wasser arbeitete, während die Wogen mit mir ihr Spiel trieben und mich nach rechts und links schleuderten. Inzwischen aber hatte der Kapitän die Segel ausgespannt und zog mit denen, die sich aufs Schiff gerettet hatten, weiter, ohne sich um die Versunkenen zu bekümmern. Ich verfolgte das Schiff mit meinen Blicken so lange, bis es meinem Auge entschwand und ich meines Untergangs gewiss war. In solcher Lage brach die Nacht über mich herein und noch einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem Meer umher, bis mich Wind und Wellen gnädiglich an den Strand einer hohen Insel warfen, deren Bäume ihr Geäst übers Meer streckten. Da packte ich den Zweig eines hohen Baumes und zog mich an ihm ans Land, nachdem ich bereits den Untergang vor Augen gehabt hatte. Als ich nun aber den festen Boden der Insel unter mir hatte, fand ich, dass meine FüÃe erstarrt und an den Sohlen von den Fischen benagt waren, ohne dass ich es in dem Ãbermaà meiner Kümmernis und Ermattung gemerkt hatte. Wie ein Toter warf ich mich auf die Insel nieder und verlor, in Betäubung versinkend, das Bewusstsein; erst als die Sonne am anderen Tage aufging, erwachte ich wieder und sah nun, dass meine FüÃe geschwollen waren und dass ich mich selber in solcher elenden Lage befand. Da es aber auf der Insel viele Früchte und süÃe Quellen gab, bewegte ich mich zu ihnen, bald kriechend, bald auf den Knien rutschend und lebte in dieser Weise eine geraume Zahl an Tagen und Nächten von den Früchten, bis sich meine Seele wieder erhob, meine Lebensgeister wiederkehrten und ich mich wieder besser zu bewegen vermochte. Ich begann nun zu überlegen und durchwanderte die Insel, indem ich mich unter den Bäumen an allem, was Allah, der Erhabene, dort geschaffen hatte, ergötzte, wobei ich mich auf einen Stab, den ich mir von jenen Bäumen abgeschnitten hatte, stützte. In dieser Weise verbrachte ich die Zeit, bis ich eines Tages den Strand der Insel entlangging und in der Ferne einen Gegenstand erblickte; im Glauben, es sei ein wildes Tier oder eines der Meerungeheuer, schritt ich, den Gegenstand stets im Auge behaltend, auf ihn zu und siehe, da war es ein prachtvolles Pferd, eine Stute, welche am Strand der Insel dicht am Meeresgestade angebunden war.
Als ich nun aber an sie herantrat, stieà sie einen so gewaltigen Schrei gegen mich aus, dass ich erschrocken umkehren wollte, als mit einem Male ein Mann aus der Erde hervortauchte und mir nachfolgte, indem er mich anschrie und rief: âWer bist du, woher kommst du und weshalb hast du diesen Ort aufgesucht?â Ich antwortete ihm: âMein Herr, wisse, ich bin ein Fremdling, der zu Schiff reiste und mit mehreren anderen der Schiffspassagiere ins Wasser fiel; doch bescherte mir Allah einen Zuber und ich setzte mich rittlings auf ihn und wurde von ihm getragen, bis mich die Wellen an diese Insel warfen.â Als er meine Worte vernommen hatte, fasste er mich bei der Hand und sagte zu mir: âKomm mit mir.â Da folgte ich ihm, worauf er mit mir zu einem unterirdischen Raum hinunter stieg und mich in einen groÃen Saal führte, wo er mir den Ehrenplatz anwies. Dann brachte er mir etwas zu essen und da ich hungrig war, aà ich so lange, bis ich mich gesättigt und gestärkt hatte. Alsdann erkundigte er sich nach mir und meinen Erlebnissen und ich erzählte ihm alles, was mich anging, von Anfang bis zu Ende. Er verwunderte sich über meine Erzählung, ich aber sagte zu ihm, als ich meinen Bericht geendet hatte: âBei Allah, mein Herr, nichts für ungut! Nachdem ich dir der Wahrheit gemäà alles, was mich angeht und was mir widerfuhr, erzählt habe, möchte ich gern auch von dir hören, wer du bist, warum du hier in diesem Saal unter der Erde sitzest und weshalb du jene Stute am Meeresstrand angebunden hast.â Er versetzte: âWisse, ich gehöre zu einem ganzen Trupp, der über die Insel verteilt ist; wir sind die Stallknechte des Königs Mihrdschan und unter unserer Hand stehen alle seine Pferde. Jeden Monat aber zur Zeit des Neumondes bringen wir unsere besten Stuten hierher, die noch nicht gedeckt sind und binden sie am Strand dieser Insel fest, worauf wir uns in diesem unterirdischen Raum hier verstecken, damit uns niemand zu Gesicht bekommt. Die Seehengste wittern dann die Stuten und steigen ans Land und wenn sie niemand erspähen, bespringen sie die Stuten und stillen ihr Begehr an ihnen. Wenn sie
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