Märchen
Räuber wieder durcheinander und blieben in einem großen Knäuel unter dem Fenster liegen.
Aber die Perlenkette, ach, die Perlenkette, die hatte Fiolito! Und mit ihr und all seinen vierzig Räubern verschwand er tief in den dunklen Wald.
»Bist du sehr traurig wegen deiner Kette?« fragte Peter.
Da klatschte sich Mimmi auf den Bauch und schüttelte sich vor Lachen.
»Die Perlenkette, die Fiolito hat, ist nicht mehr wert als zehn Öre. Dafür kriegt man sie in jedem beliebigen Spielzeugladen.
Das ist nur eine Imitation. Die echte Perlenkette habe ich hier.«
Sie ging zum Salonfenster, wo noch ein Blumentopf stand, in dem eine Pelargonie wuchs. Sie hob die Pelargonie heraus und nahm eine Halskette hervor. Sie hatte rote und grüne und blaue und weiße Perlen. Sie sah genauso aus wie die, die Fiolito gestohlen hatte.
Da fiel Peter ein, daß seine Mama gesagt hatte, daß sie zwei
Perlenketten für Mimmi aufgezogen hatte. Damals, als sie sieben Jahre alt und Großmutters kleines Mädchen gewesen war.
Es waren ja so viele Perlen in dem Beutel gewesen.
»Perlen von unschätzbarem Wert«, sagte Mimmi und legte sich die Kette zweimal um den Hals. Dann guckte sie Peter an.
»So ein Dummkopf!« sagte sie. »Es sind doch Räuber im Wald!
Und wie viele! Merk dir das fürs nächste Mal!«
Eine Tür wurde geöffnet. Es war Großmutter, die ins Wohnzimmer kam. Sie machte Licht. Hinten beim Puppenhaus saß Peter und guckte zu Mimmi hinein, der kleinen Puppe im blauen Kleid, mit der seine Mama so oft gespielt hatte, als sie noch klein war.
Nils Karlsson-Däumling
ertil stand am Fenster und guckte hinaus. Es begann dunkel zu werden. Neblig, kalt und unfreundlich sah es auf der BStraße aus.
Bertil wartete auf Papa und Mama. Er wartete so schrecklich, daß sie eigentlich schon an der Straßenlaterne hätten auftauchen müssen, nur weil er so darauf wartete. An der Laterne sah er sie immer zuerst. Mama kam meistens ein wenig früher als Papa.
Aber natürlich konnte keiner von beiden kommen, bevor in der Fabrik Feierabend war.
Jeden Tag gingen Papa und Mama in die Fabrik. Bertil blieb dann den ganzen Tag allein zu Hause. Mama stellte ihm etwas zu essen hin, damit er etwas hatte, wenn er hungrig wurde.
Wenn Mama dann heimkam, gab es Mittagessen. Allein zu essen machte kein bißchen Spaß.
Überhaupt war es sehr, sehr traurig, den ganzen Tag allein in der Wohnung zu sein, ohne mit jemandem reden zu können. Natürlich konnte er auf den Hof gehen und dort spielen; aber jetzt im Herbst war das Wetter schlecht, und keine Kinder waren draußen.
Oh, wie verging die Zeit doch langsam! Er wußte nicht, was er anfangen sollte. Seine Spielsachen waren ihm schon längst langweilig. So viele hatte er übrigens gar nicht. Alle Bücher, die es im Haus gab, hatte er von vorn bis hinten angesehen. Lesen konnte er noch nicht. Er war erst sechs Jahre alt.
Es war kalt im Zimmer. Papa heizte am Morgen den Kachelofen,
aber jetzt am Nachmittag war beinah alle Wärme verflogen.
Bertil fror. In den Winkeln wurde es dunkel. Aber er machte kein Licht an. Wozu? Es gab ja doch nichts, was er tun könnte.
Alles war so überaus traurig, daß er beschloß, sich auf sein Bett zu legen und ein wenig darüber nachzudenken, wie traurig es eigentlich war.
Immer war er nicht allein gewesen. Früher hatte er eine Schwester gehabt. Sie hieß Märta. Aber eines Tages kam sie aus der Schule und war krank. Sie war eine ganze Woche lang krank. Und dann starb sie. Die Tränen begannen zu laufen, als er daran dachte und daran, wie allein er nun war.
Und gerade in diesem Augenblick hörte er es: Er hörte kleine, trippelnde Schritte unter dem Bett.
Spukt es hier? dachte Bertil und beugte sich über die Bettkante, um nachzugucken. Und da sah er ein kleines, wunderliches Ding. Dort unter dem Bett stand ein - ja, es war genau wie ein gewöhnlicher kleiner Junge. Nur war dieser Junge nicht größer als ein Daumen.
»Hallo«, sagte der kleine Junge.
»Hallo«, sagte Bertil ein wenig verlegen.
»Hallo, hallo«, sagte der Kleine.
Danach war es eine Weile still.
»Was bist denn du für einer?« fragte Bertil. »Und was machst du unter meinem Bett? «
»Ich heiße Nils Karlsson-Däumling«, antwortete der kleine Junge.
»Und ich wohne hier. Na ja, natürlich nicht genau unter deinem Bett, sondern ein Stockwerk tiefer. Du kannst den Eingang dort in der Ecke sehen.«
Und dabei zeigte er auf ein großes Mauseloch, das unter Bertils Bett war.
»Wohnst du
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