Märchensommer (German Edition)
nervös von einem Bein auf das andere.
Weniger als einen Meter von mir entfernt blieb Julian stehen und ließ seinen Blick langsam an mir hinabgleiten—bis zu Maries Sandalen an meinen Füßen und wieder zurück.
„Ich hatte Recht“, sagte er dann leise mit einem schmeichelnden Unterton.
„Womit?“
„Du siehst in dem Kleid umwerfend aus.“
Ich wusste nicht, was mir in diesem Moment peinlicher war. Dass ich in diesem Sonnenstrahl von Kleid steckte oder Julians lüsterne Blicke, wo uns doch gerade jeder hier beobachtete. Ich räusperte mich laut und versuchte meine Stimme zu stabilisieren, bevor ich etwas sagte. „Danke für das Kleid. Aber das hättest du wirklich nicht tun—“
„Schh.“ Er schenkte mir ein Lächeln, das mir ein Bauchkribbeln verursachte. Dann hielt er mir die Hand entgegen, mit der Handfläche nach oben. „Bist du so weit?“
Ich traute mich nicht so recht, seine Hand zu nehmen, sondern sah ihn erst mal mit offener Skepsis an. „Was hast du vor?“
„Wenn ich mich nicht irre, hast du mir einen Tanz versprochen.“
„Ach ja, richtig.“ Tanzen in einem Kleid, das so gelb war wie ein Hühnerküken und sämtliche Blicke auf sich zog. Na, das konnte was werden.
Ich stolperte hinter Julian her, der mich an die Hand genommen hatte und mich nun auf die Tanzfläche zog. Die Kieselsteine knirschten unter meinen Absätzen. Vorsichtig warf ich einen flüchtigen Blick um mich und musste feststellen, dass tatsächlich sämtliche Augenpaare auf mich gerichtet waren und die Leute bereits die Köpfe zusammensteckten und tuschelten.
Fantastisch.
In der Mitte der aufgelegten Holzlatten hielt Julian an und zog mich mit leichtem Schwung so um sich herum, dass ich vor ihm stand. Dann legte er einen Arm um mich. In dem Moment, als ich von seiner Umarmung verschluckt wurde und in seine leuchtenden Augen sah, fiel die ganze Nervosität von mir ab. Von Julian gehalten zu werden war wie in unserer eigenen kleinen Ecke im Paradies zu stehen. Ich schloss die Augen und saugte seinen atemberaubenden Duft ein. In meiner Erinnerung hörte ich wieder, wie die Wellen an den Strand von Südfrankreich rollten.
Die fröhliche Melodie, die Albert und seine Freunde gerade gespielt hatten, klang aus und sie stimmten ein neues Lied an. Dieses war langsamer und ging mir mit den ersten paar Takten bereits unter die Haut. Nun ja, daran konnte auch Julian schuld sein. Er zog mich fester an seine Brust und schwang leicht mit mir hin und her.
Ich ließ meine Fingerspitzen sanft an seinem Arm hoch gleiten. Eine leichte Spur von Gänsehaut zeichnete sich dort ab, wo ich ihn berührt hatte. Schließlich legte ich beide Arme um seinen Hals und genoss das Gefühl seiner Hände auf meinem Rücken. Seine Nasenspitze strich langsam über meinen Wangenknochen. Er küsste mich hinterm Ohr und löste damit ein samtiges Kribbeln gleich unterhalb meiner Brust aus.
„Alle starren uns an“, flüsterte ich etwas verlegen. Doch ich wollte auch nicht, dass er mit seiner Liebkosung aufhörte.
„Das bildest du dir nur ein. Im Moment gibt es nur dich und mich.“ Er griff hinter seinen Nacken und nahm meine Hand zärtlich in seine. Er drehte mich elegant und zog mich dann wieder zu sich, um seine Arme erneut um mich zu schließen. „Hast du plötzlich deine Meinung geändert?“
Ich folgte seiner Führung einen kleinen Schritt nach links und dann zwei noch kleinere Schritte nach rechts. „Worüber denn?“
„Na, über’s Tanzen. Du hast heute Nachmittag gemeint, es gefällt dir nicht. Aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich dich je so breit grinsen gesehen habe.“
„Na ja, ganz so übel ist es wohl doch nicht“, gab ich zu und versuchte dabei mit aller Kraft meinen freudigen Ausdruck unter Kontrolle zu halten.
Julian zog die Augenbrauen schelmisch zusammen. „Nicht ganz so übel?“ In einer flotten Drehung tanzte er mit mir von einem Ende des Parketts zum andern und kippte mich dann nach hinten, wobei sein Arm immer sicher in meinem Rücken lag und mich stützte. Wow, so was kannte ich nur aus Filmen und mir blieb die Spucke weg.
Laut lachend klammerte ich mich an seinem Nacken fest. „Okay, okay, es ist wirklich nett.“
Julian lehnte sich über mich. Ich konnte mein Freudestrahlen in seinen Augen entdecken. Er beugte sich noch ein kleines Stückchen weiter runter und plötzlich war sein Mund auf meinem. Der Geschmack von Kokos-Sahne hing noch an seinen Lippen; wahrscheinlich hatte er zuvor eine Piña colada
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