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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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machen war, da erzählte sie ihr alles, wie es sich verhielt.
    »Dein Vater«, sagte sie, »ist entrüstet über die Lieblosigkeit des Mosü. Obwohl er nun dafür sorgen will, dass ihr beiden wieder zusammenkommt, hat er ihm gegenüber nur verlauten lassen, du seiest unser leibliches Kind. Darum war der Mosü mit Freuden zu der Heirat bereit. Wenn heute abend nun die Hochzeit gefeiert wird, dann musst du es so und so machen, damit du deinen gerechten Zorn an ihm ein wenig kühlen kannst.«
    Als sie das alles gehört hatte, da trocknete Goldtöchterchen ihre Tränen und bedankte sich bei ihren Pflegeeltern. Darauf schmückte sie sich für die neue Hochzeitsfeier.
    Am Abend des Tages nun kam Mosü mit Goldblumen auf dem Hut und einer roten Schärpe um die Brust auf festlich geschmücktem Pferde mit großem Gefolge angeritten. Alle seine Freunde und Bekannten kamen mit ihm, um bei der Feier zugegen zu sein.
    In Herrn Hüs Hause war ebenfalls alles mit bunten Tüchern und Laternen geschmückt. Mosü stieg vor dem Saal vom Pferde. Herr Hü hatte ein Festmahl bereitet und führte Mosü und seine Freunde zur Tafel. Als sie drei Becher getrunken, da kamen die Dienerinnen und baten den Mosü ins innere Gemach. Die Braut im rotem Schleier wurde von zwei Dienerinnen herausgeführt. Nach den Rufen des Festmeisters verehrten sie zusammen Himmel und Erde, dann die Schwiegereltern. Dann gingen sie ins Hochzeitsgemach. Dort brannten bunte Kerzen, und ein Festmahl war aufgetischt. Mosü fühlte sich glücklich wie im neunten Himmel.
    Als er jedoch das Gemach betreten wollte, da kamen auf beiden Seiten der Tür sieben, acht Mägde hervor, die hielten Bambusstöcke in der Hand, mit denen schlugen sie unbarmherzig auf ihn ein. Sie schlugen ihm seinen Festhut vom Kopfe, und dann hagelten die Streiche auf Schultern und Rücken. Mosü rief um Hilfe. Da hörte er im Zimmer eine zarte Stimme sprechen: ,,Ganz braucht ihr ihn nicht tot zu schlagen, den herzlosen Bräutigam. Bittet ihn herein zur Begrüßung!«
    Da ließen die Mägde ab von ihm und drängten sich um die Braut, der sie den Hochzeitsschleier abnahmen.
    Mosü verneigte sich gesenkten Hauptes und sprach: »Was habe ich denn getan...« Aber als er die Augen aufschlug, da stand niemand anderes vor ihm als seine Frau Goldtöchterchen!
    Er zuckte vor Schreck zusammen und schrie: »Ein Gespenst! Ein Gespenst!« Aber alle Dienerinnen brachen in lautes Gelächter aus.
    Endlich kam Herr Hü mit seiner Frau herein, der sprach: »Mein lieber Schwiegersohn, sei versichert, das ist meine Pflegetochter, die ich auf meiner Reise hierher aufgenommen habe, kein Gespenst.«
    Da fiel Mosü eiligst auf seine Knie und sprach: »Ich habe mich versündigt, ich bitte um Gnade!« und machte unablässig Kotau.
    »Das geht mich nichts an,« erwiderte Herr Hü, »wenn nur unser Töchterchen gut mit dir auskommt, dann ist alles gut.«
    Goldtöchterchen aber spuckte ihm ins Gesicht und fing an: »Du kaltherziger Schurke! Erst warst du arm und dürftig. Wir nahmen dich in unsere Familie auf und ließen dich studieren, dass du es zu etwas brachtest und dir einen Namen machtest. Aber kaum warst du Beamter und angesehen, da verkehrte sich deine Liebe in Feindschaft, und du vergaßest deine Gattenpflicht und stießest mich in den Fluss. Zum Glück habe ich da meinen lieben Pflegevater gefunden, der mich herausgezogen und an Kindes Statt angenommen hat. Sonst hätte ich mein Grab gefunden im Bauch der Fische. Wie konntest du das nur über dich bringen! Und wie kann ich es mit meiner Ehre vereinigen, nun wieder mit dir zusammen zu leben?«
    Mit diesen Worten fing sie laut zu heulen an, und einen hartherzigen Schurken nach dem anderen warf sie ihm an den Kopf.
    Mosü lag in sprachloser Beschämung vor ihr auf den Knien und flehte sie um Verzeihung an.
    Als nun Herr Hü bemerkte, dass Goldtöchterchen sich durch Schimpfen genügend Luft gemacht hatte, da half er ihm auf die Beine und redete ihm zu: »Mein lieber Schwiegersohn, wenn du deine Schuld bereust, so wird Goldtöchterchen allmählich auch zu zürnen aufhören. Ihr seid ja wohl ein altes Ehepaar. Aber ihr habt heute in meinem Hause aufs Neue einen Ehebund geschlossen, so tut mir den Gefallen und höret, was ich sage. Mosü, du hast eine schwere Schuld auf dich geladen; darum musst du es deiner Frau nicht übelnehmen, wenn sie etwas ungehalten ist, sondern Geduld mit ihr haben. Ich will meine Frau rufen, damit sie zwischen euch Frieden stiftet.«
    Mit diesen

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