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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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Sandalen in den Händen hielt. „Probier die!“ Als sie mir die Schuhe überreichte, steckte sie mich beinahe mit ihrem Enthusiasmus an.
    Ich setzte mich auf mein Bett und machte die kleinen Riemchen um meine Knöchel zu. Nach ein paar Schritten durchs Zimmer stand fest, sie passten perfekt. Der breite niedrige Absatz klackte dabei auf dem Parkett. Ich kam mir vor wie auf einem Laufsteg.
    „Danke“, sagte ich zu Marie, die gerade begeistert in ihre Hände klatschte. Gemeinsam gingen wir hinunter, und sie holte eine Torte aus der Küche, über die ein großer, runder Plastikdeckel gestülpt war. Meine Knöchel wackelten ein wenig, als wir durch den Garten rüber zu den Weinbergen spazierten.
    Etwa zweihundert Meter vom Haus entfernt, da wo sich die Wege zwischen den Reihen aus Weinreben kreuzten, standen ein paar lange Biertische aus Holz. Einige Gäste saßen bereits auf Bänken drumherum, andere standen in kleinen Grüppchen von zwei oder drei Leuten beisammen. Die Sonne versank gerade im Westen und brachte den Horizont zum Glühen. Dazu leuchteten auch noch unzählige Lampions, die an allen Ecken und Enden rings um uns herum befestigt waren.
    Nun konnte ich auch erkennen, was Marie vorhin mit der Band gemeint hatte. Albert stand mit seinem Akkordeon auf einer provisorischen Bühne, begleitet von zwei weiteren Männern mit Gitarren in den Händen. Auf einer Fläche, die mit einfachen Holzbrettern ausgelegt war, tanzten einige Pärchen wild Boogie-Woogie zu den fröhlichen Klängen der Band.
    Jemand rief Marie aus der Menge zu. Wir beide drehten uns zu einem großen Mann um, der ein Kleinkind im Arm hielt. Das Mädchen blickte mich mit großen dunkelblauen Augen an. Einen Arm hatte sie um den Hals des Mannes gelegt. Mit der anderen Hand wickelte sie sich eine ihrer engelsblonden Locken um den Finger.
    „Bonsoir, Pasqual“, sagte meine Tante.
    Der Mann nickte und warf gerade einen neugierigen Blick zu mir herüber. Er drehte sich erst von mir weg, als Marie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn und das Mädchen in grünen Latzhosen auf die Wange küsste. Mit dem Kuchen in einer Hand schob sie mich mit der anderen einen Schritt nach vorn. „C’est ma niece. Jona. Elle est la fille de Charlene.“
    Und da ging es auch schon los. Obwohl ich wie immer nur Bahnhof verstand, wenn jemand Französisch neben mir sprach, war ich sicher, dass ich gerade als die verlorene Tochter vorgestellt wurde.
    „Das sind mein Cousin, Pasqual, und seine Tochter, Claire“, erklärte sie mir dann.
    Ich winkte zu dem kleinen Mädchen hoch und schüttelte Pasqual die Hand. Er hatte einen festen Händedruck. „Bonsoir, Jona. Je suis heureux de vous recountrer.“
    Ja. Wie auch immer. Ich lächelte höflich, hielt aber meinen Mund. Marie unterhielt sich noch eine Weile angeregt mit ihm, und weil ich kein Wort verstand, begann ich mich zu langweilen. Ich suchte die Menge nach Julian ab, in der Hoffnung, ich könnte ihn als Ausrede benutzen, um mich von Marie und dem schlanken Mann mit dunklem Haar davonzuschleichen. Mit den Händen hinterm Rücken verschränkt schwenkte ich erst nur meinen Kopf in alle Richtungen, doch als ich ihn nirgends entdecken konnte, drehte ich mich im Kreis.
    Als ich seine blonden Haare dann doch in der Menge erblickte, schlug mein Herz einen aufgeregten Purzelbaum. Sein weißes Hemd hob sich gegen Valentine im Hintergrund ab, die ihren runden Bauch in ein Kleid gesteckt hatte, das so rot war, wie der Wein den Albert zum Abendessen trank. Der Drache war auch in ihrer Gesellschaft.
    Charlene sah mich von allen als Erste. Ihr fassungsloses Gesicht war echt zum Totlachen. Sie schlug sich eine Hand über den Mund, vertuschte die Geste aber schnell, indem sie sich die braune Bluse glatt strich, die sie zu ihrer schwarzen Hose trug. Aus irgendeinem Grund wirkte sie heute viel lebendiger als sonst. Kupferfarbene Reflexe in ihrem Haar ließen darauf schließen, dass sie es heute hatte färben lassen.
    Der Blickrichtung meiner Mutter folgend, sah auch Julian kurz über seine Schulter und drehte sich dann zu ihr zurück. Es dauerte nur einen Bruchteil einer Sekunde, bis er noch einmal herumwirbelte. Dieses Mal blieb sein faszinierter Blick allerdings an mir hängen, sogar auch dann noch, als er etwas zu den beiden Frauen hinter ihm sagte, nickte und dann langsam auf mich zusteuerte.
    Mit jedem weiteren Schritt, den er machte, schlug mein Herz lauter, bis es schließlich sogar die Musik der Band übertönte. Ich trat

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