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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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Gemeinderats von Bordighera daraufhin die gesamten Bauakten intensiv durchforstete.
    In den letzten Jahren lassen sich die auf Mafia-Umtriebe zurückzuführenden Brandfälle nicht mehr zählen. Und die Einschüchterungen ebenso wenig. Trotzdem sind für viele an der ligurischen Riviera die massiven Anzeichen für die Präsenz einer aktiven Mafia-Organisation nicht zu erkennen. Zu ihnen zählt auch die Staatsanwältin Anna Canepa, die lange Zeit bei der Anti-Mafia-Behörde von Genua arbeitete und mittlerweile in die nationale Anti-Mafia-Direktion aufgestiegen ist. Im Zusammenhang mit dem Thema Mafia spricht sie bis heute groteskerweise von einem süditalienischen Problem.
    Die Schäden für die italienische Wirtschaft sind unkalkulierbar. Vorsichtige Schätzungen belaufen sich auf eine Größenordnung von 120 Milliarden Euro pro Jahr, die in verschiedenen Schritten gewaschen und dann in eine andere Form gebracht werden, so wie im Fall der Firma
Perego
in der Lombardei, wo es der ’Ndrangheta gelungen war, die totale Kontrolle der Firma zu übernehmen. Das alles ist Canepa wohlbekannt. Bei ihren Begegnungen mit Bürgern beharrt sie aber stets auf einem Punkt: Man müsse die Zivilgesellschaft dazu bringen, zu reagieren. »Es ist notwendig, dass die Unternehmer sich nicht abkapseln, dass sie Kraft haben, die Verbindungen zu kappen, die ihnen die Mafien aufoktroyieren wollen, sei es durch den Gebrauch von Gewalt oder durch wirtschaftliche Vorteile. Der Weg kann nur einer sein: Die Aktivitäten der Staatsanwaltschaften durch die Arbeit einer Zivilgesellschaft zu unterstützen, die sich wachsam, verantwortungsbewusst zeigt und als aktiver Part der Konstruktion einer alternativen Gemeinschaft zu den Mafien versteht.«
    Das heißt, man soll schweigen und die Phantasmen unter den Containern im Hafen begraben und sie wieder zu einer marginalen kriminellen Frage machen. Das ist der Mechanismus, von dem sich Norditalien schnellstens lösen muss, wenn es nicht untergehen will. Die wirtschaftlichen Vorteile, die Fähigkeit, den Markt zu beherrschen und die Wettbewerbsfähigkeit – kann man all das nur erringen, wenn man die Kosten drückt, die Gewinne im Ausland versteuert, Steuern überhaupt vermeidet und ausschließlich nach Schleichwegen am Rand der Legalität sucht, wo die Mafien sehr aktiv ihre Dienstleistungen bewerben? Oder gibt es ein Entwicklungsmodell, das an den zivilen und sozialen Fortschritt rückgebunden ist und das jenes Geschäftemacherei- und Polit-Netzwerk, welches die Mafiosi Italiens in den letzten Jahrzehnten gesponnen haben, zerreißen könnte? »Wenn wir es nicht machen, wer soll es dann machen?« Das skandierte schon in den siebziger Jahren Peppe Valarioti, der Parteisekretär der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) in Rosarno, der 1980 von den Clans der Ebene hingerichtet wurde.

22.
»FRANCO« AUS SAN MARINO, ODER DER BOSS, DER SAN MARINO BEWUNDERT
    »Gerade heute morgen habe ich über diesen Landstrich gesprochen, den ich sehr schätze.« Mit diesen Worten pries der Pate Raffaele Stolder San Marino an, das kleine Paradies für die Millionen der Clans. Diese Bewunderung teilte der Chef des gleichnamigen Camorra-Clans mit einer Führungsfigur der sizilianischen Mafia, mit der er ein wichtiges Geschäft vorbereitete: Francesco »Franco« Vallefuoco. Der Mafia-Finanzfachmann sollte die Millionengewinne des Clans per Geldwäsche in die legale Wirtschaft einschleusen. »Franco« ist ein Freund, und außerdem lebt er auch selbst in San Marino. Wie Stolder denken auch weitere sizilianische Mafiosi. »Franco« ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um Geldwäsche geht.
    Vor Februar 2011 wusste man über Vallefuoco nur wenig. Es bedurfte der Operation »Vulcano«, koordiniert von der Anti-Mafia-Behörde von Bologna, um seinen Namen in die Schlagzeilen der Lokalzeitungen zu bringen. Zu den zehn Verhafteten, von denen die meisten den Clans der Casalesis, Mariniellos aus Acerra und Vallefuocos angehörten, zählte auch »Franco« Vallefuoco selbst. Alles in allem wurden gegen 26 Personen Ermittlungen eingeleitet. Darunter auch unverdächtige Notabeln aus San Marino, die sich dadurch schuldig gemacht hatten, dass sie für »Franco« Finanzgesellschaften führten.
    Der Vallefuoco-Clan ist kein klassischer Camorra-Clan. Bei den Urteilen gegen seine Angehörigen gab es bislang keine verschärften Verurteilungen wegen mafiösen Zusammenschlusses nach Paragraph 416 b des italienischen Strafrechts. Nicht einmal in

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