Magazine of Fantasy and Science Fiction 04 - Signale vom Pluto
retten.«
Das erinnerte Herdman wieder an seine erfolglosen Versuche im Kontrollraum. Hastig wechselte er das Thema.
»Ich bin zwar kein Fachmann auf diesem Gebiet«, sagte er vorsichtig, »aber es scheint mir, als wäre die körperliche Anstrengung beim Sprechen – das Bewegen der Zunge und so weiter – nicht größer als die beim Atmen. Ist diese absolute Schweigepflicht notwendig?«
»Nein«, antwortete der Arzt, fügte dann aber schnell hinzu: »Aber ich glaube, daß wir uns sonst den ganzen Tag gegenseitig etwas vorjammern würden, und das wäre nicht gut. Und außerdem soll Schweigen seine Vorteile haben. Es ist eine Art geistiger Disziplin, und die werden wir in den nächsten Wochen noch gehörig brauchen ...
In ein paar Tagen werde ich übrigens erlauben, daß wir uns ein wenig unterhalten«, fügte er nach einer Weile hinzu. »Vielleicht für eine Stunde vor und nach dem Essen. Dann wird das Sprechen etwas so Neues sein, daß wir unsere Gedanken dadurch etwas von dem Essen ablenken können.«
Von der vierten bis zur Mitte der achten Woche half Forsythes Einfall, wie er gehofft hatte. Allerdings drehte sich das Gespräch während der ersten Tage ausschließlich um das Essen. Aber da die Passagiere alle überdurchschnittliche Intelligenz besaßen, fanden sie nur allzu schnell heraus, daß die Erörterungen darüber völlig unproduktiv waren, und wandten sich anderen Themen zu. Am Ende wurde diese Unterhaltungsstunde zu einem richtigen Spiel.
Sie hatten den ganzen Tag Zeit, sich ihre Argumente zurechtzulegen, und wenn dann die Zeit gekommen war, versuchte jeder so viel wie möglich loszuwerden, so daß oft alle wild durcheinander redeten.
Obgleich Kapitän Ramsey keine Beruhigungsmittel mehr erhielt, sprach er nur sehr wenig. Herdman war nicht eingeladen, an den Gesprächen teilzunehmen, aber er hörte alles vom Kontrollraum aus mit.
Am zweiten Tag der achten Woche hing die Ramsey genau in der Mitte zwischen einem matt schimmernden Saphir, der Erde, und einem trüben Rubin, dem Mars – die Hälfte ihrer Reise war überstanden. Jetzt ging es nur noch bergab, trösteten sich die Passagiere. Aber bald darauf ließen die Gespräche nach. Als Herdman den Arzt darauf aufmerksam machte, erklärte ihm dieser, daß das zwei Stunden lange Sprechen sie zu stark anstrenge.
Die ganze Zeit über verspürte Herdman unbändigen Hunger, aber Forsythe sagte ihm immer wieder, daß das gerade die Folge seiner ausreichenden Nahrung war – das Bewußtsein, nicht genug zu haben. Die anderen hatten bereits einen Zustand erreicht, in dem ihre Mägen so zusammengeschrumpft waren, daß sie keinen Hunger, sondern eher Übelkeit verspürten. Er sagte, daß ihm Mr. Herdman leid tue. Aber man konnte nicht erkennen, ob er das ernst oder etwas ironisch meinte, denn seine Stimme war so geschwächt, die Haut über dem Gesicht so stark gespannt daß es unmöglich war, den Tonfall oder Gesichtsausdruck zu deuten.
Wallace und Brett waren furchtbar schwach und ausgemergelt, und Kapitän Ramsey war so eingeschrumpft, daß der Verband an seinem gebrochenen Arm und der Schulter weggeschnitten werden mußte. Den Arm hatten sie jetzt einfach an den Körper gebunden, und Ramsey war so dünn, daß Dr. Forsythe erklärte, er könnte die Verletzung fast ohne Röntgenstrahlen erkennen; die Prognose wäre günstig, vorausgesetzt, der Patient erhielte die richtige Behandlung.
Um sich im Schiff zu bewegen, brauchte man sich nicht anzustrengen. Das Abstoßen mit einem Finger allein genügte, um in die gewünschte Richtung davonzuschweben. Ab der zehnten Woche aber hielt es Herdman für besser, die Männer zu begleiten, wenn sie den Tank besuchten. Das tägliche Untertauchen im Tank war so ungefähr das einzige Vergnügen, das ihnen geblieben war. Aber sie waren inzwischen so schwach, daß Herdman fürchtete, sie könnten die Masken nicht richtig aufsetzen und ertrinken.
Wenn er ihnen aus dem Tank half, sprachen sie kaum mit ihm, ausgenommen der Arzt, und sie vermieden es auch, ihn anzublicken. Nach einiger Zeit beklagten sie sich immer häufiger über die Kälte, obgleich die Temperatur im Schiff angenehm hoch war.
Mehrmals erhöhte er sie, aber noch immer froren sie. Endlich wickelte er sie in Decken ein, und erst dann gaben sie sich zufrieden, obgleich er die Temperatur wieder herabsetzte.
Er brauchte nicht erst Forsythe zu fragen, um zu wissen, daß es mehr eine psychologische Lösung gewesen war. In Decken eingehüllt, fühlten sie sich
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