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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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wir wieder Freunde waren. Und Körperkontakt zwischen Freunden war ja wohl völlig normal. Kein Grund deshalb durchzudrehen. Tief einatmen, Jona! Und —oh Mann, er roch so verdammt gut.
    Krampfhaft versuchte ich ruhig zu bleiben. Doch mit dem lauten Pochen meines Herzens konnte ich kaum noch die Musik hören, die aus dem iPod kam.
    „Kann ich dich was fragen?“ Sein Kinn streifte beim Reden meine Stirn.
    „Klar.“ Sogar bei diesem kurzen Wort war das nervöse Zittern in meiner Stimme zu hören.
    „Worüber hast du in den Weinbergen mit Valentine gesprochen?“ Er betonte jedes Wort, als wäre dies das letzte Geheimnis des Universums für ihn.
    Ich lachte, was angenehm befreiend wirkte. Langsam verebbte auch das Beben in mir. Dann drehte ich mich so in seinem Arm, dass ich ihm in die Augen sehen konnte. „Das willst du nicht wissen.“ Und selbst wenn, ich hätte es ihm nicht sagen können, weil ich doch die Hälfte selbst nicht verstanden hatte.
    Zwar linste er neugierig unter seinen langen Wimpern hervor, doch er akzeptierte meine Antwort. Sein rhythmisch langsamer Herzschlag pochte unter meiner flachen Hand. Er war es wohl gewohnt, Mädchen im Arm zu halten, denn ich machte ihn offensichtlich nicht im Geringsten nervös. Was man von mir gerade nicht sagen konnte. Wenn ich mich fühlte wie eine wandelnde Sternschnuppe, dann war er so etwas wie das ruhige Zentrum meiner Galaxie. Mit mindestens genauso vielen Geheimnissen.
    Mir kam die glorreiche Idee, dass ich heute Abend vielleicht einige davon lüften könnte. Mit der entspannten Atmosphäre, wäre das vielleicht die Gelegenheit. Also sagte ich: „Hab ich auch eine Frage frei?“
    „Sicher.“
    „Hast du dich immer schon um Leute wie meine Mutter gekümmert?“
    „Mm-hm.“
    „Und bist du bei allen geblieben, bis sie gestorben sind?“
    Er blinzelte ein paar Mal, so als würde er seine Antwort abwägen. „Mit einigen. Andere hab ich nur ein paar Wochen lang begleitet.“
    „Bis sie sich von ihrer Krankheit erholt haben?“
    „Bis sie sich mit ihrer Situation abgefunden haben.“ Julian stellte ein Knie auf und legte seinen freien Arm hinter seinen Kopf. „Ich mache nicht ausschließlich Sterbebegleitung. Genau genommen sind Fälle, wie der deiner Mutter, eher die Ausnahme.
    „Wie heißt dieses Institut, für das du arbeitest?“ Vielleicht konnte ich ja später ein paar Nachforschungen im Internet darüber anstellen. Auf dem uralten Computer im Heim hatte ich gelernt, wie man Dinge ganz einfach googeln konnte.
    Sein linker Mundwinkel kurvte nach oben, und er zuckte einmal kurz mit den Augenbrauen, so als wollte er sagen: Das möchtest du wohl gerne wissen, wie?
    „Also?“, drängte ich.
    „Also … es ist nicht wirklich ein Institut. Oder vielleicht ist es das sogar … irgendwie … ich weiß nicht. Ich würde es wohl eher als einen Verein bezeichnen. Wir nennen uns selbst gern Helfer .“
    „Der Verein der Helfer. Ich finde, der Name passt sogar, wenn man bedenkt, wie du den Engel für kranke Leute spielst.“
    Nun hob sich auch sein zweiter Mundwinkel und Julian verdrehte niedlich die Augen. Etwas an meiner Antwort schien ihn sehr zu amüsieren.
    „Kommst du mit deinem Boss gut klar?“ Irgendwie stellte ich mir das Oberhaupt dieses Vereins als alte Nonne vor, ganz in Schwarz gekleidet, mit einem strengen Blick und tausenden Falten im Gesicht.
    „Er ist ein sehr sympathischer Kerl.“
    „Und ist dieser Verein in Frankreich?“
    „Du stellst eine Menge Fragen, junge Lady.“ Sein neckischer Unterton löste bei mir einen kribbeligen Schauer aus, der mir den Rücken runter kroch.
    „Ja, ich weiß. Tut mir leid.“ Ich präsentierte mein süßestes Grinsen. „Also, wo ist euer Sitz?“
    Julian schmunzelte über meine Ungeduld, und ich spürte, wie seine Bauchmuskeln dabei leicht zuckten. „Der Sitz ist nicht in Frankreich. Er liegt weiter … nördlich.“
    Norden? „In England?“
    Er schüttelte den Kopf. „Viel weiter oben.“
    „Das kann alles Mögliche sein, einschließlich des Nordpols. Wo ist der Verein denn nun?“
    „Du gibst wohl nie auf, oder?“
    „Und du gibst niemals direkte Antworten. Oder? “ Es war nett, wie er daraufhin lachte und ich mit ihm geschüttelt wurde. Doch dass er ständig meinen Fragen auswich, begann mich zu frustrieren. Was war denn so geheim an dem Standort seines Arbeitgebers? Vielleicht sollte ich es wirklich googeln. Falls es in diesem Haus überhaupt einen Internetanschluss gab.
    Weil wir beide

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