Märchen aus 1001 Nacht
und Drangsalen und nach vielen Schrecknissen und wie viel Plage und Kummer hab ich in frühem Tagen erduldet! Sieben Reisen machte ich und jede Reise hat ihre wunderbare Geschichte, die wohl des Menschen Gedanken verwirren kann; doch alles dies geschah nach dem Schicksal und Verhängnis, denn vor dem, was einmal geschrieben steht, gibtâs kein Asyl und kein Entkommen.â
Sindbads erste Reise
Wisset, ihr edlen Herren, mein Vater war ein Kaufmann, einer der GroÃen unter dem Volk und in seiner Zunft und reich an Geld und Gut; er starb, als ich noch ein kleiner Bursche war und hinterlieà mir Geld, Grundstücke und Landgüter. Wie ich nun groà geworden war, legte ich meine Hand an all mein Gut, schmauste leckere Gerichte, zechte edle Weine, kleidete mich in die feinsten Sachen und spazierte mit meinen Freunden und Gefährten, im guten Glauben, es müsse immer so bleiben und mir zum Besten dienen. In dieser Weise hatte ich bereits geraume Zeit gelebt, als ich wieder zur Besinnung kam und, aus meiner Sorglosigkeit zu mir kommend, fand, dass Geld und Glanz zerstoben und verblichen waren und dass all mein Gut in die weite Welt gewandert war. Erschrocken und bestürzt kam ich wieder zur Besinnung und gedachte hierbei eines Ausspruches unsres Herrn Salomon, des Sohnes Davids Frieden auf beide! -, den ich zuvor einmal vernommen hatte und der da lautet: Drei Dinge sind besser als drei andere Dinge: Der Todestag ist besser als der Geburtstag, ein lebendiger Hund ist besser als ein toter Löwe und das Grab ist besser als der Palast. Alsdann erhob ich mich, packte all meinen Hausrat und meine Sachen zusammen und verkaufte sie; hierauf verkaufte ich meine Grundstücke und alles, was meine Hand besaà und brachte dreitausend Dirham zusammen, mit denen ich in ferne Länder zu reisen beschloss. So erhob ich mich denn mit festem Entschluss, kaufte mir Waren, Güter und Handelsartikel und mancherlei für die Reise notwendige Dinge und schiffte mich, da ich nach einer Seereise Verlangen trug, mit einer Gesellschaft Kaufleute nach der Stadt Basra ein. Von dort segelten wir tage- und nächtelang übers Meer und zogen von einer Insel zur anderen, von Meer zu Meer und von Land zu Land, überall, wo wir anlegten, kaufend, verkaufend und Tauschhandel treibend, bis wir auf unserer Fahrt zu einer Insel gelangten, die einem der Gärten des Paradieses glich. Der Kapitän ging hier mit uns vor Anker und warf, nachdem er das Schiff verankert hatte, die Landungsplanke aus, worauf alle Leute, die sich in dem Schiff befanden, ans Land gingen und sich Feuerherde machten, in denen sie Feuer anzündeten. Während sich nun alle in ihrer Weise zu schaffen machten, indem die einen kochten, die anderen wuschen und wieder andere, zu denen auch ich gehörte, sich auf der Insel ergingen und die Passagiere bereits beisammen saÃen und aÃen, tranken und allerlei Kurzweil trieben, da rief mit einem Male der Kapitän hoch vom Schiffsbord aus, so laut er konnte: âIhr Passagiere, rettet euer Leben, kommt, so schnell ihr könnt, aufs Schiff, lasst all eure Sachen stehen und liegen und rettet euch in eiliger Flucht vor dem Verderben! Diese Insel hier, auf der ihr euch befindet, ist keine wirkliche Insel, sondern ein groÃer mitten im Meer feststehender Fisch, auf welchem sich der Sand abgelagert hat, sodass seit langer Zeit Bäume auf ihm wachsen und er einer Insel gleicht. Als ihr das Feuer anzündetet, spürte der Fisch die Hitze und rührte sich; und sogleich wird er mit euch ins Meer tauchen und ihr werdet allzumal ertrinken. Rettet euch daher, bevor es zu spät ist!â Als die Passagiere die Worte des Kapitäns vernahmen, eilten sie um die Wette aufs Schiff und lieÃen ihre Waren, ihre Sachen, ihre Wäsche und ihre Feuertöpfe stehen und liegen; doch hatte erst ein Teil von ihnen das Schiff erreicht, als plötzlich die Insel wankte und mit allem, was sich darauf befand, in die Tiefe des Meeres versank, worauf die Wogen brandend und brausend darüber zusammenschlugen.
Ich hatte ebenfalls zu den auf der Insel Zurückgebliebenen gehört und war mit ihnen versunken, doch rettete mich Allah, der Erhabene, vor dem Ertrinken, indem er mir einen der groÃen Zuber, in denen sie gewaschen hatten, in den Weg warf. Um der SüÃigkeit des Lebens willen packte ich ihn mit der Hand und setzte mich rittlings auf ihn, worauf ich mit meinen FüÃen wie mit Rudern im
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