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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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lieb in seinem Herzen. Schweigend saß er da. Die Alte sprach: »Ich wüßt’ es wohl, der junge Herr ist einverstanden. Geht nur voraus, wir wollen dann die Braut Euch bringen.«
    Siä sagte ja und eilte, es seinem Vater anzusagen. Sein Vater war ratlos in seiner Aufregung. Er gab ihm einen Vorwand und wollte ihn zurückschicken, um dankend abzulehnen. Aber Siä war nicht gewillt zu gehen. Während der Hin- und Widerreden war der Wagen mit der Braut schon vor der Tür. Eine Schar von Grünröcken umgab ihn, und das Fräulein trat herein und machte vor den Schwiegereltern eine höfliche Verbeugung. Als die sie sahen, waren sie beide froh, und auf den Abend ward die Hochzeitsfeier angesetzt.
    Das neue Paar lebte in Frieden und Eintracht. Und seit der Heirat nahten sich die göttlichen Schwiegereltern häufig ihrem Hause. Waren dann die Kleider, die sie trugen, rot, so stand ein Glück, waren sie weiß, so stand ein Gewinn in sicherer Aussicht. So wurde die Familie mit der Zeit begütert.
    Seit der Verbindung mit den Göttern aber wimmelte es in Zimmern, Höfen und an allen Orten von Fröschen. Und niemand wagte, ihnen etwas zu tun. Nur Siä Kung-Schong war jung und rücksichtslos. War er in guter Laune, so kümmerte er sich nicht um sie; war er aber schlecht aufgelegt, dann kannte er keine Schonung und trat sie gar absichtlich zu Tode.
    Die junge Frau war zwar im allgemeinen bescheiden und gehorsam, doch wurde sie leicht heftig. Sie war mit ihres Mannes Tun nicht einverstanden. Aber Siä tat ihr den Gefallen nicht, von seiner groben Art zu lassen. So tadelte sie ihn denn darob. Er aber wurde böse.
    »Denkst du,« sprach er, »weil deine Eltern Unglück über Menschen bringen können, werde sich ein rechter Mann vor einem Frosche fürchten?«
    Die Frau vermied es ängstlich, den Namen »Frosch« zu nennen; so ward sie denn ob seiner Rede zornig und sagte: »Seit ich in eurem Hause bin, haben eure Felder mehr Ertrag gegeben, und beim Verkauf habt ihr höheren Preis erhalten. Das ist doch nicht wenig. Nun aber bei euch alt und jung in der Wolle sitzt und sich herausgefüttert hat, machst du es wie die junge Eule, die ihrer Mutter die Augen aushackt, wenn sie flügge geworden.«
    Siä wurde noch heftiger und fuhr los: »Schon lange sind mir diese Gaben als unrein zuwider. Solchen Besitz auf Söhne und Enkel zu vererben, bringe ich nicht über mich. Besser wäre es, wir trennten uns gleich.«
    So verstieß er denn seine Frau, und ehe noch seine Eltern davon erfuhren, war sie schon fort. Die Eltern schalten und hießen ihn schleunigst gehen, um sie zurückzuholen. Er aber, noch in vollem Zorn, wollte nicht nachgeben.
    In derselben Nacht wurden Mutter und Sohn krank. Sie waren matt und aßen nichts. Der Vater, voll Besorgnis, ging in den Tempel, um Verzeihung zu erflehen. Er betete so ernstlich, dass nach drei Tagen die Kranken wieder gesund waren. Und auch die Froschprinzessin stellte sich wieder ein, und beide lebten glücklich und vergnügt zusammen wie zuvor.
    Die junge Frau aber saß den ganzen Tag da, nur beschäftigt mit Putz und Schminke, und kümmerte sich nicht um weibliche Handarbeit. So musste denn für die Kleider des Siä Kung-Schong immer noch seine Mutter sorgen.
    Eines Tages war die Mutter ärgerlich und sprach: »Mein Sohn hat eine Frau, und doch hängt die ganze Arbeit noch an mir. Anderswo dient die Schwiegertochter der Schwiegermutter. Bei uns muss die Schwiegermutter ihre Schwiegertochter bedienen.«
    Die Prinzessin hörte das zufällig. Aufgeregt kam sie herein und fing an: »Hab ich es etwa schon daran fehlen lassen, wie es sich gehört, des Morgens und des Abends nach Euch zu sehen? Was mir abgeht, ist nur, dass ich nicht aus Liebe zum schnöden Geld mir selbst alle Mühsal aufladen mag.« Die Mutter antwortete kein Wort. Sie weinte nur still vor sich hin ob der erlittenen Beschämung.
    Ihr Sohn kam dazu und bemerkte die Tränenspuren seiner Mutter. Er drang in sie nach dem Grund und erfuhr, was sich begeben. Er machte zornig seiner Frau Vorwürfe. Die machte Einwände und wollte ihr Unrecht nicht zugeben. Schließlich sprach Siä: »Besser keine Frau haben als eine, die ihrer Schwiegermutter keine Freude macht! Was kann mir der alte Frosch schließlich tun, wenn ich ihn böse mache, als dass er Unglück schickt und mir das Leben nimmt?« So verstieß er abermals seine Frau.
    Die Prinzessin verließ das Haus und ging weg. Am anderen Tage brach im Wohnhaus Feuer aus, das auf mehrere Gebäude

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