Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
tränen immerfort. Mit jedem Tag sehe ich schlechter und schlechter.“ Sygsegyr fragte: „Und wohin wollte der erhabene Nojon reiten?“
„Ich verlor sieben Pferde und suche sie jetzt!“
„Komm herauf, und ich werde für dich die Pferde aufspüren“, antwortete Sygsegyr.
„Wie kann ich aber hinaufklettern?“ sagte der Nojon. „Du siehst doch, was für einen wertvollen Pelz ich anhabe, aus Fuchsfell und auf Seide gearbeitet. Ich werde ihn mir an den Ästen zerreißen.“
„Dann ziehst du ihn einfach aus und legst ihn neben den Baum“, riet Sygsegyr. Der Nojon kletterte zur Baumspitze empor, löste Sygsegyrs Stricke und ließ sich selber festbinden, damit er nicht herunterfalle.
„Wenn die Krankheit geheilt ist, nimm dein Messer und schneide den Strick durch“, sagte Sygsegyr, kletterte eilends herab, zog sich den Fuchspelz an, bestieg das rehbraune Pferd und sprengte davon.
Inzwischen kamen von sieben Richtungen die sieben Glatzköpfe mit dem Reisigholz heran und zündeten den Baum an, auf dem der Nojon saß.
Als sie abends wieder zu Hause angelangt waren und sich umschauten, trauten sie ihren Augen kaum: Stand doch, als ob überhaupt nichts gewesen wäre, Sygsegyr vor ihnen, mit einem kostbaren Pelz aus Fuchsfell, auf blaue Seide gearbeitet, und ein paar Schritte weiter war ein rehfarbenes Pferd mit reichem Zaumzeug angebunden.
„Wir haben dich doch verbrannt!“ schrien die Glatzköpfe. „Wie kannst du überhaupt hiersein?“
Sygsegyr aber erwiderte: „Als ihr mich verbrannt hattet, erhob ich mich zusammen mit dem Rauch bis zum Himmel. Dort schritt ich auf den Wolken umher und gelangte schließlich zum Palast des Drachenkhans. Dort ist es Sitte und Brauch, jedem fremden Pilger ein Pferd zu schenken, auf daß er damit in den Lüften einherreiten kann. Auch den Fuchspelz gab man mir. Zu schade, daß ihr nicht mit mir dort oben gewesen seid. Aber betrübt euch deswegen nicht! Wie ich über das Meer hinwegsprengte, bemerkte ich von oben, daß auf dem Meeresgrund eine ganze Herde Pferde weidete, und es war weder ein Hirt noch ein Besitzer dabei.“
Kaum hatten die glatzköpfigen Reichen das vernommen, da fingen sie auch schon an geschäftig zu werden und fragten: „Wo ist das? Wo ist das?“
„Kommt mit mir“, sagte Sygsegyr.
Er führte die Unersättlichen ans Ufer des Meeres und sprach zum Fettesten von den sieben: „Hier hast du eine Stange. Steige damit ins Wasser. Sobald du die Pferde erblickst, winkst du mit der Stange, alsdann stürzt ihr anderen euch auf die Beute.“
Der fette Glatzkopf griff gierig nach dem Stock und stieg damit ins Wasser. Er machte etwa fünf, sechs Schritte, da geriet er in eine Spalte des Meeresbodens. Die Stange kam ins Schwanken, und der Fettwanst versank.
Sygsegyr begann zu schreien: „Schnell, steigt hinter ihm her, sonst nimmt er alle Pferde für sich allein!“
Sogleich warfen sich die reichen Kahlköpfe in die Fluten und ertranken ebenfalls. Niemand hat sie seitdem wieder erblickt.
Hier sieht man, wohin Habsucht und Bosheit führen können.
N. Choiha
Aschenhans und der Troll
Ein Märchen aus Norwegen
Ein Bauer hatte drei Söhne. Er lebte in dürftigen Verhältnissen und war schon alt und schwach, seine Söhne aber wollten nicht recht an die Arbeit. Zu dem Gehöft gehörte ein großer, schöner Wald, und darin - so wollte es der Vater - sollten die Burschen Holz hauen, damit sie etwas von der Schuld abbezahlten.
Endlich brachte er sie denn auch in Trab, und der älteste Sohn sollte zuerst ins Holz. Als er nun in den Wald gekommen war und eine alte borkige Tanne umzuhauen begann,trat plötzlich ein ungeheurer Troll auf ihn zu und schrie: „Scher dich fort aus meinem Wald. Einen Schlag noch, und ich reiße dir den Kopf ab!“ Als der Bursche dies hörte, warf er die Axt weg und lief, was er nur konnte, wieder nach Hause. Er kam ganz atemlos an und erzählte, was ihm begegnet war. Doch der Vater sagte: „Was bist du für ein Hasenherz. Als ich jung war, haben mich die Trolle niemals gehindert, Holz zu schlagen.“
Am andern Tag sollte der zweite Sohn in den Wald gehen. Dem erging es jedoch genauso. Als er ein paar Hiebe getan hatte, trat der Troll auf ihn zu und sprach: „Scher dich fort aus meinem Wald. Einen Schlag noch, und ich reiße dir den Kopf ab!“
Der Bursche wagte kaum, ihn anzusehen, warf die Axt weg und machte sich - ebenso wie der Bruder - auf die Beine. Als er nach Hause kam, meinte der Vater wieder, als er selbst noch
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