Märchen aus 1001 Nacht
Seereise erforderlich sind, lud meine Lasten auf und zog von Bagdad nach Basra, wo ich ein groÃes Schiff antraf, auf dem sich Kaufleute mit kostbaren Handelsgütern befanden. Infolgedessen lieà ich meine Waren zu ihnen aufs Schiff bringen und bald darauf fuhren wir wohlbehalten von Basra ab. Ununterbrochen segelten wir von Ort zu Ort und von Stadt zu Stadt, überall kaufend, verkaufend und uns die Länder besehend; und Glück und Fahrt waren uns günstig, sodass wir groÃen Profit machten, bis eines Tages mitten auf der Fahrt der Kapitän laut schrie, seinen Turban vom Kopf zu Boden warf, sich vors Gesicht schlug und, sich den Bart ausraufend, vor Kummer und Aufregung in den Schiffsbauch fiel. Als sich nun alle Kaufleute und Passagiere um ihn drängten und ihn fragten: âKapitän, was ist los?â, da erwiderte ihnen der Kapitän: âWisset, ihr Leute, wir sind vom Kurs abgekommen und in ein fremdes Meer geraten, dessen Wege ich nicht kenne; und so Allah uns nicht noch Mittel gewährt, aus diesem Meer zu entkommen, so sind wir allzumal verloren. Betet daher zu Allah, dem Erhabenen, dass er uns aus dieser Not errettet.â Hierauf erhob sich der Kapitän und kletterte auf den Mast, um die Segel loszumachen, aber der Sturm packte das Schiff mit doppelter Gewalt und warf es rückwärts, sodass sein Steuer nahe bei einem hohen Berg brach. Da stieg der Kapitän wieder vom Mast herunter und rief: âEs gibt keine Macht und keine Kraft auÃer bei Allah, dem Hohen und Erhabenen! Keiner kann sein Verhängnis abwenden; wir sind an einen Ort geraten, wo uns sicheres Verderben droht, ohne dass uns irgendein Weg zur Rettung und zum Entkommen übrig geblieben ist.â Während nun alle Passagiere über ihr Schicksal weinten und voneinander Abschied nahmen, dieweil ihr Leben abgelaufen und jegliche Hoffnung abgeschnitten war, neigte sich das Schiff gegen jenen Berg und zerbrach, sodass die Planken auseinander gingen und die Kaufleute und alles, was sich sonst auf dem Schiff befand, ins Meer sanken.
Ein Teil von ihnen ertrank; ich aber und eine Anzahl der anderen, wir klammerten uns an den Berg und kletterten auf ihn hinauf, von dessen Gipfel wir gewahrten, dass wir uns auf einer groÃen Insel befanden, neben welcher viele Schiffswracke lagen und deren Strand so dicht von den Habseligkeiten und Gütern zerbrochener Schiffe, deren Passagiere ertrunken waren, bedeckt war, dass sich der Verstand und die Gedanken davon verwirrten. Ich stieg nun ins Innere der Insel und durchwanderte sie, bis ich zu einer Quelle süÃen Wassers gelangte, welche vorn am FuÃe jenes Gebirges entsprang und unter dem Höhenzug auf der anderen Seite wieder verschwand; die anderen Passagiere aber drangen über die Berge weiter ins Innere der Insel vor und zerstreuten sich in ihr, verwirrt von allem, was sie zu sehen bekamen und sich wie Verrückte beim Anblick aller der Güter und Schätze, die am Meeresstrand verstreut lagen, gebärdend. In dem Quell nun gewahrte ich viele Hyazinthe, groÃe Königsperlen, Edelsteine und Juwelen von allerlei Art, die wie Kies in den Wasserläufen jener Fluren dalagen, sodass der Boden jenes Quells von allem Edelgestein, das in ihm lag, blitzte und blinkte. Ferner gewahrten wir auf der Insel eine Menge wertvollster Abe und einen Quell von rohem Ambra, welches infolge der groÃen Sonnenglut wie geschmolzenes Wachs über den Rand des Quells hinab zum Meeresstrand läuft, wo es die Seeungeheuer verschlucken. Sind sie aber wieder ins Meer untergetaucht, so müssen sie das Ambra, da es in ihren Leibern brennt, wieder ausbrechen, worauf es auf der Meeresoberfläche erstarrt und infolgedessen seine Farbe und Beschaffenheit ändert, bis es schlieÃlich die Wellen wieder an den Strand werfen, von wo es die Reisenden und Kaufleute, die es kennen, sammeln und in den Handel bringen. Das rohe Ambra aber, welches nicht verschlungen wird, flieÃt über den Quell und erstarrt an seinem Rand, bis es in der Sonnenglut zerschmilzt und das ganze Tal mit moschusartigem Duft erfüllt, worauf es, wenn die Sonne von ihm gewichen ist, wieder hart wird; und niemand vermag zu dem Orte, an welchem sich dieses rohe Ambra befindet, zu gelangen, da das Gebirge die Insel von allen Seiten einschlieÃt und keiner das Gebirge zu erklimmen imstande ist.
So durchwanderten wir die Insel und staunten, verwirrt von allem, was wir zu sehen bekamen, die
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