Märchen unter dem Wüsenhimmel
du hältst Jamal für gut aussehend.“
Sie holte tief Luft. „Er ist nicht unattraktiv. Keiner deiner Söhne ist es.“ Alle drei waren hoch gewachsen und wirkten mit ihren dunklen Haaren und glühenden Augen wie eine Kombination aus James Bond und Rudolph Valentino. Und sie mochte gelegentlich von Jamal geträumt haben, als sie jünger – wesentlich jünger gewesen war, aber darüber war sie hinausgewachsen.
Givon stand auf und trat zu ihr. Er legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. „Gut. Dann wirst du beim Dinner neben ihm sitzen und erwägen, was ich gesagt habe. Er muss heiraten. Du musst heiraten. Es ist perfekt.“
„Es ist keineswegs perfekt.“
„Fatima will es auch. Du kennst meine Mutter. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es unmöglich, es ihr auszureden.“
Heather stöhnte. „Nicht auch noch Fatima! Ich kann nicht euch beiden widerstehen.“
Der König lächelte. „Da hast du recht. Also gib dir gar nicht erst die Mühe, es zu versuchen.“ Er küsste ihre Wange und ging.
Sie sank zu Boden, den Rücken an das Wandbild gelehnt. Fatima war wie eine zweite Mutter für sie. Mit ihren Kleidern von Chanel und ihrer Anmut wirkte sie durch und durch königlich. Sie war elegant, intelligent, warmherzig und vermutlich die vollkommenste Königin, die El Bahar je geehrt hatte. Doch hinter dem graziösen Wesen und dezenten Make-up verbargen sich ein stählernes Rückgrat und eine Entschlossenheit, die jeder Armee widerstehen konnte.
„Ich treffe mich nicht mal mit Männern“, murrte Heather vor sich hin.
Sie hatte es zweimal probiert und beide Male ein Desaster erlebt. Da sie eine reine Mädchenschule besucht hatte, war ihr erstes Rendezvous erst im College zustande gekommen. Sie war zu einer Party eingeladen worden. Niemand hatte sie gewarnt, dass das köstliche Gebräu mit Kokosnussgeschmack mehr Rum enthielt, als gut für die Gesundheit war.
Seltsamerweise war ihr Date davon ausgegangen, dass sie nach dem Genuss von drei Drinks in einer knappen Stunde leichter ins Bett zu kriegen wäre. Ehe sie es sich versah, hatte er sie flach gelegt und ihr den Rock bis zur Taille hochgeschoben. Zum Glück für sie, wenn auch nicht für ihn, war ihr übel geworden. Das hatte seine Lust gedämpft und ihr zur Flucht verholfen. Die zweite Erfahrung war noch schlimmer gewesen.
Nein, sie war nicht an einer Beziehung interessiert, und schon gar nicht an einer Ehe. Und sie beabsichtigte, beides deutlich klarzustellen, sobald sie Jamal Khan begegnete.
2. KAPITEL
U m es von vornherein klarzustellen“, verkündete Heather, als sie an diesem Abend das Esszimmer betrat. „Ich bin nicht daran interessiert zu heiraten.“
Der Mann, der an dem großen Tisch saß, besaß nicht einmal den Anstand, schockiert auf ihre Ankündigung zu reagieren. Stattdessen lächelte er höflich, stand auf und nickte. „Danke für die rasche Aufklärung“, sagte er in leisem, sanftem Ton.
Sie spürte ihre Wangen erglühten. Sie redete sich ein, dass es an der Anstrengung des Spaziergangs lag. Schließlich war ihre Suite recht weit vom Esszimmer entfernt. Außerdem war sie schnell gegangen, da sie Jamal allein erwischen wollte, was ihr gelungen war. Sie ignorierte die Hitze und räusperte sich. „Ja, nun, ich kann es erklären.“
Er trat zu ihr und blieb dicht vor ihr stehen. Sie hasste es, dass sie zu ihm aufblicken musste. Noch mehr hasste sie, dass er so reizvoll aussah.
Er maß mindestens einen Meter neunzig. Er trug sein kohlrabenschwarzes Haar streng zurückgekämmt in einem konservativen Stil, der ausgezeichnet zu seinen markanten Zügen passte. Sein Anzug war maßgeschneidert, seine Krawatte allein kostete vermutlich so viel wie die Essenmarken für einen Monat im College, und seine Schuhe waren aus feinstem Leder und von Hand gearbeitet.
Ein Schauer rann über ihren Rücken, den sie ebenfalls ignorierte.
„Es ist lange her, Heather.“ Er reichte ihr die Hand. „Welch ein Vergnügen, dich wiederzusehen.“
Flüchtig schüttelte sie ihm die Hand. Dann verschränkte sie die Finger hinter dem Rücken. „Ja, es ist eine Weile her.“ Sie blickte über die Schulter den Korridor entlang. „Sie werden jeden Moment eintreffen. Wir müssen reden.“
„Sie?“, hakte er gedehnt nach, so als hielte er sie für verrückt.
„Dein Vater und deine Großmutter. König Givon hat mich heute Nachmittag aufgesucht und verlauten lassen, dass wir heiraten sollen. Du und ich. Ich weiß nicht, warum.
Weitere Kostenlose Bücher