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Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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einhundertundzwei Besatzungsmitgliedern waren zahlreich; trotzdem schien ihm auch die kleinste Begebenheit wichtig genug, um ihr seine Aufmerksamkeit zu widmen, vorausgesetzt, sie rechtfertigte seine tiefe Abneigung gegen jedes positive Denken oder eignete sich dazu, dem Kapitän Unannehmlichkeiten zu machen. Diese Zackenlinie aber erfüllte beide Voraussetzungen und bedeutete ein wahrhaft gefundenes Fressen für ihn.
    Captain Ramm stand vor den Sichtschirmen der Brücke und blickte über die unermeßlichen Weiten zu den strahlenden Feuern von Alpha Centauri. Mit seinen harten männlichen Gesichtszügen und dem kräftigen, wohlproportionierten Körper gab er eine gute Figur ab, und dessen war er sich sehr wohl bewußt. Auch die Mädchen unter den Passagieren waren dieser Meinung, und aus der Art, wie sie sich in seiner Gegenwart benahmen, hätte man schließen können, daß er einer seiner elf Söhne war und nicht ein verheirateter Mann von fünfzig. Wells war erst dreißig Jahre alt und obendrein unverheiratet, und mit seinen Hängebacken und seinem gebrechlichen Körperbau erzielte er auf die Weiblichkeit genau die entgegengesetzte Wirkung wie der Kapitän. Und auch das brachten die Mädchen aus den Reihen der Passagiere deutlich zum Ausdruck; denn aus der Art, wie sie sich in seiner Gegenwart benahmen, hätte man schließen können, daß er eine Kreatur war, die der Gärtner vom Grunde der hydroponischen Tanks heraufgeholt hatte.
    Am Steuerpult überprüfte Niles, der Steuermann, den Kurs von Der Herr ist mein Hirte, mir soll's nicht mangeln . Wells ging an ihm vorbei und überreichte dem Kapitän die Nachricht. »Ungewöhnlich, finden Sie nicht auch, Sir?« fragte er.
    Captain Ramms blasse blaue Augen erfaßten den kurzen Linienzug mit einem Blick. »Was ist daran so ungewöhnlich – oder so wichtig – Sie wissen doch selbst, daß ein Meteor nicht näher als zehntausend Meilen an uns herankommt?«
    »Dies ist kein Meteor«, sagte Wells. »Sein Massen-Geschwindigkeits-Verhältnis kennzeichnet das Objekt als ein Raumschiff.«
    Der Kapitän blickte unwillig zur Seite. »Unsinn, Mr. Wells! Sie wissen genauso gut wie ich, daß Der Herr ist mein Hirte, mir soll's nicht mangeln das erste EPD-Schiff ist, das die Erde verließ. Selbst wenn wir annehmen, daß eines der späteren Schiffe uns ohne unser Wissen überholt hat, so ist es doch sehr zweifelhaft, daß es seinen Kurs um 180 Grad gedreht hat und sich uns nun aus der entgegengesetzten Richtung nähert!«
    »Was alles darauf hindeutet«, erwiderte Wells voller freudiger Genugtuung, »daß das betreffende Schiff nicht von der Erde stammt.«
    »Das ist Blasphemie, Mr. Wells!«
    »Nein, das ist es nicht – es ist Logik. Es ist ja ganz schön und gut, darauf zu bestehen, daß die Erde der auserwählte Planet ist und daß sie, und nur sie allein, von intelligenten Wesen bewohnt ist – und keine andere Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen; aber ein Schiff ist ein Schiff und muß von irgendwoher kommen. Wenn dieses also nicht von der Erde stammt, dann muß es von woanders her sein.«
    »Genug der wahnwitzigen Vermutungen, Mr. Wells!« Als eifriger (und äußerst aktiver) Anhänger der Propagation hatte der Kapitän für Neo-Malthusianer nichts übrig, und jedesmal, wenn er seine Position gegen sie ausnutzte, so tat er dies aus einer gewissen Rachsucht heraus.
    »Sobald Ihr kostbares Stück in den Bereich des Tief-Scanners gelangt, sorgen Sie dafür, daß seine wahre Beschaffenheit festgestellt wird. Bis dahin aber behalten Sie bitte Ihre absonderlichen Spekulationen für sich!«
    Wells grüßte und verließ den Kommandostand. Bevor er jedoch zum Radarraum zurückkehrte, fuhr er mit dem Lift hinauf in den Kleinen Himmel, kletterte in den Patrouillen-Copter und führte seine tägliche Luftinspektion des Passagierdorfes durch. Das Dorf nahm achtzig Prozent des runden Schiffsinneren ein und hatte alles zu bieten, was für ein Schiffsdorf wünschenswert war. Es gab Häuser, Grasflächen und Bäume; eine Grundschule, eine Oberschule, eine Universität und eine Raumakademie; dazu kamen eine Bibliothek, ein Park, ein Krankenhaus, eine Sonne, ein Himmel und ein Supermarkt. Gewiß, der Supermarkt war die Vorderfront eines Rationsverteilungszentrums, und der Himmel war genauso falsch wie die Sonne, aber trotz allem war das Dorf für die Nachkommen der Passagiere – die sechste Generation war gerade im Kommen – ein hübscher Ort, um darin ihre Kinder aufzuziehen und dem

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