Märchensommer (German Edition)
Konsequenzen? Die juckten mich nicht. Ich marschierte schnurstracks zur Tür, mit dem einzigen Ziel, so viel Abstand wie möglich zwischen mich und diese Schlampe zu bringen.
Leute riefen meinen Namen; manche nannten mich Miss Montiniere, andere riefen mich beim Vornamen, so als ob wir Freunde wären.
„Sei vernünftig, Kleine! Bleib wo du bist!“, hörte ich Quinn.
Kam nicht in Frage. Sein verzweifeltes Flehen würde mich nicht daran hindern, von hier zu verschwinden. Aber ein Paar stämmige Arme, die sich gerade um meine Taille wanden, konnten es sehr wohl.
Riley hatte mich gepackt und hielt mich fest. Seine Augen blitzten siegessicher, als er mich mit dem Rücken gegen die Wand drückte. „Du gehst nirgendwo hin, Fräulein, außer in den Knast.“
Bleib ruhig! Panik war noch nie eine große Hilfe gewesen und im Moment musste ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Nämlich, wie ich hier rauskommen würde.
Meine Fingernägel gruben sich tief in meine geballten Hände. „Nimm deine verdammten Dreckspfoten von mir!“ Ich biss Riley in die Hand an meiner Schulter. Der kreischte so laut auf, dass mir beinahe das Trommelfell zerplatzte. Von dem Donut-Geschmack, der sich in meinem Mund breit machte, wurde mir übel.
Riley riss seine Hand zurück. „Verdammtes Gör! Dafür wirst du bezahlen!“
Über seine Schulter hinweg sah ich Quinn und Rileys Partner auf mich zustürmen, doch Riley torkelte gegen Quinn, woraufhin dieser zur Seite taumelte. Er griff nach Miss Mulligans Arm, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Die Gewitterziege schrie wie am Spieß und schlug hysterisch auf meinen einzigen Freund ein.
Mit der ganzen Unruhe, die gerade im Gange war, sah ich meine Chance gekommen. Ich machte mich aus dem Staub. Doch weit kam ich nicht. Ja, noch nicht einmal bis zur Tür, denn schon nach wenigen Schritten ergriff mich Rileys Partner am Handgelenk und wirbelte mich herum. Durch den Schwung, den er mir versetzte, wurde ich gegen einen schmalen, dunklen Schreibtisch in der Ecke des Raumes geschleudert.
Der verrückte Bulle steuerte verbissen auf mich zu. Aus Schreck und Notwehr lehnte ich mich auf der Schreibtischplatte zurück und zog die Knie an. Mit einem harten Tritt gegen seine Brust setzte ich ihn für einen kurzen Moment außer Gefecht. Ein Pfeifen entwich seinen Lungen, als er rückwärts stolperte. Schließlich beugte er sich vornüber und keuchte. Als er wenige Sekunden später wieder bei Kräften war, tobte er auf eine Art und Weise, bei der Debbie Westwood, die ungekrönte Königin des Fluchens, grün vor Neid geworden wäre.
Ich wich ihm aus, doch meine Fluchtmöglichkeit war verstrichen. Die Tür wurde von außen aufgestoßen und zwei Wachen stürmten herein. Ob es nun Rileys Schmerzgeschrei war, Miss Mulligans zickiges Gekreische oder ein geheimer Knopf unter Abes Schreibtisch, der die Wachen alarmiert hatte, konnte ich nicht sagen. Doch sie hatten mich mit den Schultern auf den Boden gedrückt, noch bevor ich den nächsten Atemzug machen konnte.
Die ganze Luft wurde aus meinen Lungen gepresst. Ein schriller Schmerz zuckte durch meinen Körper.
„Nicht!“, riefen zwei Männer gleichzeitig. Einer der beiden war Quinn; seine Stimme war mit Horror erfüllt. In diesem Moment war ich dankbar, dass wenigstens er mich nicht fallen ließ, wie all die anderen es taten.
Zu wem die andere besorgte Stimme gehörte, konnte ich jedoch nicht erkennen.
Einer der beiden Wachen zog ein Paar Handschellen von seinem Gürtel. Er fesselte meine Hände damit vor meinem Körper. Weder mein Kreischen noch mein Strampeln konnten das widerliche Klicken der Handschellen stoppen, als sie ins Schloss ratterten.
„Lasst sie los, ihr Schwachköpfe! Sie ist doch noch ein Kind!“ Quinn bahnte sich mit seinen Ellbogen einen Weg zu mir durch. „Bist du okay, Kleine?“
Der Schmerz in meinem Rücken und meiner Brust hatte nachgelassen. Ich konnte wieder atmen. „Wow, was für ein Kampf!“ Ich hatte nicht das Gefühl, dass etwas gebrochen war, also presste ich die Lippen aufeinander und nickte Quinn halbherzig zu. „Mir geht’s gut.“
Es musste mir gut gehen. Keine Schwäche. Niemals.
Quinn fasste mich an den Oberarmen und zog mich auf die Beine. Ich wackelte noch ein wenig, doch ich fing mich schnell.
„Um Himmels willen, Jona“, zischte er. „Ich flehe dich an, benimm dich!“
Ein tiefes Grollen ging meiner Antwort voraus. „Zu Befehl, Sir .“ Was hatte ich auch für eine andere Wahl … mit den
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