Märchensommer (German Edition)
ich es so viele Male gesummt, gepfiffen oder den Rhythmus mit meinen Fingern geklopft, dass ich es wohl nie wieder aus meinem Kopf kriegen würde.
Es kratzte mich nicht, als die Tür zu Abes Zimmer aufging, und ich summte ungeniert weiter. Doch als der blonde Freund meiner Mutter heraustrat und sich mit einer Schulter gegen die Säule in der Mitte des Korridors lehnte, versagte mir die Stimme.
„Hi“, sagte er mit einem mitfühlenden Gesichtsausdruck.
In diesem Moment wünschte ich mir nichts mehr, als dass Quinn, der Verräter, mir vorhin die Handschellen abgenommen hätte. So sah ich doch aus wie der letzte Vollidiot.
Ich presste die Lippen aufeinander und winkte kurz. Alleine der Anblick dieses jungen Mannes verursachte bei mir ein aufgeregtes Bauchkribbeln. Komisch.
„Das war eine ziemlich beeindruckende Vorstellung, die du da gerade abgeliefert hast.“
Mit einem finsteren Blick versuchte ich eine ganz bestimmte Botschaft zu vermitteln: Kümmere dich um deinen eigenen Dreck, Freundchen . Laut sagte ich jedoch lieblich: „Freut mich, dass es dir gefallen hat.“
„Hat es nicht wirklich.“ Er rümpfte die Nase. Wie niedlich . „Dass du dich mit Laurel und Hardy da drinnen angelegt hast, war nicht unbedingt dein bester Einfall. Selbst ein kluges Mädchen wie du kann in so einer Situation leicht draufzahlen.“
Ja, genau. Ich machte kleine Schlitzaugen.
Er nickte in Richtung meiner Handschellen. „Die sehen etwas unbequem aus.“
Und das waren sie verdammt noch mal auch, doch ich tat es mit einem Achselzucken ab. „Die sind der letzte Schrei. Du hast doch den Richter gehört. Ich trag die ziemlich oft.“
Das anzügliche Grinsen auf seinen Lippen hob meinen Blutdruck ein wenig an. „Was hältst du davon, wenn wir sie dir abnehmen?“, fragte er.
Er machte wohl Witze. „Wenn du nicht gerade Zähne wie eine Kettensäge hast, weiß ich nicht, wie du das anstellen willst.“
Er kam auf mich zu und zog dabei einen Schlüsselbund aus der Hosentasche. Als er in die Hocke ging und auf Augenhöhe mit mir sank, schüttelte er die Schlüssel vor meinem Gesicht. Das nette Geklirr von Metall hallte über den Gang.
Mir sackte das Kinn auf die Brust. „Wo hast du die denn her?“
„Von Chief Madison.“
„Du hast sie von Quinn gestohlen?“ Blitzartig zog ich meine Hände aus seiner Reichweite.
„Natürlich nicht!“ Der blonde Halbgott sah mich vorwurfsvoll an. „Ich habe ihn danach gefragt.“
Warum sollte dieser Bursche meinen Officer-Freund bitten, mich freizulassen? Ich konzentrierte mich auf die Sicherheitsnadel in meinem Knie. „Quinn wollte mir die Handschellen nicht abnehmen, als ich ihn darum gebeten hatte.“ Als ich aufblickte, war ich kurz davor, mich in seinen tiefblauen Augen zu verlieren.
„Ich musste hoch und heilig schwören, auf dich aufzupassen. Und jetzt halt still.“ Seine kühlen Finger legten sich um mein Handgelenk, als er die erste Handschelle aufschloss.
Die empfindliche Stelle auf der Innenseite meines Handgelenks kribbelte und ich begann leicht zu zittern.
Er hatte einem Polizisten sein Wort gegeben. Warum machte er sich solche Umstände, nur um mich von diesen Scheißdingern zu befreien? Was kümmerte es ihn? Er wäre wohl besser hinter dieser Tür geblieben und hätte die Hand meiner fürchterlichen Mutter gehalten, anstatt die Fesseln von meinen abzumachen.
Mit einem leisen Klick sprang auch die zweite Handschelle auf. Ich rieb mir die brennenden Stellen auf meiner Haut. Feurig rote Striemen waren zurückgeblieben.
Der junge Mann neigte seinen Kopf und zog eine Augenbraue hoch. „Besser?“
Ich fand gerade meine Stimme nicht, also nickte ich nur.
„Na dann ...“ Er stützte sich auf meine Knie, als er sich wieder aufrichtete. Vermutlich erwartete er jetzt ein Dankeschön.
Ich senkte meinen Blick auf den ausgefransten Saum seiner Jeans. Meine Lippen waren versiegelt.
Doch als er umdrehte und den Gang hinunter marschierte, blickte ich hoch. „Und jetzt gehst du bitte wohin ?“ Der Satz war draußen, bevor ich wusste, was ich sagte.
„Auf die Toilette.“ Sein provokanter Blick forderte ganz offensichtlich meinen Einspruch heraus.
Sag jetzt ja nichts . Ich kaute auf meiner Unterlippe herum. „Aber du solltest doch auf mich aufpassen.“
Nach ein paar Sekunden, in denen er mich eindringlich ansah, wurde sein Blick noch sanfter. „Du wirst mich nicht in Schwierigkeiten bringen.“
Mir wurde plötzlich ganz warm. Ich ließ ihn einen weiteren
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