Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
mit ihrem Vater zu sprechen hatte, und daß ihr Gespräch den Prinzen betreffen müsse. »Was mag das zu bedeuten haben?« dachte sie; »du mußt doch einmal sehen, ob du es nicht erfahren kannst.«
Als darauf der Gärtner wieder kam, und mit ihrem Vater in ein Nebenzimmer ging, paßte sie auf, und erfuhr nun, daß der junge Jägersmann, den sie immer für einen nahen Verwandten gehalten hatte, der Sohn des Königs sey, den der Gärtner als ein ganz kleines Kind der Königinn weggenommen habe, weil Alles, was er wünsche, sogleich in Erfüllung gehe.
Das hinterbrachte nun Marie dem Prinzen. »Gut,« sagte der Prinz, »daß ich das weiß. Aber von dir, gute Marie, laß ich nie, obschon ich ein Prinz bin: denn wir sind beisammen aufgewachsen, und müssen nun auch immer beisammen bleiben, weil wir uns einander gut sind, und von Herzen lieb haben.«
Nicht lange darauf kam der Gärtner wieder. Als der Prinz, der schon immer auf seine Ankunft gelauert hatte, ihn erblickte, verwünschte er ihn zu einem Pudel, seine Marie aber wünschte er zu einer Nelke. Dann ging er sogleich an seines Vaters Hof, und ließ den verwandelten Gärtner als Pudel neben sich herlaufen; aber seine Marie steckte er als Nelkenstrauß vor seine Brust.
Dem König gefiel der junge ernste Bursche sehr wohl, und er nahm ihn als Jäger in seinen Dienst. Er hatte ihn oft um sich, und gewann ihn täglich lieber, und nahm ihn immer mit sich auf die Jagd; zuletzt konnte er gar nicht ohne ihn leben, und es war ihm, als ob ihm etwas fehle, wenn der Jüngling nicht um ihn war. Mehrmals hatte der König ihm einen reichlichen Lohn für seinen Dienst geben wollen, aber er nahm nichts an, auch kein Essen. »Ich bedarf nichts, gnädiger König,« sagte er immer; »ich will Euch nur dienen aus Liebe.« Nur eine eigene Kammer hatte er gefordert, die er verschließen konnte, und hatte sie auch bekommen.
Das Alles kam seinen Kameraden ganz wunderlich vor, und sie beneideten ihn ein wenig, weil er beim Könige so viel galt, und es ihnen Allen zuvor that: denn wenn niemand ein Wild fand, oder es erlegen konnte, so brachte er immer von allerlei Art. Das war aber keine Kunst, weil er ja nur zu wünschen brauchte.
Nun war es ihnen schon lange aufgefallen, und sonderbar vorgekommen, daß der junge Bursche seine Stube immer verschlossen hielt, er mochte darin seyn oder nicht. Da hätten sie gern gewußt, warum er das thäte, und sie nahmen sich vor, ihn zu belauschen.
Als er daher eines Mittags in seiner Stube war, sahen sie heimlich durchs Schlüsselloch, und erblickten den Jäger vor einem Tische sitzend, der mit den herrlichsten Speisen, und auch mit Wein, besetzt war, und ein hübsches Mädchen saß ihm gegenüber, und beide aßen und sprachen mit einander vergnügt und vertraulich. Da wunderten sie sich, wie er zu dem köstlichen Essen und dem niedlichen Mädchen gekommen sey. Das Essen hatte er sich aber nur zu wünschen gebraucht, und seine Marie durfte keine Nelke bleiben, wenn er daheim war, sondern bekam ihre natürliche Gestalt.
»Der muß recht reich seyn!« dachten die Kameraden, und brachen in seine Stube ein, als er einmal nicht zu Hause war, und glaubten nun große Reichthümer zu finden; aber sie fanden nichts, als eine wunderschöne Nelke in einem Glase mit Wasser. Die nahmen sie, und trugen sie, ihrer Wunderschönheit wegen, zum Könige. Der König aber bewunderte die herrliche Nelke, und da sie ihm ganz außerordentlich gefiel, so beschloß er, sie dem Jäger für großes Geld abzukaufen. Aber als die Nelke im Zimmer des Königs war, trauerte sie, und ließ die Blätter hängen.
Nun mußte der Jäger zum Könige kommen, der ihn recht freundlich empfing, und ihn fragte, ob er ihm nicht die schöne Nelke, die auf seiner Stube gestanden habe, verkaufen wolle?
»Nein, edler Herr,« antwortete der Jäger, »die Nelke taugt nicht in Euern Händen; seht nur, wie sie die schönen Blätter hängen läßt.« Darauf nahm er die Nelke, und sagte: »O nein, liebe Nelke, dich laß ich nun und nimmermehr!« Indem er dies sagte, fing die Nelke an, sich wieder frisch aufzurichten, und einen wunderlieblichen Geruch umher zu verbreiten.
»Was sind das für wunderliche Dinge, mein Sohn?« fragte der König.
»Ja!« sprach der Jäger, »Euer Sohn bin ich wirklich.« Und nun entdeckte er dem Vaters Alles, wie es sich begeben hatte. Sogleich verwandelte er auch den Pudel wieder in den Gärtner, damit er die
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