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Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 02 - Das letzte Element Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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hinaus?« fragte ich.
    »Wieso ... überhaupt nicht, natürlich! Vater läßt mich ja nicht ...«
    »Und im freien Fall? Und das Landen in der Leere? Und wie kommst du zurück?«
    »Schon gut. Schon gut! Du brauchst es mir nicht noch unter die Nase zu reiben«, unterbrach er mich verdrossen. »Aber warte nur! Ich komme in den Raum, du wirst's schon sehen!«
    Vater zog eine Augenbraue hoch, als Remy ihm an diesem Abend eröffnete, er wolle das Motivieren studieren. O ja, er würde es erlernen – die meisten unseres Volkes konnten es –, aber es ist eine äußerst mühsame Angelegenheit, wenn man dazu nicht besonders begabt ist. Ein begabter Motivierer braucht fast gar kein Training, außer dazu, sich für die notwendige Zeitspanne auf ein gegebenes Projekt zu konzentrieren. Aber Remy mußte von der Pike auf lernen, wie ein Außenseiter – und das ist ein ziemliches Unterfangen. Vater und Remy wußten beide sehr gut, daß er wieder einmal nur dickköpfig war, weil er so gern in den Raum hinaus wollte, aber Vater schickte ihn zu Ron in die Lehre, und ich fühlte mich während der Stunden, in denen er nicht im Lager war, recht einsam. Denn schließlich – was gibt es schon für einen Schatten zu tun, wenn niemand da ist, dem er folgen kann?
    Ein oder zwei Tage lang streifte ich über den nahe gelegenen Hängen und Hügeln umher, erschreckte die kreisenden Bussarde, indem ich über ihre dünnen, weiten Flügel lugte, oder gab mich dem prickelnden Gefühl hin, entlang der schrägen Strahlen der Abendsonne an den Kaminen vorbei nach unten zu gleiten. Die Kamine sind nackte, eckige Granitfinger, die entlang des einen Ufers des Cayuse zwischen den Bäumen aufragen. Aber nach einer Weile machte es keinen Spaß mehr, allein auf Entdeckungsreisen zu gehen, und als ich Mutter an einem Abend ein kleines Kaninchen mit einem wolligen Schwanz mit nach Hause brachte, das ich in der Dämmerung einem Coyoten weggenommen hatte, fühlte ich mich sehr einsam.
    »Ich spüre, daß es verletzt ist«, sagte ich und hielt das weiche, flaumige Etwas behutsam in den Händen. Unbeweglich lag es da, nur seine drollige Nase zuckte hin und her. »Aber ich weiß nicht, ob es ein Bruch oder eine Zerrung ist. Erklär mir noch mal, wie ich den Unterschied feststelle.«
    Mutter legte sanft die Hand auf das Tierchen, nachdem sie es ihres Mitleids versichert hatte. »Es ist eine Zerrung«, sagte sie weich. »Spürst du es denn nicht ...« Sie beendete den Satz mit Gedanken, für die es keine Worte gibt und die ich deshalb auch nicht niederschreiben kann. Und endlich spürte ich die Zerrung in den Muskeln des Kaninchens und auch den Unterschied zu dem Gefühl, das ein Bruch verursachen würde.
    »Ja – ja!« rief ich. »Ich werde es nicht wieder vergessen. Soll ich es wieder laufen lassen?«
    »Bring es lieber in das Krankengehege«, riet Mutter. »Wenigstens für die Nacht. Dort kann es sich beruhigen, und morgen lassen wir es wieder laufen.«
    Wir setzten es also in die Einfriedung und lehnten uns über den Zaun, um zuzusehen, wie es sich zwischen dem Gewirr von grünen Pflanzen am anderen Ende versteckte. Dann machte ich vorsichtig das nach, was Mutter mir vormachte. Wir gingen in uns, um den Schmerz, den wir gespürt hatten, auszugraben. Das ist eines der wichtigen Dinge, die ein Sensitiver lernen muß – was wir beide sind. Als Mutter noch klein war lebte sie unter Außenseitern, sie brach fast zusammen, bis sie unsere Gruppe fand und das Abschirmen und das Aushöhlen lernte.
    Noch ganz erfüllt von dem warmen Gefühl, das wie ein Gebet anmutet und eine Folge des Aushöhlens ist, gingen wir in der Dämmerung zurück zum Haus.
    »Du vermißt Remy sehr?« fragte Mutter.
    »Ja«, seufzte ich. »Es wäre nicht so schlimm, wenn wir bei der Gruppe lebten, aber ganz allein hier oben, bis Vaters Schicht vorüber ist, das ist so deprimierend. Wenn Remy auch zum Schlafen nach Hause kommt – das ist nicht dasselbe. Es gibt nichts zu tun –«
    Mutter lachte. »Ich wünschte mir einen Groschen für jedes Mal, wenn das ein Kind zu seinen Eltern gesagt hat! Warum benutzt du die Zeit nicht dazu, eine neue Gabe oder Fähigkeit zu erlernen?«
    »Was denn?« Ich war nicht sehr begeistert.
    »Nun«, überlegte Mutter. »Vielleicht irgend etwas, das sich gut an deine sensitiven Fähigkeiten anknüpfen läßt. Etwas, das mit dem Aufspüren von Dingen zu tun hat – Metall oder Wasser oder irgend etwas Ähnliches. Vielleicht kann es dir später einmal nützen. Du

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