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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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Blaubart: »Komm, oder ich hole dich!« – »Ach, nur noch einen Augenblick!« antwortete Trudchen bittend, und fragte wieder: » Anna, liebe Schwester Anna, siehst du noch nichts?«

     
    »Ja,« sagte Aennchen, »ich sehe eine große Staubwolke sich heranwälzen, aber die Brüder erkenne ich nicht.«

     
    Wiederum schrie Blaubart: »Wirst du noch nicht kommen?« – Und Trudchen erwiederte: »Nur noch einen einzigen Augenblick!« knieete dann halbtodt nieder, und rief: »Anna, Schwester Anna, siehst du noch nichts?«

     
    »Ich sehe zwei Reiter, sie sind aber noch weit weg!« erwiederte Aennchen; gleich darauf aber rief sie: »Gott sey gelobt, es sind die Brüder! ich winke ihnen, so viel ich kann.«

     
    Jetzt war aber auch Blaubarts Geduld zu Ende; mit fürchterlichem Getöse stieg er die Treppe hinauf, um Trudchen in die Blutkammer zu schleppen. Schon hatte er die Thüre aufgebrochen, und das arme Trudchen an den Haaren ergriffen, als plötzlich die Brüder hereinstürmten, und ihn mit ihren Schwertern niederhieben, als er eben der unglücklichen Schwester das tödtende Messer in's Herz stechen wollte.

     
    Voll Freude, ihre Schwester gerettet zu haben, hingen sie nun den Wüthrich in der Blutkammer auf, wo er Trudchen den Platz zugedacht hatte, und räumten alle seine Schätze aus den Kammern, welche ihre Schwester erbte. Darauf steckten sie das Haus in Brand, und rissen es nieder, daß kein Stein auf dem andern blieb.

     

     
16. Das Goldvögelchen.

     

     
    ◉ Das Goldvœgelchen.

     

     
    Ein armer Besenbinder hatte zwei Söhne und eine Tochter, und mußte sich sehr kümmerlich mit ihnen behelfen: denn sein Verdienst war nur gering. Als nun der Vater starb, ward die Noth der Geschwister noch größer, indessen halfen sie sich doch, so gut sie konnten, durch: denn sie hatten einander recht lieb, und lebten in Friede und Eintracht beisammen, und arbeiteten fleißig, so daß es ihnen nie an dem nöthigen Unterhalt fehlte. Die Brüder setzten das Gewerbe des Vaters fort, und banden Besen, und die Schwester mußte sie nach der Stadt tragen und verkaufen, und aus dem Erlös den kleinen Haushalt besorgen.

     
    Zuweilen wollten die Einnahmen nicht ausreichen, um die nothwendigsten Ausgaben davon zu bestreiten; dann aber sprach der zweite Bruder, der ein sehr heiterer und munterer Bursche war, den beiden Geschwistern Muth zu, und sagte scherzend: »Hört, Besenbinder Kinder verderben nicht, sagt das Sprichwort, und so werden auch wir nicht verderben. Geht es auch mitunter etwas knapp her, so daß wir zuweilen uns etwas einschränken müssen, der liebe Gott hilft uns immer wieder durch. Auf den wollen wir uns verlassen, vielleicht daß er uns einmal noch recht reich werden läßt; Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden!«

     
    Eines Tages waren sie wieder im Walde, um Besenreiser zu holen. Der jüngere Bruder stieg auf einen Baum, um Aeste abzuhauen, die der ältere dann unten zusammenlas, und die tauglichsten Reiser herausschnitt. Als er nun oben im Baume arbeitete, sah er ganz unvermuthet ein dunkelfarbiges, ihm völlig unbekanntes Vögelchen auf einem Neste sitzen, das sehr zahm zu seyn schien: denn es flog nicht weg, als er sich ihm näherte, sondern sah ihn mit seinen hellen Augen recht freundlich an.

     
    »Ei!« sagte der jüngere Bruder, »du bist ja ein Vögelchen von ganz eigener Art; wer mag dich wohl so zahm gemacht haben, daß du dich gar nicht fürchtest, und ruhig auf deinem Neste sitzen bleibst? es ist ja, als wenn du mich kenntest, und als ob du schon wüßtest, daß ich dir nichts thun werde.« Er streckte seine Hand nach ihm und streichelte es, und siehe, es blieb ganz still sitzen, und nickte ihm sogar mit seinem Köpfchen recht zutraulich.

     
    Auf einmal sah der junge Bursche etwas Goldenes unter dem rechten Flügel des Vögelchens hervorschimmern. »Ei,« sagte er, »was ist das? Laß dir mal dein Flügelchen aufheben.« Da hob der Vogel den Flügel von selbst auf, und es lag unter demselben ein goldenes Ei.

     
    »Darf ich dir's wegnehmen?« fragte der Bursche, »oder kannst du es ausbrüten, dann will ich es dir sehr gern lassen.«

     
    »Wegnehmen!« sagte das niedliche Vögelchen, und nickte wieder mit seinem Köpfchen.

     
    Da nahm der junge Bursche das Ei, stieg herunter vom Baum, zeigte es seinen Geschwistern, und trug es dann zu einem Goldarbeiter. Dieser untersuchte das Ei, und da er fand, daß es das feinste Gold enthielt, bezahlte er es mit zehn

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