Märchen aus 1001 Nacht
trittst und von ihm verlangst, was ich begehre. Willst du dich jedoch nicht bemühen, mir zur Erlangung meines Wunsches behilflich zu sein, so wisse, dass ich sterben muss.â Da erhob sich Aladins Mutter und holte die Porzellanschüssel, indem sie bei sich sprach: Ich will doch sehen, ob meines Sohnes Worte wahr sind oder nicht.
Alsdann stellte sie die Schüssel vor ihn, worauf Aladin aus den Beuteln Edelsteine aller Sorten hervorholte und sie in die Schüssel packte, bis er sie gefüllt hatte. Als dann seine Mutter in die Schüssel blicken wollte, vermochte sie nicht ihre Augen fest darauf ruhen zu lassen, sondern musste, geblendet von dem Glanz und Licht der Edelsteine und ihrem allzu scharfen Blitzen, mit den Augen zwinkern, sodass sie ganz verwirrt wurde; doch war sie nicht sicher, ob ihr Wert wirklich so hoch war, wiewohl sie fast des Glaubens war, ihr Sohn könnte die Wahrheit gesprochen haben, dass ihresgleichen nicht bei den Königen zu finden sei. Hierauf wendete sich Aladin zu ihr und sagte: âdu siehst, meine Mutter, dass dieses für den Sultan bestimmte Geschenk prächtig ist und ich bin überzeugt, dass es dir hohe Ehre bei ihm eintragen und er dich mit aller Hochachtung aufnehmen wird. Und nun, wo du keine Entschuldigung mehr hast, sei so freundlich und erheb dich und trage diese Schüssel zum Serail.â Seine Mutter erwiderte: âFürwahr, mein Sohn, das Geschenk ist sehr kostbar und wertvoll und keiner mag, wie du es sagst, etwas dem Ãhnliches besitzen. Wer aber besäÃe die Kühnheit, zum Sultan zu gehen und bei ihm um seine Tochter Bedr el-Budur anzuhalten? Ich fürchte, ich habe nicht den Mut, zu ihm zu sprechen: âIch begehre deine Tochterâ, wenn er mich nach meinem Begehr fragt; denn meine Zunge würde gelähmt sein. Trotz alledem, mein Sohn, will ich aus Rücksicht auf dich mir ein Herz fassen und hingehen; jedoch, mein Kind, wenn mich der König wirklich wegen des Geschenkes empfangen und auszeichnen sollte und wenn ich dann deinem Wunsche gemäà seine Tochter von ihm zur Ehe für dich begehre, was soll ich ihm dann antworten, wenn er mich fragt, wie es der Leute Brauch ist: âWas hast du für Besitzungen und Einkünfte?â Ja vielleicht fragt er mich hiernach, bevor er sich nach dir erkundigt?â Aladin antwortete ihr: âEs ist unmöglich, dass der Sultan hiernach fragen sollte, wenn er die Juwelen und ihre Pracht sieht; du brauchst dir nicht um Sachen, die nicht geschehen werden, Gedanken zu machen. Steh nur auf, bewirb dich bei ihm um seine Tochter und übergib ihm diese Juwelen, du hast doch bereits erfahren, meine Mutter, dass uns jetzt die Lampe, die ich besitze, versorgt und dass sie mir alles, was ich von ihr verlange, beschafft; ich hoffe auch, durch sie zu erfahren, was ich dem Sultan zu antworten habe, wenn er mich hiernach fragen sollte.â
Alsdann besprachen Aladin und seine Mutter diese Angelegenheit die ganze Nacht über und als der Morgen anbrach, erhob sich Aladins Mutter und stärkte ihr Herz, zumal, wo Aladin ihr ein wenig von den Kräften der Lampe erklärt hatte, dass sie nämlich alles, was sie verlangten, beschaffen würde. Da aber Aladin sah, dass seine Mutter sich ein Herz fasste, als er ihr die Beschaffenheit der Lampe auseinander setzte, fürchtete er, sie könnte hierüber zu den Leuten schwatzen und sagte zu ihr: âMeine Mutter, hüte dich, über die Lampe und ihre Kräfte zu irgendjemand zu reden, da sie unsern Reichtum ausmacht. Nimm dich zusammen und sprich über sie nicht zu viel zu irgendeinem, damit wir sie nicht verlieren und zugleich mit ihr unser Wohlleben, das von ihr herrührt.â Seine Mutter versetzte: âSei hierüber unbesorgt, mein Sohn.â Alsdann erhob sie sich, nahm die Schüssel mit den Juwelen und wickelte sie in ein feines Tuch, worauf sie hinausging, um in den Diwan zu gelangen, bevor er noch gedrängt voll war. Als sie zum Serail gelangte, war der Diwan noch nicht vollzählig und sie sah den Wesir und einige der GroÃen des Reiches eintreten. Nach einiger Zeit waren alle Wesire und Reichshäupter sowie die Vornehmen, die Emire und GroÃen vollzählig versammelt und bald darauf erschien der Sultan, worauf die Wesire und die übrigen Vornehmen und GroÃen ihm aufwarteten. Hierauf setzte er sich im Diwan auf den Thron des Reiches und alle, die sich im Diwan befanden, traten vor ihn und
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