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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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diese fehlgeschlagene Bemühung beschloß der Knabe, seinen Vorsatz auszuführen, es koste, was es wolle. Der Vogel aber lockte ihn immer tiefer in den Wald, der mit jedem Schritte immer unwegsamer und finsterer wurde. Die Dämmerung trat ein: kaum schimmerte ihm noch das glänzende Gefieder in dem Dunkel des Hains, wie ein leuchtendes Marieenwürmchen, und er würde die Spur des Vogels ganz verloren haben, hätte dieser nicht durch seine Töne sich ihm mehr verrathen, als durch den Glanz seiner Federn.

     
    Plötzlich trat eine rabenschwarze Nacht ein; Wolken hatten den Himmel umzogen; die Sonne war untergegangen, und ein fernher rollender Donner, und das Leuchten der Blitze verkündigten ein herannahendes Gewitter. Ein Sturm erhob sich, feurige Blitze durchkreuzten die schauervolle Finsterniß, und ein heftiger Gewitterregen strömte vom Himmel herab. Der Vogel war verschwunden; auch hatte der Knabe in dieser Angst gar nicht weiter an ihn gedacht; sein einziger Wunsch war nur, aus der Wildniß wieder in das älterliche Haus sich zu flüchten; aber seine Kräfte waren erschöpft; er sank ohnmächtig unter einen Baum, dessen Zweige unter dem Toben des Sturmes erseufzten.

     
    Da der Knabe bei dem herannahenden Gewitter nicht wieder aus dem Garten in das Haus zurückgekommen war, so eilten Vater und Mutter dorthin, um ihn aufzusuchen. Vergebens riefen sie ihn mit Namen; keine Antwort erfolgte. Sie kamen endlich bis zu dem Zaun und der Gegend, wo ihr Sohn übergestiegen war. Hier fanden sie einige herumliegende Fetzen seines zerrissenen Kleides, und kamen ihm dadurch auf die Spur.

     
    Mit Laternen versehen mußten nun alle Diener und Dienerinnen des ganzen Hauses den Wald durchstreifen, um den verlorenen Sohn wieder zu finden. Die Mutter lief immer voran, denn ihre Angst um den Liebling ihres Herzens war am größten. Endlich entdeckte sie ihn sanftschlafend unter einem Baume, weckte ihn auf, schloß ihn vor Freuden fest in ihre Arme, und bedeckte ihn mit Küssen mütterlicher Zärtlichkeit.

     
    Jetzt war auch der Vater hinzugekommen, und nachdem der Rausch der ersten Freude des Wiedersehens vorüber war, begannen beide Aeltern, am meisten aber die Mutter, dem Sohne Vorwürfe zu machen, wie er sich so leichtsinnig und verwegen aus dem Garten hätte wagen können. Er erzählte Alles, wie es ihm ergangen sey, und bedauerte nur, als er sich gerettet sah, daß er den Vogel nicht erhascht habe.

     
    Da erschien die Fee, und sagte: »Alles dieses war mein Werk, um dich, Kind! zu belehren, daß die Begierde, jeden Wunsch zu befriedigen, den Menschen nach und nach, statt zu beglücken, oft in großes Verderben stürzt. Nur der wird in späteren Jahren glücklich und zufrieden seyn, der schon in der Kindheit lernt, gehorchen und entbehren. Lerne demnach, deine Wünsche und Begierden einzuschränken und zu zügeln. Ich würde dir, zur Erinnerung an diese Lehren, und an die Erfahrung, die du gemacht hast, als du so ungestüm den Vogel verfolgtest, und ihn für jeden Preis haben wolltest, diesen gerne jetzt geben, aber das ist unmöglich: denn dieser Vogel war – ich selbst!«

     

     
21. Der kleine Däumling.

     

     
    Vor Zeiten war einmal ein armer Holzhacker und seine Frau, die hatten sieben scharmante Kinder, lauter Jungen, von welchen der jüngste sieben Jahre alt seyn mochte. Die vielen Kinder machten ihnen viele Sorge, da noch keins von allen etwas verdienen konnte. Noch mehr Kummer machte es aber dem armen Manne, daß der jüngste Sohn nicht allein sehr schwach und zärtlich, sondern, wie er einfältig glaubte, auch etwas dumm und beschränkt war, welches jedoch keineswegs sich so verhielt. Zwar war der Knabe sehr klein, und als er zur Welt kam, nicht größer wie ein Daumen, weswegen man ihn denn auch immer nur den kleinen Däumling nannte; dabei war er aber gar nicht dumm, vielmehr sehr pfiffig, und weit klüger als seine Brüder, obwohl er wenig sprach, und im Gegentheil mehr hörte und aufmerkte.

     
    Nun geschah es, daß ein schweres, sehr theures Jahr kam: denn die Ernte war ganz mißrathen, und die Aeltern, der Däumling und die andern sechs Kinder mußten jetzt oft hungrig zu Bette gehen.

     
    Eines Abends waren die Kinder schon alle schlafen gegangen, aber der Holzhauer saß noch mit seiner Frau am Feuer, und sprach mit beklommenem, schwermüthigem Herzen von der schlimmen Zeit und der Noth, mit welcher sie zu kämpfen hatten. »Frau,« sagte er dann mit einem tiefen Seufzer, »was soll aus unsern

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