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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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Adern.
    Jetzt reiß dich aber mal zusammen, schimpfte ich mich selbst. Julian ist kein Voodoopriester. Vor drei Jahren waren mir selbst mal die Lichter ausgegangen, nachdem mir Elizabeth Morgan versehentlich die Tür ins Gesicht geknallt hatte. So war das eben, wenn man einen Schlag auf den Kopf bekam. Man wurde bewusstlos.
    Na schön.
    „Julian! Geht es Jona gut? Was ist mit ihr?“, rief meine Mutter besorgt vom Garten zu uns herauf.
    Vom Garten … wo eigentlich auch Julian gerade sein sollte.
    Mein Herz setzte aus und ebenso mein Atem. Aus weniger als einem Meter Entfernung blickte mir Julian starr in die Augen. Es war unmöglich zu erkennen, was er gerade dachte. Meine Fingernägel gruben sich so fest in die Rückenlehne des Sessels, dass ich Angst hatte, der Stoff würde jeden Moment reißen.
    „Was machst du hier?“, fragte ich ganz langsam und betonte jedes einzelne Wort.
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich kein bisschen. Er sah mich immer noch mit diesen eindringlich blauen Augen an, hatte das Kinn gesenkt und presste die Lippen aufeinander. Schließlich antwortete er ruhig und bedacht: „Du hast geschrien. Und ich bin dir zu Hilfe gekommen.“
    „Nein. Ich meinte: Wie zum Geier hast du es so schnell hier rauf geschafft?“, schrie ich schon beinahe.
    Julian ließ sich ein paar Sekunden mit seiner Antwort Zeit. „Ich … bin gerannt.“
    Ja, genau. Und ich war die Enkeltochter vom Weihnachtsmann.
    Egal, wie schnell er gelaufen wäre, er hätte es niemals in nur zwei Sekunden zurück ins Haus und die Treppen herauf geschafft, also dachte er zur Abwechslung wohl, er könnte einfach mal kurz nach oben auf den Balkon springen.
    Er konnte eigentlich gar nicht hier sein. Und das wussten wir beide.

18.   Nur Freunde
     
     
    DER SESSEL DREHTE sich um seine eigene Achse zwischen Julian und mir. Ich fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar und dann über das Gesicht. Hinter mir hörte ich Lou-Lous Pfoten auf dem Gang, wie sie gemütlich nach unten trottete. Dann wurde es unangenehm still in meinem Zimmer.
    „Du bist über den Balkon hereingekommen. Nicht durch diese Tür.“ Ich deutete hinter mich, wo der Hund bis gerade eben gesessen hatte.
    Julian schnappte eine Armlehne des Drehsessels und schubste ihn aus dem Weg. Weit genug weg, dass er nicht länger als Barriere zwischen uns diente. Dann kam er auf mich zu, die Arme erhoben, Handflächen zu mir. Seine Augen waren ständig auf meine gerichtet, als wollte er mich dadurch irgendwie festhalten. Ich wusste, er würde mir nichts tun, doch Angst machte mir die Situation trotzdem.
    Vorsichtig legte er mir die Hände auf die Wangen und neigte meinen Kopf nach oben, sodass ich seinem Blick nicht ausweichen konnte. „Ich bin die Mauer über das Rankengitter hochgeklettert. Dann hab ich mich über das Geländer gezogen. Du hast mir eine Höllenangst eingejagt, Jona. Ich schätze, da hab ich einfach nicht auf Details geachtet.“
    Seine Berührung war wundervoll. Entspannend. Ich konnte langsam wieder normal atmen. Ruhe kehrte in meinen Gedanken ein. Seltsame, euphorische Ruhe. Unnatürlich für diese Welt. Jeder Hauch von Misstrauen verschwand und übrig blieb nur noch die Verlockung, Julian zu glauben.
    Ich gab meinen Widerstand auf und ließ mich bedingungslos auf ihn ein, als er mich an seine Brust zog und die Arme um mich legte. Er stützte sein Kinn sanft auf meinen Kopf und seufzte dabei. „Ich bin nur froh, dass es dir gut geht.“
    „Ich auch. Lou-Lou hat mich ganz schön erschreckt.“ Ich schlang meine Arme um seine Taille und ließ Julians Duft seine besondere Wirkung tun. Der Schock der vergangenen fünf Minuten verebbte in einen Zustand der vollkommenen Lethargie. „Hoffentlich bringt sie mir nicht noch mehr tote Tiere.“
    „Mit der Ente wollte sie dir zeigen, dass sie dich gern hat. Das ist ihr natürlicher Instinkt.“
    Mit einem Unverständnis ausdrückenden Stirnrunzeln blickte ich zu ihm hoch. „Wenn ich also jemals einen Mann finde, der mich heiraten will, dann bringt mir der tote Enten mit nach Hause?“
    Sein melodisches Lachen erfüllte den Raum. Er zerraufte mein Haar und streifte es dann wieder glatt. „Irgendwie kann ich mir das nicht so recht vorstellen.“ Sachte blieben seine Finger auf meinem Hals liegen.
    Eine angenehme Wärme wanderte von meinem Nacken aus bis hinunter zu meinen Zehen. Ich fragte mich, ob Julian zu der Art Mann gehörte, die ihren Freundinnen kleine Geschenke als Liebesbeweise machte. Sicherlich keine

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