Märchen
schon lange hier?« fragte Bertil den Jungen.
»Nein, erst seit ein paar Tagen«, sagte der kleine Junge. »Vorher hab ich unter einer Baumwurzel im Wald gewohnt. Aber du weißt ja, wenn es Herbst wird, hat man genug vom Lagerleben und möchte gern in die Stadt. Ich hatte großes Glück und konnte dies Zimmer hier von einer Maus mieten, die zu ihrer Schwester nach Södertälje ziehen wollte. Sonst ist es ja schwer, eine Kleinstwohnung zu finden, wie du wohl weißt.«
Ja, davon hatte Bertil schon gehört.
»Ich habe natürlich unmöbliert gemietet«, erklärte der Däumling.
»Das ist am besten. Jedenfalls wenn man eigene Möbel hat«, fügte er nach einer Pause hinzu.
»Hast du denn welche?« fragte Bertil.
»Nein, das ist es ja gerade, ich habe keine«, sagte der Däumling und sah bekümmert aus. Er schüttelte sich.
»Hu, es ist so kalt unten bei mir«, sagte er. »Aber das ist bei
dir hier oben ja auch nicht anders.«
»Ja, wahrhaftig«, sagte Bertil, »ich friere wie ein Hund.«
»Einen Kachelofen habe ich«, sagte der Däumling. »Aber kein Holz. Heutzutage ist Holz so teuer.«
Er schlug die Arme um sich, um warm zu werden. Dann sah er Bertil mit großen klaren Augen an.
»Was treibst du tagsüber?« fragte er.
»Eigentlich nichts Besonderes«, sagte Bertil. »Tatsächlich überhaupt nichts Besonderes.«
»Genau wie ich«, sagte der Däumling. »Es ist ziemlich langweilig, allein zu sein. Findest du nicht auch?«
»Schrecklich langweilig«, sagte Bertil.
»Willst du ein bißchen zu mir runterkommen?« fragte der Däumling eifrig.
Bertil fing an zu lachen: »Glaubst du denn wirklich, daß ich durch das Loch da hindurchkomme?«
»Das ist die einfachste Sache von der Welt«, sagte der Däumling.
»Du drückst nur auf den Nagel, den du dort neben dem Loch siehst, und dann sagst du ›Killevipps‹. Dann bist du genauso klein wie ich.«
»Ist das sicher?« fragte Bertil. »Aber werde ich auch wieder groß, bevor Papa und Mama nach Hause kommen? «
»Aber ja«, sagte der Däumling. »Dann drückst du nur wieder auf den Nagel und sagst noch einmal ›Killevipps‹.«
»Ulkig«, sagte Bertil. »Kannst du auch so groß werden wie ich?«
»Nein, das kann ich nicht«, sagte der Däumling. »Leider. Aber es wäre schön, wenn du ein bißchen zu mir runter kämst.«
»Also los«, sagte Bertil.
Er kroch unter das Bett, drückte den Zeigefinger auf den Nagel und sagte: »Killevipps.«
Und tatsächlich! Da stand er vor dem Mauseloch, genauso klein
wie der Däumling.
»Übrigens, ich heiße Nisse«, sagte der Däumling und streckte Bertil die Hand entgegen. »Komm, wir gehen zu mir runter!«
Bertil fühlte, es war etwas unglaublich Spannendes und Merkwürdiges, was hier passierte. Er brannte richtig vor Neugierde, in das dunkle Loch zu gehen.
»Vorsichtig auf der Treppe«, sagte Nisse. »Das Geländer ist an einer Stelle kaputt.«
Bertil stieg mit behutsamen Schritten eine kleine Steintreppe hinab. Kaum zu glauben, er hatte nicht gewußt, daß hier eine Treppe war! Sie endete vor einer geschlossenen Tür.
»Warte, ich mach Licht an«, sagte Nisse und knipste an einem Schalter. An der Tür hing eine Visitenkarte. »Nils Karlsson-Däumling« stand sehr ordentlich darauf. Dann öffnete er die Tür und knipste an einem anderen Schalter. Bertil ging hinein.
»Hier sieht es nicht sehr einladend aus«, entschuldigte sich Nisse.
Bertil guckte sich um. Es war ein kleines kahles Zimmer mit einem Fenster und einem blau angemalten Kachelofen in der einen Ecke. »Ja, es könnte freundlicher sein«, gab er zu. »Wo schläfst du denn nachts?«
»Auf dem Fußboden«, sagte Nisse.
»Oh, ist das nicht kalt?« sagte Bertil.
»Und ob! Darauf kannst du dich verlassen. Es ist so kalt, daß ich jede Stunde aufstehen und herumrennen muß, damit ich nicht erfriere.«
Nisse tat Bertil wirklich sehr leid. Er brauchte nachts wenigstens nicht zu frieren. Plötzlich hatte er einen Einfall.
»Bin ich dumm!« sagte er. »Holz kann ich doch besorgen!«
Nisse packte ihn heftig am Arm.
»Glaubst du, daß du das kannst?« fragte er eifrig.
»Natürlich«, sagte Bertil. Dann sah er ein wenig bekümmert aus.
»Das Schlimme ist nur, ich darf keine Streichhölzer anstecken«, sagte er.
»Das macht nichts«, versicherte Nisse ihm. »Wenn du Holz besorgst - anzünden werde ich es schon.«
Bertil rannte die Treppe hinauf, drückte auf den Nagel und -
hatte vergessen, was er sagen sollte.
»Wie hieß das, was ich sagen
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