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Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre

Titel: Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viele Verschiedene
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Wesire.
    „Wirklich?“ spottete Sultan Sojun. „Ich will euch auf die Probe stellen. Sucht mir Worte, die mich gleichzeitig trösten und betrüben. Ich gebe euch drei Tage Zeit. Findet ihr bis dahin die Worte nicht, so jage ich euch alle davon!“
    Die Wesire setzten sich zusammen und zerbrachen sich über der Aufgabe des
    Padischah den Kopf. Drei Tage lang bemühten sie sich, doch sie fanden die Worte nicht.
    Da sprach der Hauptwesir: „Wenn wir die Worte nicht finden, jagt uns der Padischah davon. Es gibt nur einen Ausweg, zu Mirali zu gehen und ihn um Verzeihung und um Hilfe zu bitten.“
    Die anderen Wesire stimmten ihm zu, und alle begaben sich ins Gefängnis. „Mirali“, sagten sie, „wir bereuen, was wir dir angetan haben, und wir werden den Padischah bitten, dich aus der Haft zu entlassen. Aber wir brauchen deine Hilfe. Der Padischah befahl uns, Worte zu suchen, die ihn trösten und gleichzeitig betrüben. Wir denken schon drei Tage darüber nach; doch wir können die Worte nicht finden.“
    „Gut“, antwortete Mirali, „geht zum Padischah und sagt: ,Auch dein Kummer geht vorüber, denn alles geht vorüber,' Mit den Worten ,Auch dein Kummer geht vorüber' tröstet ihr den Sultan. Und wenn ihr hinzufügt, ,denn alles geht vorüber', wird er traurig, weil ihr ihn daran erinnert, daß er sterblich ist.“
    Am nächsten Tag gingen die Wesire zu Sultan Sojun. Sie trafen ihn bedrückt und nachdenklich an.
    „Ach, Padischah, sei nicht traurig!“ sprach ihn der Hauptwesir an. „Auch dein Kummer geht vorüber, denn alles geht vorüber.“
    Als Sultan Sojun das hörte, blickte er sie durchdringend an und fragte: „Sind euch diese Worte selbst eingefallen?“
    Der Hauptwesir erwiderte: „Padischah, wenn du uns Elenden verzeihst, werden wir dir die Wahrheit sagen.“
    „Gut“, meinte Sultan Sojun, „redet!“
    „Die Worte sind nicht uns eingefallen. Mirali sagte sie uns.“
    Da maß der Padischah seine Wesire mit einem verächtlichen Blick.
    „Ich wußte es“, sprach er, „denn nur die Worte eines Dichters vermögen das Herz des Menschen zu rühren und es zu gleicher Zeit froh und traurig zu stimmen. Lauft ins Gefängnis und befreit Mirali. Jeder von euch soll ihn ein Stück auf seinem Rücken tragen.“
    So wurde der verleumdete Mirali aus dem Gefängnis geholt.
    Das Volk jubelte und lachte, als sein guter Mirali im geflickten Kittel von dicken Wesiren durch die Stadt getragen wurde.

Der Falke unter dem Hut
    Ein russisches Märchen
    Es war einmal ein Mütterchen, das hatte zwei Söhne. Der eine war verstorben, der andere zog in die Welt hinaus. Drei Tage nachdem er fortgewandert war, klopfte ein Soldat an ihre Tür und bat: „Laß mich in deinem Haus übernachten, Mütterchen.“
    „Tritt ein, mein Bester. Wo kommst du her?“
    „Ach, ich bin Nirgendwer und komme aus dem Jenseits her.“
    „Soso, mein Guter, hast du dort nicht zufällig meinen verstorbenen Sohn getroffen?“
    „Freilich, wir wohnten doch zusammen in einer Stube.“
    „Was du nicht sagst!“
    „Ja, Mütterchen, er hütet die Kraniche in den himmlischen Gefilden.“ „Sicherlich muß er sich da entsetzlich plagen?“
    „Und wie! Die Kraniche gehen so gern ins Dornengestrüpp.“
    „Seine Sachen sind wohl schon zerrissen?“
    „Gar nicht zu sagen! Sie hängen in Fetzen um seinen Leib.“
    „Ich hab hier vierzig Ellen Leinwand im Spind und an die zehn Rubel Geldes, mein Bester. Bring das meinem Sohn, sei so freundlich.“
    „Gern, Mütterchen.“
    Die Tage gingen hin, die Monde gingen hin, und eines Tages kehrte der Sohn aus der Fremde heim.
    „Wie ist es dir ergangen, Mütterchen?“
    „Als du fort warst, kam ein Mann zu mir. Er hieß Nirgendwer und kam aus dem Jenseits her. Er hat mir von deinem verstorbenen Bruder erzählt, denn die beiden wohnten in ein und derselben Stube. Ich gab ihm ein wenig Leinwand und zehn Rubel für den Verstorbenen mit.“
    „Hast du das getan“, sprach der Sohn, „so zieh ich wieder in die weite Welt und werd wandern ohne Ruh, bis ich einen find, der noch dümmer ist als du. Und find ich keinen, dann wirst du mich nicht mehr Wiedersehen.“
    Er wandte sich zum Tor und zog von dannen.
    Bald war er in einem großen Dorf angelangt, das einem reichen Gutsherrn gehörte. Beim Gutshof machte er halt. Auf dem Hof lief eine Sau herum mit vielen Ferkeln. Unser Bäuerlein kniete sich hin und machte vor der Sau eine Verbeugung nach der andern. Das sah die Gutsherrin vom Fenster aus, und sie rief

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