Maerchen aus Malula
Samira an den König. »Der Fisch hat den Wesir und deine Frau bespuckt, weil sie dich seit über sechs Monaten langsam vergiften. Sie wagten es nicht, dich zu töten, sondern wollten dich einen grausam langen Tod sterben lassen, damit sie über jeden Verdacht erhaben sein würden. Doch im Traum sah ich, daß sie deinem Essen und dem Wein heute ein tödliches Salz beigemischt haben. Weder der Fisch noch die Geschichten haben sie zur Umkehr bewegt. Sie wollten dich umbringen und mich beschuldigen.«
Der Wesir Rotatkid lachte laut. »Sie ist verrückt, die Kleine!« rief er.
»Weißt du, was du da sagst, Samira?« fragte der König mit trockener Kehle.
»Ja, o Freund, das weiß ich, die Hexen bemühten sich tüchtig, aber sie waren auf dem falschen Weg. Du hast deine Augen auf alle Länder gerichtet, um uns zu schützen, während du die Habsucht Rotatkids und deiner Frau nicht hast sehen können, weil sie dir zu nahe standen. Laß sie deinen Teller leeren und deinenWein austrinken, und wenn ich gelogen habe, dann kannst du mich töten.«
»Ich will niemanden töten«, flüsterte der König und schaute seine erbleichende Frau an. Eine Weile verging, doch weder die Frau noch der Wesir wagten es, vom vergifteten Essen oder Wein zu sich zu nehmen.
»Trinkt und eßt, wie Samira vorschlug, oder verschwindet für alle Ewigkeit aus meinem Haus«, befahl Habib und blickte zu Boden. Totenstille herrschte im Eßzimmer.
»Sie ist verrückt, und du bist wirklich ein Narr! Ich lasse mir nicht von einer stinkenden Fischerstochter befehlen, was ich zu essen und zu trinken habe«, schrie Rotatkid und wollte hinausrennen, aber die Freunde des Königs hielten ihn fest.
»Habib, verzeih mir«, schluchzte die Königin, »er hat gesagt …«
»Verschwinde!« unterbrach der König sie, doch die Versammelten prügelten Rotatkid so lange, bis er verriet, was für ein Gift er dem König seit Monaten gegeben hatte.
»Nun, laßt diesen Verbrecher laufen. Er ist in unseren Herzen bereits gestorben. Gegen das Gift haben wir schon ein gutes Mittel«, sagte eine weise Hexe, die herbeigerufen worden war. Die beiden Verschwörer verschwanden für immer.
König Habib aber erholte sich langsam vom Gift und lebte, wie man erzählt, lange und glücklich.
Na, Sie wollen noch wissen, ob der König Samira heiratete, ja?
Man hat es den beiden zwar empfohlen, doch auf ein solch abgenutztes Ende der Geschichte hatten sie keine Lust und haben darauf verzichtet.
DIE LEICHTGLÄUBIGEN
oder
WIE EINE TAUBE
ZWEI GÄNSE RETTETE
Es war einmal eine Frau, die große Angst um ihren einzigen Sohn hatte. Drei Kinder waren ihr bereits im jüngsten Alter gestorben. So sparte sie weder mit Weihrauch noch mit Amuletten, um die bösen Blicke von ihrem Einzigen abzuwenden. Ihr Gatte, ein Schneider, war nicht weniger um seinen Stammhalter besorgt. Er wäre nicht davor zurückgeschreckt, Löwenmilch zu besorgen, wenn sie für die Gesundheit seines kränkelnden Sohnes nützlich gewesen wäre. Das Ehepaar war wegen seiner Überängstlichkeit bekannt, und die Nachbarschaft lachte über seine übertriebene Sorge um das Kind, das weder mit den anderen Kindern spielen noch etwas von ihren Broten naschen durfte.
Eines Tages kam der Mann mit einer großen Gans nach Hause. »Ein Kunde hat mir empfohlen, unser Sohn solle Gänseleber essen, damit er kräftig wird. Hier, brate sie für ihn«, sagte er und eilte in sein Geschäft zurück.
Ein Mann, der den Schneider mit der Gans gesehen hatte, wartete, bis die Frau wieder allein war, und klopfte bei ihr an. »Koche für mich einen Kaffee, damit ich dein Kind segne«, verlangte er. Die Frau lud ihn sofort in ihr Haus ein und kochte für ihn einen jemenitischen Mokka, den besten Kaffee der Welt. Als der Mann den ersten Schluck genommen hatte, schaute er um sich. »Gott schütze deinen Sohn für diesen Kaffee, aber ich rieche eine Gans.«
»Ja, mein Mann hat sie gebracht, damit wir …«
»Schenke mir die Gans«, unterbrach sie der Gast, »sonst verfluche ich deinen Sohn. Mein Fluch wird ihm Gelbfieber und Masern bringen. Ich bin sehr fromm, und meine Wünsche und Verwünschungen werden im Himmel erhört«, fuhr der Mann fort.
»Um Gottes willen!« entsetzte sich die Frau. »Nimm diese Worte nicht in deinen Mund, sie könnten meinem Kind Unheil bringen. Ich gebe dir die Gans, aber was soll ich meinem Mann sagen, wenn er nach Hause kommt?«
»Sage, weil er die Gans nicht vorher geschlachtet habe, sei sie davongeflogen.
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