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Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
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und ist für die Vermietung der Räumlichkeiten zuständig. Von der Festnetznummer der Fakultät in der Via San Giovanni in Monte rief er bei der Pizzeria
San Donato
der Schwestern Pedullà an, den Töchtern von Maria Strangio.
    »Die ’Ndrangheta in Bologna«, titelte eine Zeitung, die die ganze Geschichte brachte. Heutzutage keine Sensationsmeldung mehr in der Emilia-Romagna und in Piemont. Zwei Regionen, die die Kokain-Ökonomie verbindet. Zusammen mit der Lombardei formen sie ein »weißes« Dreieck. Das, was einmal aufgrund der Vorherrschaft der linken Parteien in diesem Gebiet als »rotes Dreieck« bekannt war, ist jetzt zu einem großen Marktplatz geworden, auf dem ein »Nahrungsergänzungsmittel« dominiert: Kokain. Ein Produkt mit außerordentlich hoher Nachfrage. Durch die Nase gezogen von seriös erscheinenden Selbständigen und von Jugendlichen, die nach Grenzüberschreitungen suchen. Eine Droge, die die üblichen Hierarchien und sozialen Grenzen überschreitet und von der die ’Ndrangheta unglaublich profitiert. Die Lasterhaftigkeit der Bevölkerung spült ihr täglich Unsummen in die Kassen. Die Mafia kumuliert durch entsprechende Investitionen der Drogenprofite horrende Vermögenswerte – und Macht. Beides lässt sich leicht zu neuen Profiten umsetzen innerhalb des Wirtschafts- und Finanzsystems der boomenden Regionen, in denen die Clans agieren.
    Natürlich gibt es immer noch Leute, die meinen, die ’Ndrangheta sei eine Erfindung des Sensationsjournalismus, um die Auflagen zu steigern. Nicht wenige denken so. »Aber was ist die Mafia denn wirklich? Was isst sie, was trinkt sie? Wo lebt sie, wer hat sie je gesehen, die berühmte ’Ndrangheta?« Der Boss wurde zur Furie, als er seinen Namen einmal in der Turiner Zeitung
La Stampa
las. Es ging in dem Bericht um einen Kronzeugen, der über Gioffrès Aktivitäten in Turin sprach und dabei Affären und Mordanschläge erwähnte. »Verfickter Verräter«, beschimpfte ihn Gioffrè.
    Dass die ’Ndrangheta tatsächlich ein Hirngespinst sei, eine Medienerfindung, ist die Privatmeinung von einigen. Fakten zählen dabei offensichtlich nicht. Vielleicht hat die Fehleinschätzung damit zu tun, dass die ’Ndrangheta immer unbewaffnet dargestellt wurde, als diejenige, die ihre Waffen abgegeben hat. Was in der Realität natürlich niemals so war. Im Gegenteil. Boss Gioffrè, der immer betont hatte, dass er nicht wisse, was eine Mafia sei, wurde selbst in Bovalino mit Maschinenpistolen regelrecht hingerichtet.
    Hinter dem Anschlag steckten natürlich wieder Geschäfte. Konkurrenz. Neid. Atmosphärische Störungen im Ablauf der Millionengeschäfte. Das oberste Standgericht der ’Ndrangheta hatte das Urteil gefällt, sein Schicksal entschieden. Daran haben die Ermittler keinen Zweifel. Die gewalttätige Seite der Clans ist jedoch in den letzten Jahren zumeist übersehen worden. Vielmehr richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Reichtümer und die Macht der ’Ndrangheta. Aber in Turin, in Mailand, in Modena, in Bordighera wurde und wird weiterhin geschossen. Immer noch werden die Nächte von Brandanschlägen erleuchtet, mit denen Unternehmer eingeschüchtert werden sollen.
    Es gibt Morde, die in der südlichen Peripherie der Region verübten werden, die die mafiöse Dynamik betreffen und auf ihre nördlichen Aktivitäten durchschlagen. Der Minotaurus repräsentiert das doppelte Antlitz der Mafien. Zurückgezogen und gewalttätig, finster und unverdächtig, liebenswürdig und grausam. Jenseits der »Gotenlinie« ist die Bestie trotz ziviler, juristischer und polizeilicher Bemühungen immer noch auf freiem Fuß. In ihrem Schlupfwinkel, unter einer dicken Decke aus Gleichgültigkeit.

21.
»DER KÖNIG DES OBST- UND GEMÜSEHANDELS«
    Im Morgengrauen lässt der Nebel keinen Platz für irgendwelche Assoziationen. Eine graue Wattewolke hat das Innere des Hafens von Genua unter sich begraben. Der Hafen ist einer der bedeutendsten Europas. Nur die Geräusche der Kräne, die die Container be- und entladen und diese auf dem Hafengelände umsetzen, setzen einzelne Akzente. Der Winter ist hart. Auch wenn ihn die Salzluft und die auch zu dieser Jahreszeit bemerkbaren Düfte des Mittelmeers etwas erträglicher machen als anderswo. Millionen Container treffen hier jedes Jahr ein. Alle nur denkbaren Güter werden hier angelandet. Kleidung, tiefgefrorene Fische, alle möglichen anderen Lebensmittel, Rohstoffe, Säuren, Drogen, Menschen. All das strömt in diesem Hafen zusammen, ohne

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