Maerchenhochzeit in Granada
„Die ganze Zeit hast du dich Senora Cortez genannt, obwohl du in Wirklichkeit Senora Alva bist..."
„Ich sagte dir ja, dass ich den Namen meines Mannes nicht weiterführen wollte. Und eigentlich geht es auch niemanden etwas an. Ich konnte ja nicht wissen, dass es eine Rolle spielt. Jedenfalls sind die Papiere in Ordnung, und nur das zählt."
„Und dein Mann war ... Roderigo Alva?"
„Ja."
„Wie ist er gestorben?"
„Im Gefängnis."
Maggie wünschte, er würde sich umdrehen und sie ansehen. Aber er kehrte ihr weiter den Rücken zu und sah die Unterlagen durch. Schließlich legte er sie wieder auf den Tisch und verließ das Zimmer.
Die Hochzeit war traumhaft und fand in einem wahren Blumenmeer statt. Traditionsgemäß schmückte man das Haus einer Braut in Spanien mit Blumen, und als Maggie ihr Zimmer verließ, sah sie, dass Catalina und Isabella fleißig gewesen waren. Ihre Tür, der Flur und sogar das Eingangsportal waren mit Rosen und Blütenblättern geschmückt.
Ganz Granada hatte sich in der Kathedrale eingefunden, wie es schien. Einer von Sebastians älteren Onkeln führte Maggie unter den bewundernden Ausrufen der Gäste zum Altar. Das Kleid aus dem schweren Satin schmeichelte ihrer Figur, und Catalina hatte sie überredet, als Schleier eine Mantille zu tragen. Alle waren sich einig, dass sie eine standesgemäße Braut für den großen Sebastian de Santiago war.
Maggie hatte sich gefragt, wie Sebastian sich während der Trauung verhalten würde, und daher überraschte es sie nicht, dass er sich distanziert gab. Was sie im Bett erlebten, ging niemanden etwas an, und er war kein Mann, der seine Gefühle zur Schau stellte.
Also verhielt sie sich genauso wie er, als der Chor zu singen begann und der Erzbischof sie zu Mann und Frau erklärte. Ihre Zeit würde kommen, die Zeit heißer Küsse und leidenschaftlicher Umarmungen.
Nach der Hochzeit fand im Festsaal der Empfang statt. Fünfhundert Gäste jubelten ihnen zu, als Don Sebastian de Santiago mit seiner Braut am Arm eintrat. Stolz und überheblich schritt er durch den Raum.
Traditionsgemäß gab es neun Hochzeitstorten, doch für die Hochzeit von Don Sebastian de Santiago hatte man hundertachtzig Torten angefertigt, die alle von der Braut „angeschnitten"
werden mussten. Daher führte Sebastian Maggie um die langen Tische, damit sie symbolisch jede Torte mit einem silbernen Messer berühren konnte.
Nach dem Empfang war Maggie müde, aber sie wusste, dass es nicht lange anhalten würde.
Allein der Gedanke an Sebastian machte sie wieder munter.
Sie hatte ihr Brautkleid ausgezogen und trug nun ein seidenes Neglige, das der Mann, den sie liebte, ihr bald abstreifen würde.
Während sie sich auf die Hochzeitsnacht einstimmte, dachte sie an das letzte Mal, als sie in seinen Armen gelegen und ihr Verlangen sie fast um den Verstand gebracht hatte. Sie wusste nicht, was die Ehe Sebastian noch bedeutete, doch vorerst bedeutete sie berauschende Empfindungen und hemmungslose Lust. Vorerst würde es genügen. Der Rest würde später kommen.
Einen Moment lang hatte sie Bedenken. Früher einmal hatte sie sich mit der Vorstellung getröstet, dass ihre Leidenschaft Roderigo und sie verbinden würde, bis die Situation sich bessern würde. Denn Leidenschaft bedeutete Liebe. Oder nicht?
Allerdings hatte man sie eines Besseren bele hrt, und Maggie wünschte, nicht ausgerechnet in ihrer Hochzeitsnacht daran denken zu müssen. Sie rieb sich die Augen und verdrängte die unliebsamen Erinnerungen. Sebastian war nicht Roderigo. Er war kein Schwächling, der immer den Weg des geringsten Widerstands ging. Er war in vieler Hinsicht sehr schwierig, aber sie konnte ihm vertrauen, weil er stark und ehrlich war.
Und ihr war klar, dass sie viel besser zu ihm passte als Catalina. Er wusste es auch. Sie würden eine gute Ehe führen.
Als Maggie Sebastians Schritte im Flur hörte, lächelte sie selbstironisch. Sie hatte sich selbst etwas vorgemacht. Sie hatte Sebastian de Santiago geheiratet, weil er ihren Körper zum Leben erweckte. Sie dachte an die Hochzeitsnacht und das sinnliche Vergnügen, das sie bald erleben würde ...
Die Tür wurde geöffnet, und Sebastian stand mit einer Flasche Champagner und zwei Gläsern auf der Schwelle. Maggie verspürte einen leichten Stich. Sie hatte ihn sich nackt vorgestellt. Doch er war immer noch angezogen, hatte lediglich die Fliege abge nommen und die obersten Hemdknöpfe geöffnet. Dann tröstete sie sich damit, dass sie das
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