Märchen aus 1001 Nacht
und Anmut geschmückt hat! Von ihrem Anblick verwirrten sich seine Gedanken, sein Blick war geblendet und die Liebe zu ihr erfüllte sein ganzes Herz. Wie betäubt kehrte er heim und trat ins Haus und hatte auf alle Worte seiner Mutter weder ein Ja noch ein Nein. Ebenso verhielt er sich, als sie ihm das Mittagessen auftrug, sodass sie zu ihm sagte: âMein Sohn, was ist dir widerfahren? Fehlt dir etwas? Sag mir, ob dir etwas widerfahren ist, denn du bist ganz anders als sonst und gibst mir keine Antwort, wenn ich zu dir rede.â Aladin aber hatte bisher geglaubt, dass alle Frauen wie seine Mutter wären und wusste, trotzdem er von der Schönheit der Herrin Bedr el- Budur, der Tochter des Sultans, vernommen hatte, nicht, was Schönheit und Anmut war. Nun wendete er sich zu seiner Mutter und sprach: âLass mich zufrieden.â Sie bat ihn jedoch inständig, näher zu kommen und zu essen, worauf er herzu trat und ein wenig aÃ. Dann erhob er sich und legte sich auf sein Bett, wo er brütend bis zum anderen Morgen dalag. Dies tat er noch am anderen Tage, sodass seine Mutter bestürzt wurde, da sie nicht wusste, was ihm fehlte. Im Glauben, er sei vielleicht krank, trat sie an ihn heran und sprach zu ihm: âMein Sohn, wenn du vielleicht Schmerzen oder sonst etwas verspürst, so sag es mir, damit ich dir den Arzt hole. Augenblicklich befindet sich in unserer Stadt ein Arzt aus Arabien, den der Sultan kommen lieà und das Gerücht geht von ihm, dass er sehr tüchtig ist. Wenn du krank sein solltest, so will ich gehen und ihn dir rufen.â
Als Aladin von seiner Mutter vernahm, dass sie den Arzt zu holen beabsichtigte, antwortete er: âMeine Mutter, ich bin wohl und nicht krank; ich glaubte nur, alle Frauen wären wie du, bis ich gestern die Herrin Bedr el-Budur, die Tochter des Sultans, ins Bad gehen sah.â Alsdann erzählte er seiner Mutter sein ganzes Erlebnis und sagte zu ihr: âVielleicht hast du den Ausrufer ankündigen hören, dass niemand seinen Laden öffnen und im Weg stehen sollte, damit die Herrin Bedr el-Budur ins Bad gehen könne. Ich sah sie jedoch leibhaftig, denn als sie zur Tür des Bades gelangte, lüftete sie den Schleier ihres Gesichtes; und als ich ihr Gesicht betrachtete und die edle Gestalt erblickte, da erfasste mich, O Mutter, jähes Liebesweh und die Sehnsucht nach ihr entbrannte in allen meinen Gliedern, sodass ich keine Ruhe mehr finde, wenn ich sie nicht gewinne. Ich beabsichtige deshalb, mich um sie bei ihrem Vater, dem Sultan, nach Sunna und Gebot zu bewerben.â Als Aladins Mutter seine Worte vernahm, glaubte sie, es fehle ihm an Verstand und sagte zu ihm: âO mein Sohn, Allahs Name sei auf dir! Es scheint, dass du den Verstand verloren hast, mein Sohn. Lass dich wieder zurechtsetzen und sei nicht wie ein Verrückter.â Aladin entgegnete ihr jedoch: âNein, meine Mutter, ich habe den Verstand nicht verloren und bin auch nicht verrückt. Deine Worte ändern meinen Sinn nicht, denn ich finde nicht eher Ruhe, als bis ich mein Herzblut, die hübsche Herrin Bedr el-Budur, gewonnen habe. Es bleibt dabei, dass ich mich bei ihrem Vater, dem Sultan, um sie bewerbe.â Seine Mutter erwiderte: âO mein Sohn, bei meinem Leben, sprich nicht solche Worte, damit sie nicht jemand hört und von dir sagt, du seiest verrückt. Sollten deine Worte aber wirklich ernst gemeint sein, so weià ich nicht, wie du es anstellen willst, solch ein Verlangen bei dem Sultan vorzubringen, oder durch wen du deine Bewerbung anbringen willst.â Aladin versetzte: âDurch wen anders als dich, meine Mutter, wo du anwesend bist; wer ist denn zuverlässiger als du? Ich wünsche, dass du selber dieses Gesuch für mich vorbringst.â Da sagte sie zu ihm: âMein Sohn, Allah befreie mich hiervon! Ich habe meinen Verstand nicht wie du verloren. Schlag dir diesen Gedanken aus dem Sinn und bedenke, wessen Sohn du bist, mein Kind: der Sohn des ärmsten und geringsten Schneiders dieser Stadt und ich, deine Mutter, bin ebenfalls aus ganz armem Haus. Wie wolltest du dich da vermessen und dich um die Tochter des Sultans bewerben, deren Vater sie nicht einmal mit Königssöhnen verheiraten würde, wenn sie nicht ebenso mächtig und stolz und edel wie er sind? Waren sie auch nur um eine Stufe niedriger an Rang wie er, so würde er ihnen seine Tochter nimmer geben.â Aladin lieà seine Mutter
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