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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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Worten ging Herr Hü hinaus und schickte seine Frau, der es endlich mit vieler Mühe gelang, die beiden wieder zu versöhnen, so dass sie aufs Neue den Ehebund zusammen schlossen.
    Und sie hielten einander lieb und wert, noch einmal so sehr als vorher. Alles war eine Glückseligkeit und Freude. Und als Herr Hü und seine Frau später starben, da trauerten sie um sie wie um ihre leiblichen Eltern.

94. Die schöne Giauna
    Es war einmal ein Nachkomme des Konfuzius. Dessen Vater hatte einen Freund, der im Süden Beamter war und den jungen Mann als Sekretär anstellte. Als er aber an dem Orte seines Wirkens ankam, da war der Freund des Vaters schon gestorben. Er war nun in großer Verlegenheit, da er nicht die Mittel hatte, um wieder heim zu reisen. So suchte er denn zunächst eine Unterkunft in dem Kloster Puto, wo er für den Abt heilige Bücher abschrieb.
    Etwa hundert Schritte westlich von dem Kloster steht ein verlassenes Haus. Eines Tages war großer Schnee gefallen, und als der junge Kung zufällig an der Tür jenes Hauses vorbeikam, da sah er einen Jüngling, gut gekleidet und von hübschem Aussehen. Der machte ihm eine Verbeugung und bat ihn, näher zu treten. Der junge Kung war ein Gelehrter und hatte Sinn für Feinheit des Auftretens. Als er nun in dem Jüngling einen gleichgesinnten Genossen fand, da gewann er ihn lieb und folgte ihm in das Haus. Die Wohnung war ausnehmend reinlich gehalten. Seidene Vorhänge hingen an den Türen, und an den Wänden waren Bilder guter alter Meister. Auf dem Tisch lag ein Buch, das hatte den Titel: »Geschichten des Korallenrings«. Korallenring war der Name einer Höhle. Einst war ein Mönch von Puto, der war überaus gelehrt. Er war von einem Greis in die Höhle geführt worden. Da sah er auf den Büchergestellen eine Menge Bücher. Der Greis sagte: »Das ist die Geschichte der verschiedenen Dynastien.« In einem zweiten Raum war die Geschichte sämtlicher Völker der Erde. Ein dritter Raum war von zwei Hunden bewacht. Der Greis erklärte: »In diesem Raume sind geheime Berichte der Unsterblichen über die Art, wie sie das ewige Leben erlangt haben. Die beiden Hunde sind zwei Drachen.« Der Mönch blätterte in den Büchern. Es waren alles Werke aus uralten Zeiten, die er noch nie gesehen hatte. Er wäre gerne in der Höhle geblieben; aber der Greis sagte zu ihm: »Es geht nicht an«, und ließ ihn durch einen Knaben wieder hinausführen. Jene Höhle hieß Korallenring, und sie war in dem Buche beschrieben, das auf dem Tische lag.
    Der Jüngling fragte den Kung nach Namen und Heimat, und dieser erzählte ihm seine ganze Geschichte. Der Jüngling bedauerte ihn sehr und riet ihm, eine Schule zu eröffnen.
    Kung erwiderte seufzend: »Ich bin in der Gegend ganz unbekannt und habe niemand, der mich empfiehlt.«
    Der Jüngling sprach: »Wenn Ihr mich nicht für gar zu unwürdig und dumm haltet, so möchte ich gerne Euer Schüler werden.«
    Der junge Kung war hoch erfreut: »Ich wage nicht Euer Lehrer zu sein. Aber wir wollen als Freunde zusammen uns der Wissenschaft widmen.« Er fragte ihn dann noch, weshalb das Haus solange leer gestanden?
    Der Jüngling sprach: »Der Eigentümer des Hauses ist auf das Land gezogen. Wir kommen von Schensi und haben das Haus für einige Zeit entlehnt. Erst vor ein paar Tagen sind wir eingezogen.«
    Die beiden plauderten und scherzten vergnügt miteinander, und der junge Mann lud ihn ein, über Nacht dazubleiben. Er befahl einem kleinen Knaben, eine Kohlenpfanne anzuzünden.
    Dann ging er geschwind ins hintere Zimmer, kam aber bald wieder und sagte: »Mein Vater ist da.«
    Während sich Kung erhob, trat ein Greis mit langem, weißem Bart und Augenbrauen ins Zimmer und sprach, indem er ihn begrüßte: »Ihr habt Euch bereit erklärt, meinen Sohn zu unterrichten. Ich bin Euch dafür sehr dankbar. Ihr dürft ihn aber nicht als Freund behandeln, sondern müsst strenge mit ihm sein.«
    Dann ließ er seidene Gewänder bringen und eine Zobelmütze und ebensolche Strümpfe und Schuhe und bat ihn, die Kleider zu wechseln. Wein und Speisen wurden aufgetragen. Die Polster und Decken der Tische und Stühle waren von Stoffen, die er gar nicht kannte. Ihre schimmernde Farbenpracht blendete das Auge. Nach einigen Bechern Wein zog sich der Greis zurück. Darauf zeigte der Jüngling seine Aufsätze. Sie waren alle im Stil der alten Meister, nicht in der neumodischen achtteiligen Form.
    Als er ihn darüber befragte, sagte der Jüngling lächelnd: »Es liegt mir gar

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