Mafia Princess
eine viertel Million Pfund Sterling ging an Valeria. Lara hatte ich mit dabei. Das Geld ließ ich mir in US-Dollar auszahlen, und die Bündel waren größer, als ich erwartet hatte. Mir fielen die Fotos ein, die mich als Baby auf Stangen Marlboro liegend zeigten, und so hob ich die Abdeckung von Laras Babytragetasche, das ideale Versteck für die sieben versiegelten Bargeldbündel von Coutts. So trug ich Lara und eine irrsinnige Menge Geld aus der Bank heraus.
Im Allgemeinen versuchte ich, wenigstens über Nacht zu bleiben, denn Genf ist wunderschön, doch manchmal musste ich am selben Tag wieder zurück.
Bei meinem nächsten Besuch bei Dad meinte dieser: »Kümmere dich um die Schließfächer in Zürich. Valerias Mutter hat da welche. Sieh mal nach, was damit los ist.«
Valeria durfte es nicht riskieren, die Slowakei zu verlassen; sie könnte ja verhaftet werden, also traf ich mich wieder einmal mit Aurelia, ihrer Mutter. Als wir in Zürich ankamen, erklärte uns der Bankdirektor, die Schließfächer seien von der Polizei geräumt worden. Ich wurde fuchsteufelswild. Was, wenn das auch mit dem »Treuhandfonds« passierte? Wir übernachteten im Hotel Mövenpick und tranken Café in der Hotelbar, als ich merkte, dass wir beobachtet wurden. Ich war in einer kompromittierenden Situation, und die Polizisten hätten mich an Ort und Stelle festnehmen können, aber aus irgendeinem Grund rührten sie sich nicht. Ich nahm einen Flug nach Mailand.
Diese Erfahrung veränderte mich nachhaltig. Ich wurde aufmerksamer für gewisse Dinge, und ich wurde auch listiger, abgebrühter. Ich musste lernen, Menschen einzuschätzen, sie zu durchschauen, ihre wahren Beweggründe und Absichten zu erkennen. Allmählich hörte ich mehr auf meine Instinkte, wenn ich keine guten Schwingungen von einem Menschen empfing. Bald hatte ich heraus, die Leute schneller einzuschätzen – aber meine Macht hatte ich nicht immer unter Kontrolle.
Ich wohnte mit Lara in meiner Mailänder Wohnung, und jeden Tag fuhren wir entweder zum Mittag- oder zum Abendessen zu Brunos Mutter. Eines Abends kamen wir gegen elf Uhr zurück, ich wollte gerade einparken, da schnappte mir ein junges Mädchen den Parkplatz vor der Nase weg.
Ich sprang aus dem Auto. »Was machen Sie da? Ich habe ein Baby bei mir. Ich wollte hier parken.«
Sie schnaubte verächtlich und zeigte mir den Stinkefinger.
Ich war wütend und rief einen Mann an, der für mich arbeitete: »Komm sofort her, du musst ihr die Reifen durchstechen. Und zwar alle.«
Ein oder zwei Stunden später kam er und machte es. Es war kein Problem. Immerhin ging ich nicht so weit und ließ ihr Auto in Brand setzen, was ich leicht hätte tun können. Wenigstens davor machte ich Halt. Ich weiß, ich hätte das nicht tun sollen, aber wenn man mich wie Dreck behandelt, kann ich ganz schön wütend werden.
Im März 1993 machte ich einen meiner wöchentlichen Besuche bei Dad. Auf dem Rückweg checkte ich meine Reisetasche in Lissabon für den Flug nach Mailand ein, und während ich in der Abflughalle wartete, rief ich Brunos Mutter an und bat sie, nach Lara zu sehen.
»Komm nicht zurück, Marisa«, warnte sie mich. »Sie haben deine Großmutter verhaftet, deine Tante … die verhaften praktisch jeden aus deiner Familie.«
Ich schaute hoch zur blinkenden Abflugtafel, ein Flug nach London war aufgelistet. Ich täuschte einen medizinischen Notfall vor und bekam meine Reisetasche zurück, die ansonsten auf den Flug nach Mailand gegangen wäre, und kehrte nach England zurück, zu Mum.
Doch Lara war in Italien.
Nach Mailand konnte ich nicht, aber ohne meine Tochter konnte und wollte ich nicht in England bleiben. Es gab keine andere Möglichkeit. Lieber ließ ich mich verhaften, als von meiner Tochter getrennt zu sein. Ich musste es riskieren. Sie war doch noch ein Baby.
Ich buchte einen Flug nach Nizza. Ich wies Brunos Eltern an, Lara an einen Ort zu bringen, der unmittelbar an der französisch-italienischen Grenze liegt, und erklärte, ich wolle sie dort treffen. In Blackpool kaufte ich eine dunkle Perücke, der Verkäuferin in der Boutique an der Küstenpromenade sagte ich, dass ich meinem Mann folgen wolle, den ich verdächtigte, eine Affäre zu haben. Ich baute darauf, dass man nach der blonden Marisa Di Giovine Ausschau halten würde. Wenn man in Italien heiratet, behält man seinen Mädchennamen. Auf meinen italienischen Ausweispapieren hieß ich Di Giovine, auf meinem englischen Pass Marisa Merico.
Am Flughafen
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