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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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vom Zoll kontrolliert zu werden. Eine offene Wunde der Halbinsel Italien, durch die auch das »weiße Gold« der ’Ndrangheta in rauen Mengen hereinströmt.
    Hier landen riesigen Kokainklumpen, nach einer Reise, die durchaus mehrere Monate dauern kann. Südamerika, Guinea-Bissau, Spanien, Italien, Genua. Das ist einer der Handelswege, den die Kokainhändler benutzen. Auch zwei Broker der Clans aus Reggio di Calabria und Vibo Valentia, die in Ligurien Wurzeln geschlagen und dort Mafia-Zellen gegründet haben, nutzen dieser Route für ihre Geschäfte. Von La Spezia bis Ventimiglia hat die Anti-Mafia-Behörde von Genua vier solcher Mafia-Zellen oder
Locali
ausgemacht. Genua, Sarzana, Lavagna und Ventimiglia. Vier Zellen und ein »Kontrollausschuss«, der dazu dient, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Territorialorganisationen der ’Ndrangheta sowie den Kontakt zum Mutterhaus, der
Provincia
, in Reggio di Calabria aufrechtzuerhalten.
    Geschichten, Erzählungen, Legenden, Märchen. Für viele Einwohner Genuas existiert die ’Ndrangheta in dieser Stadt nicht. Sie stellt kein kriminelles Problem dar, im Gegensatz zu den »Immigranten, die wilde Camps aufbauen, Schlägereien anzetteln, miteinander kämpfen, sich abstechen«. Antworten dieser Art sind in Genua nicht selten, wenn man beim Schlendern durch die Gassen der Stadt die Passanten oder die Händler befragt, ob die kalabrischen Paten mit ligurischem Akzent eine Gefahr für ihr Geschäft oder für die Stadt darstellen. Dieselben Antworten wie in der Lombardei. Selbst nach der Verurteilung der
Bad Boys
aus Kalabrien betont man in Varese, dass die Marokkaner das eigentliche Problem seien, und nicht Clan-Chef Rispoli.
    Die Clan-Chefs, die Befehle erteilen und die Wirtschaft der Lombardei auf gefährliche Weise unterwandert haben, lösen keinen Alarm aus, bieten keinen Anlass zur Sorge. Die Paten und ihre Schlägertrupps sind in der Regel gut angezogen, schaffen Arbeitsplätze und besitzen Firmen. Von der lombardischen Unternehmerschaft sind sie nicht mehr zu unterscheiden. Aus ihnen sind Einzelhändler und Entrepreneure geworden. Sie machen niemandem mehr Angst. Sie sind Chefs, Mitarbeiter und Kollegen, wie viele andere auch.
    So präsentierte sich Carmelo Bellocco denjenigen unter den Einwohnern Bolognas, die für das CAAB
(Centro Agro Alimentare Bologna)
arbeiten, den Obst- und Gemüsemarkt der Stadt. Carmelo Bellocco ist einer der Clan-Chefs aus Rosarno (Kalabrien), genauer gesagt des Bellocco-Clans. Sie sind mit dem Pesce-Clan verbündet, dem Clan, der auf dilettantische Weise versucht hat, im italienischen Profifußballgeschäft über Wettmanipulation in großem Stil Geldwäsche zu betreiben.
    Rosarno gehört dem Clan bereits. Bologna entging nur knapp der Gefahr, in seine Hände zu gelangen. In die Hände der Mafiosi aus Rosarno. Diese versuchten einen Coup im Herzen der Agrarwirtschaft der Emilia-Romagna durchzuziehen. Beim CAAB. Das belegen die Ergebnisse der Operationen »Rosarno è nostro« I und II aus dem Jahr 2010. Sie lieferten einen Eindruck von der mafiösen Dynamik im Schatten der mittelalterlichen Zwillingstürme im Stadtzentrum Bolognas. Aus der Haft entlassen begab sich Clan-Chef Bellocco zur Villa von Rocco Gallo, einem Unternehmer aus Rosarno, der in Granarolo dell’Emilia wohnte. Gallo ist der Eigentümer der Firma
Veneta Frutta
, die im Obst- und Gemüsemarkt von Bologna aktiv war. Rocco Gallo war auch Eigentümer einer weiteren Firma, der
Rocco Gaetano Gallo
, mit Sitz in Rosarno. Als Geschäftszweck war hier Gemüseanbau angegeben. Von der Produktion bis zum Handel bestimmen die Clans die Handelswege.
    Und wie für Gangemi in Genua ist die Liebe zum Obst- und Gemüsehandel ein Privileg der obersten Bosse. Carmelo Bellocco hatte begonnen, als Angestellter von Gallo zu arbeiten. Jeden Tag war er mit seinem Kleinwagen Marke Ligier auf den Gemüsemarkt gefahren, zog die Kleidung eines Handlangers an, der pflichteifrig seinen Dienst versieht. Dabei war er jedoch ein ziemlich spezieller Angestellter. Der einzige, der seinem Chef Befehle erteilen konnte. Rocco Gallo war nach Kalabrien als sein Emissär entsandt worden. Eine intensive Reisetätigkeit von Clan-Mitgliedern begann, die von Rosarno nach Granarolo verlief, wo man dem großen Boss seine Aufwartung machte.
    Im ruhigen Granarolo entwarf Carmelo Bellocco einen Schlachtplan gegen den Amato-Clan, den »Zigeunern« der ’Ndrangheta aus Rosarno, die im Raum Reggio Emilia ansässig sind.

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