Märchen aus 1001 Nacht
nicht so behandelt!â Der Wesir sprach: âEs ist unsere Pflicht, dich zu strafen, damit du nicht wieder dergleichen tust!â Bedir Edin Hassan aber rief: âWahrlich, das Geringste von dem, was du mir angetan hast, wäre Strafe genug für mich!â Doch der Wesir erwiderte: âEs geht nicht anders, ich muss dich hängen lassen!â All das geschah, während der Zimmermann das Holz zurechtmachte und Hassan ihm zusah; und so ging es, bis die Nacht anbrach. Da nahm ihn sein Oheim, lieà ihn in die Kiste werfen und sagte: âMorgen soll der Befehl ausgeführt werden!â Dann wartete er, bis er merkte, dass Bedir Edin eingeschlafen war, lud die Kiste auf und ritt selbst mit der Kiste vor sich hinein in die Stadt und weiter, bis er in sein Haus kam; dort sagte er zu seiner Tochter Sitt el-Husn: âPreis sei Allah, der dich mit deinem Vetter wieder vereint hat! Mache dich auf und richte das Haus, wie es in deiner Brautnacht war.â Da wurden die Kerzen angezündet; der Wesir aber nahm den Plan, den er von der Hochzeitskammer gezeichnet hatte und lieà die Diener jedes Gerät wieder an seine Stelle rücken, sodass, wenn einer das sah, er nicht daran zweifeln konnte, dass es eben die Nacht der Hochzeit sei. Auch lieà er den Turban des Bedir Edin Hassan auf den Stuhl legen, wie er ihn mit eigener Hand hingelegt hatte und ebenso seine Hose und den Beutel, die unter dem Bett gelegen hatten. Darauf sagte er seiner Tochter, sie solle sich entkleiden, wie sie in der Hochzeitsnacht in der Kammer gewesen sei; und er fügte hinzu: âWenn dein Vetter zu dir eintritt, sage zu ihm: âDu bist mir lange ausgeblieben auf dem Abtritt!â und rufe ihn, dass er sich dir zur Seite lege und halt ihn bis Tagesanbruch im Gespräch; dann wollen wir ihm dies alles erklären.â Darauf lieà er Bedir Edin Hassan aus der Kiste nehmen, streifte ihm die Fesseln von seinen FüÃen ab, zog ihm seine Kleider aus, sodass er nur noch das feine Hemd anbehielt und auch ohne Hosen war. All dies geschah, während er schlief und nichts bemerkte. Nun geschah es, wie es das Schicksal bestimmt hatte, dass er sich auf die andere Seite legte und aufwachte; da fand er sich in einer erleuchteten Halle und sprach bei sich selber: âIch wandle wohl in den Irrgängen von Träumen.â Dann stand er auf und schritt etwas weiter zu einer inneren Tür und blickte hinein und siehe, das war ja die Halle, in der die Braut vor ihm entschleiert war; und dort sah er die bräutliche Kammer und den Stuhl und seinen Turban und all seine Kleider. Als er das sah, war er ratlos; er trat mit einem Fuà vor und mit dem anderen zurück und sagte: âSchlafe ich oder wache ich?â Dann begann er sich die Stirn zu reiben und sprach verwundert: âBei Allah, dies ist ja das Zimmer der Braut, die vor mir entschleiert wurde! Wo bin ich denn? Ich war doch eben noch in einer Kiste!â Wie er so mit sich selber sprach, hob plötzlich Sitt el-Husn den Zipfel des Vorhangs und sprach zu ihm: âO mein Gebieter, willst du nicht kommen? du bist recht lange auf dem Abtritt geblieben.â Als er ihre Worte hörte und ihr Gesicht erblickte, brach er in Lachen aus und sagte: âWahrlich, ich wandle in den Irrgängen von Träumen!â Dann trat er seufzend ein und dachte an das, was ihm geschehen war und er war ratlos über seinen Zustand und seine Lage wurde ihm nur noch unerklärlicher, als er seinen Turban sah und seine Hose und den Beutel mit den tausend Dinaren. Da murmelte er: âAllah ist allwissend! Ich wandle wahrhaftig in den Irrgängen von Träumen.â Sitt el-Husn aber sprach zu ihm: âWas ist dir, dass du so erstaunt und ratlos bist?â und sie fügte hinzu: âSo warst du nicht während des ersten Teils der Nacht!â Er aber lachte und fragte sie: âWie lange bin ich von dir fortgewesen?â Sie erwiderte: âAllah behüte dich und sein Name umschirme dich! Du bist gerade fortgegangen, um ein Geschäft zu verrichten und wolltest gleich wiederkommen, dein Verstand scheint abhanden gekommen zu sein.â Als Bedir Edin Hassan ihre Worte hörte, lachte er wieder und sagte: âdu hast recht; doch als ich dich verlassen hatte, vergaà ich mich auf dem Abtritt und ich träumte, ich sei Garkoch in Damaskus und wohne dort seit zehn Jahren; und zu mir käme ein Knabe, ein Kind vornehmer Leute, mit einem Eunuchen.â
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