Märchen aus 1001 Nacht
und gab ihnen durch Zeichen zu verstehen, vom Baum herunterzusteigen und sich nicht vor dem Ifrit zu fürchten. Sie riefen jedoch hinunter: âBei Allahes Willen, erlass uns das!â Da drohte sie ihnen: âBei Allah, steigt ihr nicht vom Baum herunter, so wecke ich den Ifrit, dass er euch auf die grausamste Weise umbringt.â Da erschraken sie und stiegen hinunter. Sie trat nun zu ihnen heran und sagte: âSeid mir zu Willen oder ich wecke den Ifrit.â Da sprach der König Schahriar zu seinem Bruder Schahseman: âMein Bruder, tu, was sie dich heiÃtâ; Schahseman hingegen sagte: âNicht eher, als bis du es vor mir getan hastâ und einer blinzelte dem anderen zu, den Anfang zu machen. Da sagte sie: âWas blinzelt ihr einander zu? Seid ihr mir nicht zu Willen, so wecke ich den Ifrit.â So gehorchten sie ihr aus Furcht vor dem Dschinni, worauf sie aus ihrer Tasche einen Beutel hervorholte und aus ihm eine Schnur, an welcher fünfhundertundsiebzig Siegelringe hingen, herauszog. Dann fragte sie: âWisst ihr, was diese Ringe bedeuten?â Sie antworteten: âWir wissen es nicht.â Da sagte sie: âDie Besitzer dieser Ringe waren mir, ohne dass der Ifrit es merkte, zu Willen; so gebt mir nun auch eure beiden Ringe, ihr Brüder.â Als sie die Ringe vom Finger abgezogen und ihr gegeben hatten, sagte sie: âSeht, dieser Ifrit da hat mich in der Hochzeitsnacht entführt, mich in eine Schachtel gesperrt, hat dann die Schachtel in diesen Kasten gepackt und sieben Schlösser davorgelegt und mich auf den Grund des tosenden Meeres versteckt, ohne zu wissen, dass wir Frauen alles, was wir wollen, auch durchsetzen.â
Als sie diese Worte von ihr vernahmen, wunderten sie sich maÃlos und sprachen zueinander: âWenn diesem, der doch ein Ifrit ist, Schlimmeres als uns widerfahren ist, so liegt für uns hierin ein Trost.â Darauf verlieÃen beide sie zur Stunde, kehrten in die Stadt des Königs Schahriar zurück und begaben sich wieder in sein Schloss. Dort angelangt, lieà der König Schahriar unverzüglich seiner Gemahlin, den Sklavinnen und den Sklaven den Kopf abschlagen. Dann lieà er sich eine Jungfrau bringen und lieà sie nach der Brautnacht hinrichten; und so verfuhr er drei Jahre lang, bis die Leute zu schreien begannen und mit ihren Töchtern flohen, sodass in jener Stadt kein erwachsenes Mädchen mehr zu finden war. Als nun der Wesir wieder vom König den Befehl erhielt, ihm in üblicher Weise ein Mädchen zu bringen und er vergebens nach einem gesucht hatte, ging er voll Zorn und Schmerz und in Furcht vor dem König nach Hause. Nun hatte der Wesir zwei Töchter, beide schön, anmutig, entzückend und von ebenmäÃigem Wuchs; der Name der älteren war Scheherazade, der der jüngeren Dunjazade.
Die ältere hatte viele Bücher und Chroniken, die Lebensbeschreibungen der früheren Könige und die Geschichte der vergangenen Völker gelesen; man berichtet auch, dass sie tausend Bücher von den Chroniken, die sich mit den vergangenen Völkern und verstorbenen Königen befassten und die Dichter gesammelt hatte. Diese fragte nun ihren Vater: âMein Vater, warum bist du so verändert, so voll Sorge und Kummer?â Darauf erzählte der Wesir ihr von Anfang bis Ende alles, was sich da mit dem König zugetragen hatte. Da sagte sie: âBei Allahes Willen, mein Vater, vermähle mich mit dem König: Entweder bleibe ich am Leben, oder ich opfere mich für die Töchter der Moslems auf und werde die Ursache ihrer Errettung aus seinen Händen.â Der Wesir antwortete ihr jedoch: âBei Allahes Willen, niemals! Willst du dein Leben aufs Spiel setzen?â Sie erklärte aber: âEs muss sein.â Da schmückte er sie bräutlich und begab sich zum König Schahriar, während sie inzwischen ihrer jüngeren Schwester folgendes ans Herz legte: âWenn ich mich zum König begeben habe, werde ich nach dir schicken und dich holen lassen. Bist du dann zu mir gekommen, so sprich, wenn der König meiner nicht mehr bedarf: âSchwester, erzähle mir doch eine merkwürdige Geschichte, dass wir dabei wach bleiben.â Dann erzähle ich dir eine Geschichte, worin, so Allah will, die Errettung liegen wird.â Hierauf begab sich ihr Vater, der Wesir, mit ihr zum König, welcher bei ihrem Anblick erfreut sagte: âHast du gebracht, was
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