Märchen aus 1001 Nacht
Darauf strich er sich mit der Hand über die Stirn und als er die Narbe fühlte, rief er: âBei Allah, Omeine Herrin, es muss wahr gewesen sein; denn er traf meine Stirn mit einem Stein und spaltete sie mir; es muss doch im Wachen gewesen sein.â Dann sagte er wieder: âAber vielleicht habe ich es doch geträumt, als ich in deinen Armen einschlief; mir träumte, ich sei ohne Tarbusch und Hose nach Damaskus gereist und sei dort ein Koch geworden.â Dann war er wieder eine Weile ratlos und sprach: âBei Allah, mir ist auch, als hätte ich Granatapfelkerne zubereitet, ohne Pfeffer. Bei Allah, ich muss am stillen Ãrtchen eingeschlafen sein und das alles im Traum erlebt haben.â âBei Allahes willenâ, rief Sitt el-Husn, âund was hast du sonst noch gesehen?â Da erzählte Bedir Edin Hassan ihr alles; und schlieÃlich sagte er: âBei Allah, wäre ich nicht erwacht, so hatten sie mich an eine Holzfigur genagelt!â âWarum?â fragte sie; er sagte: âWeil an den Granatapfelkernen kein Pfeffer war; und mir ist, als hätten sie mir den Laden niedergerissen, meine Geräte zerschlagen und mich in eine Kiste gesteckt; und dann lieÃen sie den Zimmermann holen, um eine Holzfigur für mich zu Zimmern, denn sie wollten mich hängen. Aber jetzt, Allah sei Dank, dass all dies nur im Schlafe und nicht im Wachen geschehen ist!â Da lachte Sitt el-Husn und zog ihn an ihre Brust und er sie an seine; dann grübelte er von neuem und sagte: âBei Allah, es kann nur im Wachen gewesen sein; ich weià wirklich nicht, was es auf sich hat.â Darauf legte er sich nieder, aber er war ratlos; bald sagte er: âIch habe geträumtâ, bald: âEs war im Wachen!â Und so ging es bis zum Morgen. Da kam sein Oheim Schems Edin, der Wesir, zu ihm und grüÃte ihn; als Bedir Edin Hassan den erblickte, rief er: âBei Allah, bist du nicht der, der mir die Hände fesseln und meinen Laden zertrümmern lieà und der mich an das Holz nageln lassen wollte wegen der Granatapfelkerne, weil sie ohne Pfeffer waren?â Der Wesir sprach zu ihm: âWisse, mein Sohn, die Wahrheit ist nun offenbar geworden und was verborgen war, ist an den Tag gekommen: du bist der Sohn meines Bruders. Ich habe dies alles nur getan, um mich zu vergewissern, dass du wirklich der bist, der in jener Nacht zu meiner Tochter eingegangen ist. Ich konnte dessen nicht eher gewiss sein, als bis ich sah, dass du das Zimmer erkanntest und deinen Turban, deine Hose, dein Gold und die Papiere in deiner Handschrift und in der deines Vaters, meines Bruders; denn ich hatte dich nie zuvor gesehen und kannte dich nicht; deine Mutter aber habe ich mit mir aus Basra hierhergebracht.â Dann warf er sich seinem Neffen an die Brust und weinte. Als aber Bedir Edin Hassan von seinem Oheim diese Worte hörte, da geriet er in höchste Verwunderung und er fiel ihm um den Hals und weinte auch im ÃbermaÃe der Freude. Darauf sprach der Wesir zu ihm: âMein Sohn, der einzige Anlass für all dies ist das, was zwischen mir und deinem Vater vorfielâ; und er erzählte ihm, was das gewesen war und warum sein Vater nach Basra gezogen war. Und schlieÃlich lieà der Wesir den Knaben Adschib holen; als sein Vater ihn sah, rief er: âUnd dies ist der, der mich mit dem Stein getroffen hat!â Der Wesir aber sprach: âDies ist dein Sohn!â Da warf sich Bedir Edin Hassan an seines Sohnes Brust und er sprach die Verse:
Ich habe lange geweint, weil das Geschick uns getrennt hat; Und immer rannen mir aus meinen Augen die Tränen.
Ich gelobte, wenn je das Schicksal uns wieder vereinen sollte, Ich wolle nie wieder die Trennung mit meiner Zunge erwähnen. Die Freude ist plötzlich zu mir gekommen und hat über Nacht In ihrem ÃbermaÃe mich zum Weinen gebracht.
Als er die Verse geendet hatte, siehe, da trat seine Mutter herein; sie warf sich an seine Brust und sprach die Verse:
Wenn wir uns treffen, klagen wir;
Denn groÃe Leiden tun wir kund.
Die Klage aber ist nicht schön,
Kommt sie aus eines Boten Mund.
Dann erzählte seine Mutter ihm, wie es ihr seit seinem Aufbruch ergangen war; und er erzählte ihr, was er erduldet hatte. Da dankten sie Allah dem Erhabenen für ihre Wiedervereinigung. Zwei Tage aber nach seiner Ankunft ging der Wesir Schems Edin zum Sultan und als er bei ihm eintrat, küsste er vor ihm den Boden und
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