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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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wenn Julian mich berührte. Doch es war zu einfach, sich diesem Gefühl hinzugeben. Ich war wie berauscht. Und ich wollte immer mehr davon.
    Julians Bauchmuskeln spannten sich kurz an und plötzlich lag ich unter ihm im Sand. Er sah mit wolfshungrigen Augen aus wenigen Zentimetern Entfernung auf mich herab. „Jona“, flüsterte er heiser. „Es tut mir leid. Wir müssen damit aufhören, bevor ich noch etwas—sehr Dummes mit dir anstelle.“
    Meine Hände lagen immer noch auf seiner Brust. Ich rollte meinen Kopf etwas zur Seite und blickte ihn aus dem Augenwinkel an. „Egal, was es ist, ich werde nichts bereuen.“
    Mit seiner Nasenspitze strich er über meine Wange und hauchte dann einen Kuss hinter mein Ohr. „Ich befürchte, in diesem Fall doch.“

20. Ein Anruf von der Polizei
     
     
    EINE LEICHTE SOMMERBRISE raschelte in den Blättern über mir. Der Wind trug den Duft von Meerwasser und Sand mit sich. Ich lag auf dem Rücken und versuchte zu verstehen, warum Julian mich allein gelassen hatte. Ich war bereit gewesen, das Risiko einzugehen, zu bereuen, was auch immer sein sinnlicher Kuss mit sich gebracht hätte. Doch Julian war es nicht.
    Das aufgeregte Kribbeln in mir hielt noch eine Weile an, doch langsam flaute auch dieses Gefühl ab. Ich stand auf und klopfte mir den Sand vom Hintern.
    Julian hatte mir den Rücken zugewandt und die Hände tief in die Taschen seiner Shorts gesteckt. Die heranrollenden Wellen berührten seine Knöchel jedes Mal nur kurz und zogen sich dann wieder zurück. So stand Julian minutenlang da und blickte hinaus aufs Meer.
    Ich ging langsam über den Strand auf ihn zu, doch ein paar Meter hinter ihm blieb ich stehen, denn ich hatte Angst, ihn in seinen Gedanken zu stören.
    „Vermisst du London?“, fragte er mich nur einen Augenblick später ruhig, ohne sich zu mir umzudrehen. Der sanfte Wind spielte mit seinem Haar.
    Zögerlich ging ich die letzten zwei Schritte zu ihm. „In diesem Moment? Überhaupt nicht.“ Wie konnte ich auch, an diesem wunderbaren Tag? Meine Mutter war meilenweit weg und konnte mir die Laune nicht verderben. Und der aufregendste junge Mann, der mir je begegnet war, hatte mich gerade an einem Platz geküsst, der mein Herz beflügelte. Ich war gefangen in einer Blase aus Glück und Zufriedenheit.
    „Denkst du, du wirst deiner Mutter jemals vergeben?“
    Seltsam. Warum fing er gerade jetzt damit an? „Ehrlich gesagt kann ich es mir nicht vorstellen.“ Ich folgte der Flugbahn einer Möwe mit meinen Augen und stellte dabei fest, wie absonderlich losgelöst ich klang. Der gewohnte Ärger, wie wenn ich sonst von meiner Mutter sprach oder nur an sie dachte, blieb völlig aus. „Es gibt so vieles an Charlene, das ich nicht verstehe. Sie hat mir weh getan und sich einen Dreck um mich gekümmert. Wie sollte ich so etwas jemals vergessen?“
    Julian sagte lange Zeit nichts und blickte einfach weiter auf den ruhigen Ozean hinaus. Ich streifte mit meinen Fingern über seinen Oberarm, als ich den letzten Schritt machte und mich neben ihn stellte. „Möchtest du gerne, dass ich ihr vergebe?“
    Sein Blick wanderte zu mir, doch sein Gesichtsausdruck blieb unverändert kühl. Ich hätte gern meine Arme um ihn geschlungen und versucht, das zauberhafte Lächeln wieder aus ihm herauszulocken. Doch seine distanzierte Körperhaltung hielt mich davon ab. Plötzlich trat eine Traurigkeit in seine Augen, die mir den Hals zuschnürte. „In einem Moment wie diesem wünschte ich, du würdest ihr niemals verzeihen“, sagte er.
    „Ich verstehe nicht.“
    Julian drehte sich nun ganz zu mir um und streifte mir die luftgetrockneten Locken hinters Ohr. „Musst du auch nicht.“
    „Aber warum—“
    Sein Daumen strich über meine Unterlippe und schnitt mir das Wort ab. Julian schüttelte nur langsam den Kopf. Dann nahm er meine Hand, legte sie auf seinen gebeugten Arm und führte mich zurück zu unserer kleinen Picknick-Oase. „Wir sollten lieber etwas essen, sonst müssen wir das ganze Zeug wieder mit nach Hause nehmen.“
    Wow. Was für ein feinsinniger Themenwechsel.
    „Na und?“ Mich störte es nicht. Ich wollte viel lieber wissen, was er vorhin gemeint hatte.
    „Tja, du musst den Korb ja auch nicht wieder da hinaufschleppen.“ Julian nickte rüber zu dem steilen Weg, den wir heruntergekommen waren und lächelte dabei.
    Ich mochte den gutgelaunten Julian viel lieber als den traurigen. Das war der einzige Grund, warum ich schließlich nachgab und nicht mehr weiter nach

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