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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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Obwohl ich ja nachher vielleicht noch mal kurz rausschauen werde. Nur um sicherzugehen, dass auch alles in Ordnung ist.“ Er warf einen kurzen, verkorksten Blick rüber zu meiner Tante, die mit einem grunzenden Schnauben antwortete.
    „Natürlich wirst du das. Wann bist du in den letzten zehn Jahren denn nicht auch samstags und sonntags in den Weinbergen gewesen?“ Maries liebevoller Ton wärmte sogar die Luft im Raum. Sie wusste wahrscheinlich nicht einmal, wie man vorwurfsvoll klang.
    Albert lehnte sich zur Seite, griff nach ihrem Arm, zog sie zu sich heran und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Handinnenfläche. „Aber das hast du alles schon gewusst, bevor du mich geheiratet hast.“ Er sah zu ihr nach oben und schmunzelte dabei. „Nun ist es zu spät für Beschwerden.“ Dann wandte er sich wieder mir zu. „Ich habe dir bei der Arbeit zugesehen, Jona.“
    „Ach ja?“ Falls er mir nun vorwerfen wollte, dass ich nicht mein Allerbestes gegeben hätte, müsste ich ihn wohl daran erinnern, dass dies hier keine freiwillige Sache war und sie froh sein konnten, dass ich überhaupt noch mitmachte.
    Marie setzte sich neben mich auf die Eckbank und neckte mich dabei: „Es hat dir doch Spaß gemacht, gib es zu.“
    Ein wenig überrascht, drehte ich mich zu ihr und machte dabei ein skeptisches Gesicht, aber wirklich widersprechen konnte ich ihr nicht.
    „Und du warst uns auch eine große Hilfe“, stellte Albert mit ernster Miene fest. „Du magst vielleicht nicht besonders glücklich über die Umstände sein, warum du hier bist.“ Er verzog den Mund nachdenklich auf eine Seite und rieb sich etwas verlegen den Nacken. „Aber so wie es aussieht, wirst du wohl noch eine Weile unser Gast sein.“
    Eine sehr kurze Weile. Ich leckte mir einen Tropfen Erdbeermarmelade vom Finger, lehnte mich dann zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Augen schossen zwischen Marie und Albert hin und her. Was kam als Nächstes?
    „Deine Tante und ich möchten dich hier zu nichts zwingen. Aber wir könnten zwei flinke Hände wie deine in den Weinbergen schon gut gebrauchen. Besonders so kurz vor der Ernte, wo alles etwas schneller gehen muss. Darum wollten wir dir anbieten, richtig für uns zu arbeiten. So wie Julian. Und nur solange du bei uns zu Besuch bist.“
    Mir gefiel, wie mein Onkel meinen Zwangsurlaub hier auffasste. Im Gegensatz zu den meisten anderen schien er zu verstehen, dass dies nur meine vorübergehende Wohnsituation war und nicht mein neues Zuhause .
    „Natürlich werden wir dich für die Arbeit auch bezahlen“, warf Marie ein und nickte unterstützend. „Wie hören sich zweihundert Euro pro Woche für dich an?“
    Mir trocknete gerade der Mund aus, weil er so weit offen stand. Damit hatte sie mich zweifellos überrumpelt. Mühevoll kämpfte ich mich zu meinem Sprachvermögen durch. „Sagtest du gerade zweihundert? Euro? “
    Der Drache hatte wohl vergessen zu erwähnen, dass ich hergeschickt wurde, um Sklavenarbeit zu verrichten. Von Bezahlung war nie die Rede gewesen.
    Albert zückte seine Brieftasche und zog einen Hundert-Euro-Schein heraus, den er dann auf den Tisch legte und mit der flachen Hand zu mir rüberschob. „Das ist dein Lohn für die letzten beiden Tage.“
    Oder wie ich es gerne nannte: mein Ticket zurück auf die Insel!
    Der kleine rote Teufel auf meiner linken Schulter rieb sich gerade die Hände und lachte hämisch. Wenn Albert ernst meinte, was er gerade gesagt hatte, und ich nur noch eine weitere Woche hier aushalten würde, könnte ich am Ende mit drei von diesen strahlend grünen Scheinen in meiner Tasche hier rausspazieren.
    Mit einem skeptischen, an beide gerichteten Blick gab ich ihnen noch einmal die Chance, ihr Angebot zurückzuziehen und das Geld wieder einzustecken. Beide sahen mich nur ermutigend an. Da merkte ich, wie meine Hand klammheimlich über den Tisch schlich und sich die einhundert Euro mopste.
    „Dann bist du also einverstanden?“ Die Freude im Gesicht meines Onkels machte Maries Dauerstrahlen beinahe Konkurrenz.
    Ich nickte. Ganz langsam.
    „Ausgezeichnet. Dann wünsche ich den Damen noch einen wunderschönen Tag.“ Albert sah von einer von uns zur anderen. „Ich werde inzwischen mal zu Henri hinausschauen. Vielleicht braucht er ja meine Hilfe mit dem Bodenscanner.“ Er zwinkerte mir zu und drehte sich dann zu Marie, um ihren liebenswerten Protest mit einem Kuss zu stoppen. Als er mit einem fröhlichen Pfeifen auf den Lippen zur Tür

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